Stephen Hawking und die Faszination schwarzer Löcher
Planet Wissen . 14.01.2020. 03:40 Min.. Verfügbar bis 14.01.2025. WDR. Von Sebastian Funk, Heinz Greuling.
Astronomie
Schwarze Löcher
Schwarze Löcher sind faszinierend und unheimlich zugleich. Sie haben eine so hohe Anziehungskraft, dass sie alle Materie in ihrer Nähe verschlingen. Selbst Licht kann sich der enormen Gravitation nicht entziehen.
Von Harald Brenner und Wiebke Ziegler
Superschweres Schwarzes Loch
Eine direkte Beobachtung Schwarzer Löcher gilt als praktisch unmöglich. Sie verraten sich aber durch Sterne, die das Schwarze Loch umkreisen. Deren Bahnen und Bahngeschwindigkeiten weisen Anomalien auf, die Rückschlüsse auf das Schwarze Loch zulassen.
Dazu braucht man aber viel Geduld. Die haben Astronomen der Europäischen Südsternwarte ESO offenbar aufgebracht: 16 Jahre lang untersuchten sie ein Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, einige Geheimnisse des Monstrums im Herzen unserer Galaxie zu lüften.
Die Astronomen haben herausgefunden, dass es sich um ein superschweres Schwarzes Loch handelt, auch bekannt als "Sagittarius A*" – das uns am nächsten liegende seiner Art. Seine Masse ist vier Millionen Mal größer als die der Sonne.
Man weiß, dass sich solche Monstren in den meisten Zentren von Galaxien finden. Wie sie entstehen und welche Bedeutung sie für die Entwicklung von Galaxien haben, wird noch erforscht.
27.000 Lichtjahre entfernt
Die ESO-Astronomen haben 28 Sterne, die um das Schwarze Loch kreisen, 16 Jahre lang beobachtet und ihre Bahnen genau berechnet. Das lieferte die Grundlage zur Berechnung der Masse des Lochs und ermöglichte eine genauere Bestimmung unserer Entfernung zum Zentrum der Milchstraße: Gemessen wurden 27.000 Lichtjahre. Die Ergebnisse gelten als bisher bester empirischer Beweis dafür, dass es Schwarze Löcher tatsächlich gibt.
Das supermassive Schwarze Loch Sagittarius A *
Die Wissenschaftler sehen das Schwarze Loch als einzigartiges Weltraumlabor, mit dem sie extreme Schwerkraft genauer erforschen können. Sie erhoffen sich auch Aufschluss über die Entstehung und die Dynamik von Sternen. Solche Bedingungen gibt es zwar auch in anderen Galaxien, doch sind die zu weit weg, um genaue Beobachtungen machen zu können.
50 Nächte Beobachtungszeit
1992 begannen die ESO-Astronomen, "Sagittarius A*" mit verschiedenen Teleskopen zu beobachten. 16 Jahre später gab es Aufnahmen aus 50 Nächten. Dank ihrer geduldigen Arbeit konnten die Forscher die Position der Sterne nun mit sechsmal höherer Genauigkeit vermessen, als dies bisher möglich war.
Mit 28 Sternen war die Anzahl auch zum ersten Mal groß genug, um deren Umlaufbahnen um das Schwarze Loch auf Gemeinsamkeiten hin zu untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass die Sterne nahe dem Zentrum einem wilden Bienenschwarm gleichen, deren Bahnen keinen erkennbaren Regeln folgen.
Weiter draußen gibt es sechs Sterne, die das Schwarze Loch auf einer Scheibe umkreisen. Eine wichtige Beobachtung: Die Scheibe hatte man zwar schon früher vermutet, sie existierte bisher aber nur rechnerisch. Jetzt wurde sie experimentell bestätigt.
Einer der Sterne umkreiste das Zentrum so schnell, dass er in den beobachteten 16 Jahren einen vollen Umlauf schaffte. Das war ein entscheidender Beitrag für die Messgenauigkeit und das Verständnis dieser Region.
Es bleiben Rätsel
Ein Geheimnis bleibt vorerst, wie die Sterne in den Einflussbereich des Schwarzen Lochs geraten sind, um das sie jetzt kreisen. Von weiter weg können sie nicht gekommen sein, dafür sind sie zu jung.
Noch unwahrscheinlicher ist es jedoch, dass sie dort entstanden sind, wo sie jetzt ihre Kreise ziehen. Dagegen spricht schlicht die enorme Gravitation des Schwarzen Lochs, die eine Sternengeburt wohl verhindert hätte.
Das Paranal-Observatorium in der Atacamawüste Chiles
Um dieses Rätsel zu lösen und verschiedene theoretische Modelle zu testen, die Antwort auf diese Frage geben könnten, brauchen die Astronomen genauere Instrumente. Im April 2017 startete das bisher einzigartige Projekt "Event Horizon Telescope". Wissenschaftler schalteten mehrere Teleskope weltweit virtuell zusammen, um ein Teleskop mit der bisher höchsten Auflösung zu simulieren.
(Erstveröffentlichung 2009, letzte Aktualisierung 19.09.2019)
Quelle: SWR/WDR