Gegründet als Florentia
Zahlreiche Städtegründungen der Toskana gehen auf das Volk der Etrusker zurück. Sie kultivieren den Boden, entwässern die Sümpfe und lassen die Landschaft erblühen. Doch ab dem 4. Jahrhundert vor Christus besetzen die Römer in der Toskana eine Stadt nach der anderen. Zur Festigung ihrer Macht stampfen sie eilig zahlreiche befestigte Garnisonslager aus dem Boden.
Im Jahre 59 vor Christus gründet niemand Geringeres als der spätere römische Kaiser Julius Cäsar im sumpfigen Tal des Arno die kleine Kolonie "Florentia" ("Die blühen möge").
In der Antike macht die Siedlung ihrem klangvollen Namen allerdings noch keine Ehre. Wie fast die gesamte Toskana ist auch Florenz unter der römischen Herrschaft ziemlich bedeutungslos. Die Römer vernachlässigen die Entwicklung der Region, da sie Getreide lieber aus Ägypten oder Sizilien importieren. Die Küstengebiete versumpfen wieder, die Felder liegen brach und die Städte veröden.
Im Schatten der Anderen
Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches erleidet Florenz das gleiche Schicksal wie der Rest der Region. In der Völkerwanderungszeit wird die Toskana immer wieder Schauplatz von Überfällen und Verwüstungen durch einfallende Stämme. Florenz wird im 5. und 6. Jahrhundert von Ostgoten und Byzantinern mehrfach überfallen und geplündert.
Erst als der germanische Stamm der Langobarden 568 die Toskana erobert, beruhigt sich die Lage. Das landwirtschaftlich orientierte Volk bewirtschaftet die Felder wieder, und in die Städte kehrt neues Leben ein. In Florenz werden erste Kirchen errichtet, die Stadt wächst.
774 erobert Karl der Große Nord- und Mittelitalien und macht die Region Tuszien (Toskana) zur fränkischen Markgrafschaft. Residenzstadt der Markgrafen wird Lucca. Die Frankenstraße, die neue Hauptverkehrsader Italiens, führt jedoch nicht durch Florenz. Die Stadt ist in der Folgezeit vom ertragreichen Handel abgeschnitten.
Erst als die Markgrafen um das Jahr 1000 ihren Sitz von Lucca nach Florenz verlegen, erlebt die Stadt ihren ersten Aufschwung. Der 1059 begonnene prachtvolle Bau des Baptisteriums ist der erste architektonische Beleg für das reicher und mächtiger werdende Florenz.
Krieg der Städte
Im 12. Jahrhundert beginnt ein gnadenloser Krieg zwischen den toskanischen Städten. Sie werden hineingezogen in die Auseinandersetzungen zwischen den deutschen Kaisern, die ein vereintes Italien unter der Führung eines Kaisers anstreben, und den Päpsten, die an einer territorialen Aufsplitterung der Region interessiert sind.
Florenz steht auf der Seite der papsttreuen Markgräfin Mathilde von Tuszien, die den Städten weitgehende Autonomierechte verschafft. Zu diesem Zeitpunkt steht die Stadt am Arno aber noch im Schatten der mächtigeren kaisertreuen Städte Lucca, Pisa und Siena.
Ab dem 13. Jahrhundert wird die Macht des Adels in Florenz zunehmend gebrochen. Reiche Kaufmannsfamilien schließen sich zu Zünften zusammen, organisieren sich politisch, verabschieden 1250 eine erste bürgerliche Verfassung und übernehmen Ende des Jahrhunderts die Regierungsgewalt ohne Beteiligung des durch Stammesfehden geschwächten Adels. In keiner anderen toskanischen Stadt erreicht das Bürgertum einen so großen Einfluss wie in Florenz.
Die Stadt begründet ihren Reichtum durch die Woll- und Tuchverarbeitung, die Goldschmiedekunst und die Herstellung von hochwertigen Produkten aus Leder, Metall und Marmor.
Bereits 1252 setzt sich die Stadt über das kaiserliche Privileg der Münzprägung hinweg und gibt den "Goldflorin" heraus, der bald zur gefragtesten Währung in Europa wird. Die Florentiner Bankiershäuser erleben einen enormen Aufschwung und vervielfachen binnen kurzer Zeit ihren Reichtum.
Wachstum durch Eroberung
Um das Jahr 1300 ist Florenz die bedeutendste Stadt des Kontinents. Die Bevölkerung ist durch Zuzug vom Lande auf mehr als 100.000 Einwohner angestiegen.
Zur Sicherung der Vormachtstellung und zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung muss Florenz seinen Einflussbereich vergrößern. Die Eroberung des Umlandes scheint der einzige Ausweg. Die Feudalherren werden von ihren Kastellen auf dem Land vertrieben und gezwungen, sich in der Stadt anzusiedeln.
Zwischen 1329 und 1420 werden durch Kauf oder Eroberungen außerdem die Städte Pistoia, Prato, San Gimignano, Volterra, Arezzo, Pisa, Cortona und Livorno unter florentinische Kontrolle gebracht.
Nicht nur politisch erreicht Florenz seine Blüte. Auch kulturell erlangt die Stadt einen unglaublichen Aufschwung. Der Maler Giotto löst sich von der vorherrschenden byzantinischen Kunstrichtung und bereitet die Renaissance vor, die Schriftsteller Dante und Boccaccio schreiben ihre Werke im florentinischen Dialekt statt auf Latein und begründen damit die italienische Sprache.
In der Stadt entsteht im Wettstreit mit den großen Widersachern Lucca, Pisa und Siena eine grenzenlose Bautätigkeit. Mitte bis Ende des 13. Jahrhunderts werden die Grundsteine für den Dom, den Palazzo Vecchio und die großen Ordenskirchen Santa Maria Novella und Santa Croce gelegt.
Von der Stadtrepublik zum "Familienbesitz"
Im 14. Jahrhundert wird Florenz von einigen schwerwiegenden Krisen heimgesucht. Verlustreiche Kriege treiben die Staatsverschuldung in die Höhe, führende Bankhäuser gehen durch Wirtschaftskrisen pleite. Tausende Menschen sterben durch Hungersnöte, Naturkatastrophen und die Pest von 1348.
Diese Situation macht sich die noch junge Patrizierfamilie der Medici zunutze. Als Bankiers des Papstes zu Geld und Einfluss gekommen, übernehmen sie ab 1434 die Macht in der Stadt.
Von kleineren Unterbrechungen abgesehen, bestimmen die Medici über 300 Jahre die Geschicke der Stadt. Zunächst nur als graue Eminenzen im Stadtrat, ab 1569 dann als Großherzöge der gesamten Toskana.
Durch kluge und vorausschauende Heiratspolitik wächst ihr politischer Einfluss, sie stellen unter anderem mehrere Päpste in Rom. Nach und nach wird fast die gesamte Toskana unter ihre Herrschaft gebracht.
Auch der größte Rivale Siena muss sich 1555 endgültig dem mächtigen Florenz geschlagen geben. Noch heute zeugen in vielen toskanischen Städten die Festungen der Medici von der einstigen Macht der Familie.
Ihre Berühmtheit erlangen die Medici aber nicht nur als Kaufleute und Politiker, sondern auch als bedeutende Kunstmäzene. Von Beginn an fördern sie die Kunst und Architektur in der Stadt.
Sie lassen den oft revolutionären Künstlern vollkommen freie Hand und bereiten so den Boden für eine völlig neue Kunstepoche: die Renaissance. Berühmte Persönlichkeiten wie Michelangelo, Leonardo da Vinci oder Botticelli arbeiten und leben ungestört in Florenz.
Die Hauptstadt Italiens
Nach dem Ende der Medici-Dynastie fällt die Toskana 1737 an die österreichischen Habsburger. Herzog Franz Stephan von Lothringen, der spätere Kaiser Franz I. des Heiligen Römischen Reiches, führt tiefgreifende Reformen in der Landwirtschaft und der Infrastruktur durch.
Der Amtssitz der österreichischen Erzherzöge ist Florenz. Unter der Herrschaft der Habsburger erholt sich die Stadt und wird wieder das führende Wirtschafts- und Handelszentrum der Region.
Mitte des 19. Jahrhunderts fegt jedoch ein revolutionärer Sturm über Europa, der auch vor Italien nicht Halt macht. 1859 verliert Österreich im italienischen Unabhängigkeitskrieg Norditalien, der letzte habsburgische Erzherzog wird kurze Zeit später aus Florenz verjagt.
Die Toskana schließt sich dem Königreich Piemont unter Vittorio Emmanuele II. an. Die nationale Einigung Italiens, die L'Unità, ist vollzogen. Florenz wird für sechs Jahre (1865-1871) die Hauptstadt des noch jungen Königreiches, bis nach zähen Verhandlungen mit dem Vatikan, der sich 1871 dem Königreich anschließt, der König in Rom einziehen kann.
In der kurzen Zeit als Hauptstadt Italiens erfährt Florenz die letzten tiefgreifenden Veränderungen im Stadtbild. Der mittelalterliche Stadtkern wird abgerissen, um breiten Ringstraßen und repräsentativen Regierungsbauten Platz zu machen.
(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 29.09.2020)