Die ersten Naturschützer am Rhein
Dass die Natur nicht zum Ausbeuten da ist, erkannte man schon vor einigen Jahrhunderten. Die frühesten Überlieferungen von aktivem Naturschutz in Deutschland stammen aus der Zeit um 1820. Damals sollte der Drachenfels bei Königswinter als Steinbruch genutzt werden.
Doch dieser Plan stieß auf Protest: Viele wohlhabendere Bürger wollten die malerische Schönheit des Drachenfelsens erhalten und konnten sich mit Hilfe des preußischen Königshauses durchsetzen.
1836 kaufte die preußische Regierung einen Teil des Drachenfelsens und bewahrte ihn davor, als Steinbruch zu enden. Heute ist er das älteste Naturschutzgebiet Deutschlands.
Der frühe Naturschutz hatte also eher emotionale Beweggründe: Es ging in erster Linie darum, beeindruckende Landschaften zu erhalten, die die Menschen zu Gedichten oder Gemälden im Geiste der Romantik inspirierten.
Der Drachenfels am Rhein
Die ersten Tier- und Pflanzenschützer
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten Menschen erstmals als Schützer einzelner Tier- und Pflanzenarten in Aktion. Auch hier spielte zunächst der ästhetische Aspekt eine führende Rolle.
Die Naturschützer engagierten sich in erster Linie für attraktive oder seltene Pflanzen und Tiere. So konnten sie zum Beispiel durchsetzen, dass Schwäne, Störche und Nachtigallen nicht mehr gejagt werden durften.
Zu den Pionieren des Vogelschutzes gehört die Ehefrau eines einflussreichen Filzfabrikanten, Lina Haehnle (1851-1941). Sie gründete 1899 den "Bund für Vogelschutz", die Keimzelle des heutigen Naturschutzbundes, und führte ihn 38 Jahre lang.
Schon vor ihrer Naturschutzarbeit engagierte sich Lina Haehnle vor allem im sozialen Bereich und richtete unter anderem eine Krippe für Arbeiterkinder ein.
Naturschutz und Nationalsozialismus
Der Naturschutz des frühen 20. Jahrhunderts hatte rein konservative Ziele. Im Zuge der Ausweitung der Industrie ging es zunehmend darum, Natur zu erhalten, die als "typisch deutsch" angesehen wurde.
1919 wurde der Naturschutz erstmals als Ziel in die Verfassung der Weimarer Republik aufgenommen. Einzug in die Gesetzgebung fand er erst während des Nationalsozialismus. 1935 wurde das Reichsnaturschutzgesetz verabschiedet, das jedoch kaum einer beachtete, wie zahllose Baumaßnahmen – zum Beispiel der Autobahnbau – der damaligen Zeit beweisen.
Eine negative Folge war außerdem, dass der Naturschutz durch dieses Gesetz für lange Zeit einen "braunen Makel" bekam. Erst 1976 wurde das alte Reichsnaturschutzgesetz in der BRD durch eine neue Gesetzgebung ersetzt.
Autobahnen führen mitten durch die Natur
Naturschutz zum Selbsterhalt
Es dauerte lange, bis sich nach dem Zweiten Weltkrieg ein breites Bewusstsein für den Naturschutz entwickelte. Während des Wiederaufbaus in den 1950er- und 60er-Jahren war der Umgang mit der Natur rücksichtslos. Sichtbare Folgen waren verseuchte Flüsse und verschmutzte Luft in Industriegebieten.
Während Naturschutz bis dahin überwiegend ästhetische und konservative Gründe hatte, ging es nun sogar um die eigene Existenz.
Zum ersten Mal wurde 1969 unter der Regierung von Bundeskanzler Willy Brandt die Position eines Naturschutzbeauftragten eingerichtet. Die Aufgabe übernahm der bekannte Zoodirektor und Tierfilmer Bernhard Grzimek. Nach drei Jahren legte er jedoch den Posten nieder, weil er für seine Arbeit kaum Mittel und Unterstützung fand.
Ein Leben für den Naturschutz: Prof. Bernhard Grzimek
Natur- und Umweltschutz
Erst in den 1970er-Jahren entwickelte sich ein breites gesellschaftliches Interesse am Naturschutz. Giftmüll-Skandale und sterbende Wälder betrafen schließlich jeden. Umweltschutz wurde zu einem wichtigen Thema. 1970 wurde der erste Nationalpark in Deutschland eingeweiht.
Naturschutz und Umweltschutz sind zwar eng miteinander verbunden, jedoch nicht identisch. Naturschutz zielt auf den Erhalt von Pflanzen- und Tierwelt. Umweltschutz befasst sich mit der Reduzierung der Belastungen unserer Industriegesellschaft für die Umwelt.
Ein erster Höhepunkt des neuen Natur- und Umweltbewusstseins fand seinen Ausdruck in der Gründung der Partei "Die Grünen" im Jahr 1980. Sechs Jahre später, fünf Wochen nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl, trat mit Walter Wallmann (CDU) erstmals ein Bundesumweltminister sein Amt an.
In der DDR gab es schon 1954 ein neues Naturschutzgesetz. Auch dort waren Naturschützer aktiv. Ihre Arbeit jedoch wurde vielfach zunichte gemacht, weil Umweltschutz in der DDR faktisch nicht stattfand. Industrieregionen wie Bitterfeld sind ein mehr als deutliches Beispiel dafür.
Naturschutz heute
Fast in jedem Ort findet man heute engagierte Naturschutzgruppen. Sie beseitigen Müll aus Wäldern oder stoppen manchmal ganze Bauvorhaben. Fast laufend werden zum Schutz von Umwelt und Natur neue Gesetzgebungen erlassen. Und die Ideen und Aktionen im Naturschutz sind vielfältig wie nie zuvor.
Es gibt zahlreiche Maßnahmen zum Schutz einzelner bedrohter Tiere und Pflanzen. Es wird sogar versucht, ausgestorbene Arten durch Rückzüchtungen zurückzugewinnen. Und es gibt neue Bewegungen, bei denen sich der Mensch bewusst aus ganzen Landschaften zurückzieht und die Natur ungestört sich selbst überlässt, zum Beispiel in den Nationalparks im Harz oder im Bayerischen Wald.
Dass der Naturschutz aber trotz allem noch lange nicht ausreicht, belegen Zahlen des WWF. Demnach sterben jährlich Zehntausende Lebensformen auf unserem Planeten aus.
Demonstration gegen den Klimawandel
(Erstveröffentlichung: 2003. Letzte Aktualisierung: 30.09.2019)
Quelle: WDR