Lohnkutscherfahrt 1836 zwischen Leipzig und Dresden. Farbdruck nach einem Gemälde von Gustav Müller

Kommunikation

Post und Briefmarken

Jahrhundertelang war das Austauschen von Briefen und Nachrichten gefährlich und schwierig. Boten waren oft teuer, wochenlang unterwegs und nicht immer vertrauenswürdig. Dann baute die Familie der Thurn und Taxis ein revolutionäres Botennetz auf.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Nachrichtenwesen schon in der Antike

Die Idee, dass Menschen miteinander Botschaften austauschen, gibt es seit den Ursprüngen der Menschheit. Urformen des postalischen Austauschs gehen eng einher mit der Erfindung der Schrift vor rund 5000 Jahren. Die Herrscherhäuser der antiken Hochkulturen, die Babylonier oder Ägypter, später die Griechen und Römer beginnen mit dem systematischen Austausch von Botschaften.

Zunächst werden diese von Boten mündlich übermittelt. Die bahnbrechende Erfindung des Briefes nimmt Form an, der Austausch von schriftlichen Nachrichten über zeitliche und räumliche Grenzen hinweg beginnt.

Rom und der "Cursus Publicus"

Im römischen Reich bildete sich schließlich ein erstes, geregeltes Postwesen heraus. Zu Fuß und zu Pferd begann ein ausgeklügeltes Beförderungsystem mit dem Austausch von Nachrichten, Waren und Personen. Der so genannte "cursus publicus" – das römische Straßenverkehrwesen – organisierte den Postverkehr auf dem 300.000 Kilometer langen römischen Straßennetz.

"Posita statio" hießen die römischen Post-Stationen, zu deutsch: "Verweilstellen" oder "Etappenstationen". Sie lagen im Abstand von jeweils etwa einer Tagesreise, wo Kuriere und Postwagen die Pferde wechseln konnten. Daneben gab es die jeweils in größeren Orten und Städten gelegene Poststationen ("mansio posita"), die Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeiten boten.

Aus diesen lateinischen Bezeichnungen leitet sich auch unser heutiges Wort "Post" ab.

Das römische Post-System beruhte auf der einfachen, aber klugen Erkenntnis, die Beförderungsleistung ähnlich wie bei einer Eimerkette aufzuteilen. Ein Bote, ob nun zu Fuß unterwegs oder beritten, musste nach einer bestimmten Etappe eine Pause einlegen, genau wie sein Reittier.

Doch die Pausen verzögerten die Zustellung der kaiserlichen Botschaften erheblich. Daher erfanden die Römer so genannte Relais-Stationen, also Posten auf einer Strecke, so dass ein Brief nun ohne Unterbrechungen unterwegs sein konnte. Der jeweilige Kurier an einer Poststation gab ihn einfach an einen bereits bereitstehenden Boten weiter. Der ankommende Bote konnte sich nun ausruhen, die Botschaft aber wurde ohne Unterbrechungen weiter transportiert.

Wie viele andere infrastrukturelle Erfindungen der Römer – etwa Straßen, Aquädukte, Kanalisationen, Häfen und Befestigungsanlagen – ging auch das Postwesen mit dem Niedergang der römischen Kultur unter.

Mönche und Ritter

Im 6. bis 8. Jahrhundert tauchte Europa ins Chaos. Es war die Zeit der Völkerwanderung, als germanische Völker fremde Länder eroberten und das Zeitalter der antiken Hochkulturen ablösten. Die Menschen lebten in primitivsten Verhältnissen, kulturelle und wissenschaftliche Errungenschaften der Römer und Griechen gingen verloren. Viele Schriften verloren ihre Bedeutung, da die wenigsten Menschen noch lesen konnten.

In dieser unruhigen Zeit erwiesen sich in erster Linie die Klöster als Bewahrer von Kunst und Wissenschaft. Klöster waren damals kleine Inseln der Zivilisation und wirtschaftlich oft sehr erfolgreich. Durch das benediktinische Gebot der Arbeit mehrten die Klöster ihr Wissen und setzen es gleichzeitig für ihren Erhalt ein.

Das führte dazu, dass Klöster oft zu großer Macht und großem Reichtum gelangten und weltliche Herrscher das Wissen der gebildeten Nonnen und Mönche zum Aufbau von Staatswesen und Verwaltungen nutzten. Durch die kirchliche Vernetzung entstand ein neues Informationsnetz, das den Austausch von Briefen und Botschaften besonders durch wandernde Mönche förderte.

Auch manche Ritterorden entwickelten ein Beförderungssystem. Insbesondere der Deutsche Ritterorden baute im 13. Jahrhundert einen ausgeklügelten Kurierdienst auf, der zu einem einträglichen Geschäft wurde.

Botendienste und Städteposten

Die Botensysteme des Mittelalters waren aber kein grenzübergreifendes Postwesen. Vor allem Privatleute konnten sich nur in seltenen Fällen die teuren, nicht immer zuverlässigen Boten- oder Kurierdienste leisten. Postalische Dienste waren in erster Linie ein Privileg der reichen Oberschicht. Besonders die Herrscherhäuser leisteten sich gerne kostspielige Kuriere.

Neben den Herrschenden bildeten auch die freien Reichsstädte eigene Postwesen heraus, die neben dem Güter- und Warenverkehr mit benachbarten Städten auch den Informationsaustausch regelten. Das erstarkende Bürgertum brachte die nötigen finanziellen Ressourcen und geschäftlichen Interessen mit, um langfristig ein sich funktionierendes Postwesen zu fördern.

Solche eigenständige Städteposten waren jedoch meist auf eine sehr regionale Anbindung beschränkt. Eine eigene Erscheinung waren die erstarkenden Kaufmannsgilden und Handwerkszünfte, die aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen den Informationsverkehr über die Stadtgrenzen hinaus entwickelten.

Die Metzgerspost

Die Zünfte beauftragen gerne ihre fahrenden Gesellen mit der Beförderung von Dokumenten und Nachrichten, was sich bald als florierender Nebenverdienst erwies. Dort, wo die Zünfte ansässig waren, wurden die Reisewege rechtzeitig bekannt gegeben und gegen eine entsprechende Gebühr Briefe entgegengenommen.

Besonders im süddeutschen Raum bildeten die Metzger ein ausgeklügeltes Postsystem heraus, die so genannte Metzgerspost. Die Metzger waren berufsbedingt viel unterwegs, sie besaßen Wagen und Pferde, da sie zum Viehkauf übers Land zogen. Ihnen gab man daher besonders gerne Post mit.

Durch die Viehschlachtungen hatten die Metzger Zugriff auf die Hörner der Tiere, aus denen sie brauchbare Blasinstrumente schnitzten. Wenn der fahrende Metzger dann in einem Dorf eintraf, blies er das Horn und signalisierte so seine Ankunft. Bald ging die Bedeutung des Signalrufs "Der Metzger ist da" immer mehr in die Bedeutung "Die Post ist da!" über – eines der zentralen Markenzeichen der modernen Post war entstanden: das Posthorn.

Und die Postbeförderer sollten das Posthorn bald zu einem vielfältigen und geachteten Signalhorn ausbauen: Es wurde zu einem Kommunikationsmittel, mit dem der Bote schon aus der Ferne signalisieren konnte, ob er zum Beispiel die Pferde wechseln musste oder einfach ungestört durchreiten wollte.

Foto eines Posthorns

Ein geachtetes Signalhorn

Thurn und Taxis und die Reichspost

Im Jahre 1451 beauftrage der damalige deutsche Kaiser Friedrich III. den jungen italienischen Adligen Roger della Torre e Tassis damit, eine schnelle und sichere Nachrichtenübermittlung aufzubauen. Er wollte Nachrichten zwischen dem kaiserlichen Hof in Innsbruck und seinen damals in Italien im Felde stehenden Militärkommandanten hin und her schicken können. Der junge de Tassis versah seine Aufgabe mit Erfolg und bald schon wurde er zum Innsbrucker Oberpostmeister ernannt.

In der nächsten Generation verfestigte sich das Zusammenspiel zwischen dem kaiserlichen Hof und der italienischen Familie Thurn und Taxis (aus dem Italienischen Torre = Turm und Tassis = Dachs). Kaiser Maximilian I. beauftragte Franz von Taxis und dessen Neffen Johann Baptista, ein systematisches Reichspostnetz einzurichten und zu unterhalten.

Durch seine geschickte Heiratspolitik legte Kaiser Maximilian den Grundstein für die Entfaltung einer der mächtigsten Herrscherfamilien der Welt: die Habsburger. Seine Ehe mit Maria von Burgund – der reichsten Erbin ihrer Zeit – brachten ihm die burgundischen Lande ein, die damals von Frankreich bis an die Nordsee ins heutige Holland reichten. Später sollte Maximiliam in zweiter Ehe nach Italien einheiraten und territorial auch dort Fuß fassen.

1490 gehörten dem Habsbruger Maximiliam I. Österreich und Burgund, außerdem war er Kaiser des deutschen Reiches. Von seiner Residenzstadt in Innsbruck aus war das im Nordwesten abgelegene Burgund aber gar nicht einfach zu verwalten, daher drängte der Kaiser bald auf eine systematisch organisierte Nachrichtenvermittlung.

Die Familie der Thurn und Taxis machte sich an die Arbeit und schon bald nahm die erste feste Postroute der Geschichte ihre Arbeit auf: ein ununterbrochener Postkurs zwischen dem österreichischen Innsbruck und dem niederländischen Mechelen.

Postalische Vernetzung

Die Postverbindung zwischen den Niederlanden und dem Hofe Maximilians wurde ständig erweitert, die jeweiligen Residenzen des französischen Königs und des spanischen Hofs bald schon einbezogen.

Briefe von Brüssel – dem Sitz der Thurn und Taxis’schen Post – nach Innsbruck sollten im Sommer in fünf Tagen, im Winter in sechs Tagen befördert werden. Für die Strecken von Brüssel nach Paris waren 44 Stunden vorgesehen, nach Lyon 4 Tage, nach Granada 15 Tage und nach Toledo 12 Tage.

Das neue Postwesen revolutionierte die innereuropäische Kommunikation. Plötzlich erschienen Raum und Zeit nicht länger als unüberwindbare Hindernisse. Die Thurn und Taxis garantierten die sichere und extrem schnelle Beförderung der kaiserlichen Post und die Wahrung des Briefgeheimnisses.

Kern dieses neuen Reichspostwesens war die Wiederbelebung der römischen Relaisstationen. Die Thurn und Taxis überzogen das Europa des 15. Jahrhunderts mit einem Netz aus Poststellen und -stationen, die die kaiserliche Postbeförderung nicht länger an einzelne Kuriere band, sondern auf zahlreichen miteinander vernetzten Postreitern schulterte. Für das Jahr 1490 notierte die berühmte Memminger Chronik:

"In diesem Jahr fingen die Posten an bestellt zu werden auf Befelch Maximilians I. des Römischen Königs, von Österreich bis in Niederland, in Frankreich und bis nacher Rom.
Es lag allweg 5 Meil Wegs ein Post von der anderen, einer war zu Kempten, einer zu Bless [Pleß, nördlich von Memmingen], einer an der Bruck zu Elchingen [donauabwärts bei Ulm] und also fortan immerdar 5 Meil Wegs voneinander und must alweg ein Post des anderen warten, und sobald der ander zu ihm ritt, so blies er ein Hörnlein, das hört ein Bott, der in der Herberg lag und mußt gleich auf sein.
Einer mußte all Stund ein Meil, das ist 2 Stund weit reiten, oder es ist ihm am Lohn abgezogen, und mußten sie reiten Tag und Nacht. Also kam oft in 5 Tagen ein Brieff von hier bis nacher Rom."

'Postillon', eine Radierung von Johann Adam Klein.

Eine harte Arbeit

Private Depeschen

Während die Thurn und Taxis fortan ihrer Arbeit als Reichspostmeister nachgingen, war es um die Zahlungsmoral der kaiserlichen Habsburger nicht immer zum Besten bestellt. Schon bald mussten die Postmeister neue Einnahmequellen für das kostspielige Zustellungssystem erschließen.

Beförderte die Thurn und Taxis’sche Post zunächst nur amtlich-kaiserliche Korrespondenz, öffnete sie 1506 ihre Pforten für die Zustellung privater Korrespondenz. Das teure Poststationennetz wurde nun zu einer wahren Goldgrube. Das Geschlecht derer von Thurn und Taxis kam zu Ruhm und Reichtum.

Monopole und Freigeister

Doch das einträgliche Postwesen rief bald Konkurrenten auf den Plan. Denn das Deutsche Reich war bis in die Moderne hinein zersplittert in unzählige Fürsten- und Herzogtümer. Reichsstände, Städte und Kaufmannschaften wollten am einträglichen Postgeschäft mitverdienen und gründeten ihre eigenen, reichsunabhängigen Landesposten, die in Konkurrenz zur Reichspost der Thurn und Taxis traten.

Kaiser Rudolf II. erklärte dagegen die Reichspost im Jahre 1597 zum kaiserlichen Privileg, dem so genannten Regal. Damit erlangte die Thurn und Taxis’sche Post eine verbriefte Monopolstellung. Doch viele Fürsten erkannten diese nicht an.

Das damalige deutsche Postwesen ließ sich durch eben jene Vielzahl an deutschen Ländern, die ein Brief oder ein Passagier auf seinem Weg durchquerte, kaum einheitlich steuern. In jedem Land – ob Baden, Preußen oder Sachsen – mussten unterschiedliche Entgelte oder Fahrtkosten entrichtet werden. Das System war unübersichtlich und wenig flexibel.

Obwohl der kaiserliche Erlass jeglichen Betrieb von Neben- oder Metzgersposten ausdrücklich untersagte, wurde etwa 1622 im Herzogtum Württemberg eine "Post- und Metzgerordnung" erlassen und unter landeshoheitlichen Schutz gestellt. Den Widerspruch zur kaiserlichen Verordnung tat der Herzog von Württemberg mit den Worten ab: "Wie es von altersher gehalten wurde, so bleibt es."

Erst mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 unter Bismarck wurde auch das deutsche Postwesen endgültig unter einem Dach zusammengefasst und war danach mehr als 100 Jahre lang in Staatsbesitz.

Postwagen mit Pferdegespann bringt Weihnachtspakete. Farblithographie vor 1910

Die Post als Weihnachtsmann

Quelle: SWR | Stand: 24.01.2020, 11:50 Uhr

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