Was steckt in der Wurst?

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Wurst

Von der Blutwurst bis zur Weißwurst, von den Frankfurtern bis zur Salami – es gibt mehr als 1500 Wurstsorten. Aber wer kennt eigentlich die Geschichte der Wurst? Wie alt ist sie überhaupt? Und wer kam zuerst auf die Idee, einen Schweinedarm mit Fleisch zu befüllen?

Von Kathrin Schamoni und Wiebke Ziegler

Von Wurstkämpfen und kuriosen Delikatessen

Man vermische zerkleinertes Fleisch, Speck, Salz und verschiedene Gewürze, manchmal auch Innereien, Blut und Schwarten, und fülle die Masse in natürliche Därme oder künstliche Hüllen. Nun muss das Ganze räuchern, erhitzen, trocknen oder reifen und fertig ist die Wurst.

Wer sie erfunden hat, bleibt im Dunkeln. Aber Überlieferungen machen deutlich, dass die Wurst schon im 8. Jahrhundert vor Christus erwähnt wurde: bei Homer. In seiner "Odyssee" berichtet der Dichter von "Wurstkämpfen", die die Griechen ausgetragen haben. Der Tapferste bekam die besten Würste als Belohnung.

Die Römer hatten den Ruf, wahre Wurstliebhaber zu sein. Sie aßen nicht nur kleine Würste als Vorspeise, sondern auch ganze gebratene Schweine, die mit Würsten gefüllt waren. Hirnwurst mochten sie besonders gerne. Die Zutaten hierfür: Hirn, Ei, Wolfsmilch und spezielle Gewürze. Für die Römer eine Delikatesse, uns dreht sich heute der Magen um.

Fest steht: Die Wurst ist eines der ältesten Nahrungsmittel. Bereits 5000 vor Christus war sie auf Zeichnungen und Malereien abgebildet, die aus Ägypten, Syrien und China stammten. Im Wortursprung bedeutet Wurst so viel wie "etwas drehen, vermengen, rollen und wenden".

Verfeinerte Herstellung und berühmte Feinschmecker

In Deutschland war und ist die Wurst besonders populär. Erwähnt wird sie erstmals im 11. oder 12. Jahrhundert, da kannte man schon die "lebarwurst" und "pratwurst". Im Mittelalter tauchten die ersten Metzger auf, die für Gastwirte arbeiteten. Damit wurden auch die Herstellungsverfahren immer mehr verfeinert.

Wie schon in der Antike die Griechen um die Wurst kämpften, so richteten auch die Metzger im Mittelalter Wurstkämpfe aus: Sie wetteiferten darum, wer die schwerste oder längste Bratwurst herstellen konnte, und führten diese bei Festen den Menschen vor.

Würste waren damals für die Menschen viel wert: In Wurstkammern lagerten die Schätze, die vor Langfingern besonders geschützt werden mussten. Die Beliebtheit der Würste brachte auch Verordnungen mit sich. Ratsherren legten fest, wie die Würste herzustellen seien und bestimmten, welches Fleisch in den Darm durfte.

Die Wurst war aber nicht nur eine Gaumenfreude für den "kleinen Mann". Es gab berühmte Wurstliebhaber wie Friedrich der Große, Johann Wolfgang von Goethe oder Martin Luther. Über letzteren kursiert eine unrühmliche Legende: Luther ließ sich in einer Gaststätte bei Erfurt seine Bratwurst schmecken. Dann verließ er die Schenke, jedoch ohne zu bezahlen.

Ob es aus Eile oder Versehen geschah, lässt die Geschichte offen. An der Tür des Wirtshauses wurde daraufhin mit Kreide vermerkt, dass Luther seine Bratwurst schuldig geblieben sei. Daher kommt, so sagt die Legende, unsere heutige Redensart "jemandem etwas ankreiden".

Brühwürste, Kochwürste, Rohwürste

Schon Luther war ein Bratwurstfreund und auch heute noch gilt sie als berühmteste unter den Wurstsorten. Generell werden Würste nach ihrem Herstellungsverfahren eingeteilt: Es gibt Brühwürste, Kochwürste und Rohwürste.

Die Brühwürste sind mit knapp 800 Sorten die am meisten verbreiteten. Dazu zählen die Fleischwurst, Weißwurst oder Knackwurst. Die Brühwürste werden - ihrem Namen getreu – gebrüht. Ihre Rohmasse, das sogenannte Brät, ist sehr fein, zumeist aus Schweine-, Rind- oder Kalbfleisch.

Kochwürste haben rund 350 verschiedene Sorten. Sie werden aus vorgekochtem Fleisch und, je nach Art, aus Innereien, Blut oder Schwarten hergestellt. Zu der Gruppe gehören die Blut- und Leberwürste.

Rohwürste, von denen es über 500 Sorten gibt, bestehen aus rohem Rind-, Schweine- oder Lammfleisch. Durch langes Trocknen oder Räuchern werden sie konserviert. Rohwürste haben die längste Haltbarkeit. Dazu zählen zum Beispiel die Mett- und Teewurst sowie die Salami.

Der Siegeszug der Bratwurst

Die Bratwurst ist eine ganz spezielle unter den Wurstsorten. In ihrer Herstellung ähnelt sie den Brühwürsten. Sie wird zumeist aus frischem, rohem Schweinefleisch gemacht – und auf dem Grill oder in der Pfanne gebraten. Wer auf diese Idee kam? Darüber streiten sich seit Urzeiten die Thüringer und die Franken.

Die Thüringer haben die älteste urkundliche Erwähnung: eine Bratwurstrechnung aus dem Jahre 1404. Der Autor und gelernte Forstwirt Heinrich Höllerl kommt zu dem Schluss: "Die Bratwurst ist eine Fränkin" – so der Titel seines 2004 erschienenen Buches, in dem er der Geschichte der Bratwurst nachgegangen ist.

Demnach liegt der Ursprung bei den Kelten, die die Bratwurst entdeckten. Von dort nahm sie ihren Weg über Rom in die heimischen Gefilde. Die Franken sollen es gewesen sein, die die Bratwurst kultiviert haben.

Bratwürste liegen auf dem Grill. Rauch steigt auf.

Von den Kelten entdeckt: die Bratwurst

Ihren Siegeszug trat sie allerdings erst Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Industrialisierung an. Endlich gab es Großmaschinen zur Verarbeitung; außerdem konnten die Würste durch die Konservierung in Dosen weltweit verschickt werden.

Jede Region hat ihre Bratwürste: Coburger, Fränkische, Hessische, Norddeutsche, Nürnberger, Schlesische, Thüringer und, und, und… Knapp 50 verschiedene Sorten gibt es allein in Deutschland. Worin sie sich unterscheiden: zum Beispiel in der Größe. Eine Coburger misst bis zu 32 Zentimeter, eine Nürnberger nur acht bis neun.

Und natürlich in der Gewürzmischung: Meist gehören Majoran, Salz und Pfeffer dazu, die Thüringer enthält außerdem Kümmel. Es gibt die feinen Bratwürste, bei denen die Masse im sogenannten Kutter zerkleinert wird. Bei den groben Bratwürsten wird die Füllung dagegen nur durch den Fleischwolf gedreht. Die Schlesische Bratwurst ist eine feine – grob sind beispielsweise die Thüringer, die Hessische oder die Fränkische.

Die WHO stuft Wurst als krebserregend ein

Mitte 2015 sorgte eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Aufsehen. In einer Metastudie auf der Basis von über 800 Einzelstudien fanden die Forscher der International Agency for Research on Cancer Hinweise darauf, dass der Verzehr von verarbeitetem Fleisch das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, signifikant erhöht.

Ebenso scheint es eine Verbindung zwischen Wurstkonsum und Bauchspeicheldrüsen- und Prostatakrebs zu geben.

Verarbeitet ist Fleisch dann, wenn es durch Salzen, Pökeln, Räuchern oder Fermentieren haltbar gemacht wurde. In diese Kategorie fallen Schinken, Wurst, Corned Beef, Dosenfleisch und Trockenfleisch.

Nach Angaben der Experten erhöht eine tägliche Portion verarbeitetes Fleisch von 50 Gramm das Krebsrisiko um 18 Prozent.

Was bedeutet das genau? Das Risiko, im Laufe des Lebens an Darmkrebs zu erkranken, liegt nach Angaben des Robert Koch Instituts zwischen 5,6 Prozent für Frauen und 7,1 Prozent für Männer.

Dieses Risiko erhöht sich bei täglichem Wurstkonsum von 50 Gramm nun für Frauen auf 6,6 Prozent, für Männer entsprechend auf 8,4 Prozent. Dieser Unterschied ist zwar signifikant, jedoch bleibt das Risiko verhältnismäßig gering.

Außerdem gilt: Je mehr verarbeitetes Fleisch pro Tag verzehrt wird, desto höher ist das Risiko.

Gesundheitsschädlich ist offenbar nicht das Fleisch selbst, sondern die Stoffe, die bei der Verarbeitung entstehen. Darunter fallen zum Beispiel polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die vor allem in geräucherten Fleischwaren vorkommen, und heterozyklische aromatische Amine, die entstehen können, wenn man das Fleisch stark erhitzt.

(Erstveröffentlichung: 2006. Letzte Aktualisierung: 22.07.2019)

Quelle: WDR

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