Fackeln und Schwert gegen Dämonen
Knapp 3000 Jahre alt soll die Akupunktur sein. In der Ära der Shang-Dynastie wurden erstmals Behandlungsmethoden der chinesischen Medizin aufgezeichnet. Die Daten reichen bis etwa 1000 vor Christus zurück.
Beschrieben wurde ein ganzheitliches Konzept, in dem Gesundheit nichts anderes ist als ein Zustand der Harmonie des Menschen mit sich selbst, seiner sozialen Umwelt und der Natur. Die Entwicklung der Akupunktur hat eine lange Tradition hinter sich.
Teilweise wurden auch Dämonen als Ursache von Krankheiten ausgemacht – sie sollten mit "Fackeln und Schwert" vertrieben werden. Daraus entwickelte sich das Verfahren der Moxibustion, das Erwärmen der Nadeln mithilfe von glimmenden Kräutern in Kombination mit der Akupunktur.
Das Moxa-Kraut erwärmt dabei die Akupunkturnadeln. Diese sollten das "Dämonenherz" treffen. Etwa im 2. Jahrhundert vor Christus wurde die Sichtweise rationaler, die Chinesen lösten sich von Schamanenkulten und Dämonenglauben.
Moxibustion – hier ohne Nadeln
Grundlegende Schriften
Damals entstand auch das grundlegende historische Werk zur Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM): "Huang Di Nei Jing", das "Lehrbuch des Gelben Kaisers". In Dialogform zwischen dem Kaiser und seinem Leibarzt Chi Po beschreibt es die klassischen therapeutischen und diagnostischen Prinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Es finden sich erste genaue Anweisungen zu Akupunktur, Moxibustion, Schröpfkopfbehandlung sowie zur Zungen-, Puls- und allgemeinen klinischen Diagnostik.
Zudem wurden erstmals wichtige theoretische Modelle und Paradigmen dargestellt: Die Lebensenergie Qi, Yin und Yang, die fünf Elemente und die Meridiantheorien. Man war nun in der Lage, die beobachteten Wirkungen der chinesischen Medizin im Rahmen eigener Theorien zu interpretieren, zu erklären und voraussagbar zu machen.
Akupunktur im Abseits und Wiedergeburt
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlitt die Weiterentwicklung der TCM einen Dämpfer. China öffnete sich dem Westen und Missionare führten westliche Behandlungsmethoden in China ein. Sie wurden immer beliebter und 1929 wurde die TCM sogar verboten.
Unter Mao Zedong fand man in den 1960er-Jahren zu den traditionellen Wurzeln zurück. Er förderte die Weiterentwicklung der "Volksmedizin", auch der Akupunktur, nicht zuletzt vermutlich auch aus wirtschaftlichen Gründen.
Mao förderte die Akupunktur
Aufsehen erregten im Westen spektakuläre Erfolge in der Akupunktur-Anästhesie und der Schmerzbekämpfung. Bilder von Lungen- und Kaiserschnittoperationen unter Akupunktur-Anästhesie gingen um die Welt.
Interessanterweise war es der damalige US-Präsident Richard Nixon, der in den 1970er Jahren tief beeindruckt von einem China-Besuch in die Staaten zurückkehrte und der Akupunktur im Westen einen großen Schub verlieh.
Noch heute tut sich die Wissenschaft schwer, die genauen Wirkungsweisen der Akupunktur zu erklären. Großangelegte Studien, unter anderem von der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur, belegen eine positive Wirkung der Akupunktur bei Rückenschmerzen, Nacken- und Schulterschmerzen, chronischen Schmerzen und bei Arthrose.
Zudem untersuchten Mediziner den Einfluss der Akupunktur auf den Anästhesieverlauf und die Schmerzen nach einer Operation – ebenfalls mit positivem Ergebnis für die Nadelbehandlung.
Die Akupunktur findet inzwischen immer mehr Interessenten in Wissenschaft und Forschung. An vielen medizinischen Fakultäten wird bereits intensive Akupunkturforschung betrieben.
Quelle: SWR/WDR | Stand: 25.05.2020, 14:27 Uhr