Porträt von Clint Eastwood mit Dreitagebart und Cowboyhut

Western

Clint Eastwood

Mal cooler Superheld, mal gebrochener Cowboy: Hollywood-Star Clint Eastwood hat viele verschiedene Westernfiguren verkörpert. Sie illustrieren auch die Entwicklung der Genrefigur Westernheld. Auch als Regisseur versucht er den Western am Leben zu erhalten.

Von Natalie Muntermann

Vom Bademeister zum "Fremden ohne Name"

Clint Eastwood ist schon zu Lebzeiten eine Legende. Der 1930 in Kalifornien geborene Clinton Eastwood Junior beginnt seine Karriere im Hollywood-Filmgeschäft 1955 – zuerst als Schauspieler, ab 1969 auch als Regisseur und Produzent. Für seine Leistungen bekommt er in den folgenden 60 Jahren zahlreiche Auszeichnungen, darunter mehrere Oscars.

Als Serienheld in der populären amerikanischen TV-Western-Serie "Tausend Meilen Staub" ("Rawhide") kannten ihn viele Fernsehzuschauer, bevor er auch auf der Kinoleinwand Karriere machte. Eastwood spielte in den 1950er-Jahren, als er seinen ersten Vertrag in Hollywood unterschrieb, eher in B-Movies mit, die er später "lausige Rollen in zweitklassigen Filmen" nannte.

Dann bot ihm der italienische Regisseur Sergio Leone eine Hauptrolle in einem Italowestern an – es wurde der Beginn einer neuen, steilen Karriere. Eastwood siedelte nach Italien über und mimte 1964 einen schweigsamen Revolverheld: den Fremden ohne Namen.

In dem stilisierten, lakonischen, spartanischen Film "Für eine Handvoll Dollar", dem ersten Film der sogenannten Dollar-Trilogie, verkörperte Eastwood ein ganz bestimmtes Bild cooler Männlichkeit: das des wortkargen Einzelgängers, der mit Zigarillo im Mundwinkel spricht.

Der Mythos Clint Eastwood vom coolen, harten Westernhelden geht auf diese von Sergio Leone erschaffene Rolle zurück. Die beiden darauf folgenden "Dollar"-Filme von Sergio Leone "Für ein paar Dollar mehr" (1965) und "Zwei glorreiche Halunken" (1966) machten Eastwood zu einem internationalen Star.

Clint Eastwood mit Zigarette und Gewehr

Zigaretten rauchender Haudegen in "Für eine Handvoll Dollar"

Zwischen Mainstream und Treue zum Western

Eastwood kehrte in die USA zurück, drehte einige populäre Filme und untermauerte im Jahr 1971 im Film "Dirty Harry" sein Image als harter Typ. Die 1980er-Jahre waren seine Zeit des Mainstream-Kinos. Er spielte in unterschiedlichen Genres, wurde zum Hollywood-Star und versuchte sich Ende des Jahrzehnts auch als Politiker in seinem Heimatort Carmel in Kalifornien.

"Es gibt einige Filme, die ich heute nicht mehr so machen würde. Ich bin einfach älter und reifer geworden. Und etwas klüger", sagte er selbst später.

Der Western ließ ihn aber nie los. Auch unter seinen Regiearbeiten sind immer wieder Western: "Ein Fremder ohne Namen" (1972), "Der Texaner" (1976), "Pale Rider – Der namenlose Reiter" (1984). Sie alle halten der Figur des Fremden, Eastwoods kommerzielles Markenzeichen, die Treue.

Aber bei genauem Hinsehen bemerkt man, dass der alternde Clint Eastwood seinen Helden langsam verändert. Sein Josey Wales in "Der Texaner" ist nicht mehr ganz so simpel angelegt wie die früheren Figuren. Es ist nicht mehr ausschließlich die Rache, die ihn bewegt, sondern er setzt sich für Frauen, Kinder und Schwache ein. Im Gegensatz zu dem aus dem Nichts kommenden Fremden besitzt er einen Hauch von identifizierbarer Vergangenheit.

Clint Eastwood blickt durch eine Filmkamera

Auch als Regisseur feierte Clint Eastwood Erfolge

Der Mythos vom Westernhelden wird abgebaut

In "Erbarmungslos" ("Unforgiven"), seinem Western aus dem Jahr 1992, verlässt Eastwood das Schema des Fremden ohne Namen fast ganz. Das einzige, was seinen Schweinefarmer Bill Munny noch mit den Helden von einst verbindet, sind seine lakonische Gelassenheit und die Versuchung des Geldes, der er erliegt.

In "Erbarmungslos" spielt Eastwood einen Profikiller, der ein neues Leben als Farmer begonnen hat. Gezeichnet von körperlichen und seelischen Narben, wird er von seiner gewalttätigen Vergangenheit eingeholt. Der Abend seines persönlichen "jüngsten Gerichts" naht, nachdem sein Freund vom Sheriff (Gene Hackman) zu Tode gefoltert wurde.

Töten hat hier im Gegensatz zu frühen Western nichts Rühmliches mehr. Der Gesetzeshüter benimmt sich genauso wie der Gesetzlose. Beide haben sie Menschen heimtückisch erschossen.

Früher war Eastwood nicht zimperlich, was Gewalt auf der Leinwand betraf. Später zeigte er Interesse für die Auswirkungen auf Opfer und Täter: "Man macht sich in der heutigen Gesellschaft große Sorgen um Gewalt, dem Spiel mit Waffen. Dieser Film, obwohl er 1880 spielt, spricht das Jetzt an, um zu sagen, wenn man ein Gewalttäter ist und in so was verwickelt wird, dann raubt man sich die Seele. Genauso, wie man den Menschen beraubt, gegen den man eine Gewalttat ausübt."

Zeigten seine Figuren früher ein ungebrochenes Selbstbewusstsein, so sind es heute die menschlichen Züge, die ihn interessieren, es sind vielschichtigere Figuren geworden.

Eastwood leitete mit "Erbarmungslos" selbst die Demontage seines Images als Superheld ein: "Diese überlebensgroßen Helden sind mir fremd geworden." Die Entwicklung des Clint Eastwood als Westernhelden, die sich seit den 1970ern ganz allmählich vollzogen hat, scheint mit der Realisierung von "Erbarmungslos" an ihrem Ende angekommen.

"Falls ich jemals einen letzten Western machen wollte, dieser Film wäre es, weil er irgendwie alles summiert, was ich empfinde. Vielleicht habe ich ihn deshalb nicht sofort gedreht (Eastwood hatte die Buchrechte mehr als zehn Jahren zuvor erworben). Ich habe ihn irgendwie aufbewahrt als den letzten seines Genres, vielleicht als meinen letzten Film dieser Art."

"Erbarmungslos" erhielt 1992 einen Oscar für den besten Film des Jahres, Eastwood den Oscar und den Golden Globe als bester Regisseur. 2005 konnte er wieder seinen doppelten Oscar-Erfolg wiederholen: Für sein Drama "Million Dollar Baby" wurde er als bester Regisseur und für den besten Film ausgezeichnet.

Clint Eastwood und Doris Day mit Golden Globes

Clint Eastwood bekam insgesamt sechs Golden Globes

(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 29.10.2019)

Quelle: WDR

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