Pedro Almodovar mit Filmkamera

Madrid

Pedro Almodóvar – der Mann, der Madrid in Szene setzt

Der berühmteste Filmemacher Spaniens und einer der einflussreichsten Regisseure der Welt wurde dort geboren, wo Don Quichote gegen Windmühlen gekämpft haben soll: in der Region La Mancha, dem bäuerlichen, menschenleeren Flecken vor den Toren von Madrid.

Von Christine Buth

In La Mancha spielt auch einer von Almodóvars bekanntesten Filmen: "Volver". Die meisten seiner Geschichten findet der Regisseur aber nicht auf dem Land, sondern in der Hauptstadt. Elf seiner Filme spielen in Madrid, darunter "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" und "Sprich mit ihr", für den Almodóvar einen Oscar erhielt.

Eroberung der Stadt

Pedro Almodóvar wurde 1949, 1950 oder 1951 geboren – darüber redet der Regisseur nicht gerne. Über seine Schulbildung spricht er lieber, wenn auch nicht gut.

Lange Zeit wurde er von Mönchen unterrichtet, erst den Salesianern, später den Franziskanern. Religiös machte ihn das nicht, im Gegenteil. Almodóvars Filme sind voller Seitenhiebe auf die Religion und ihre irdischen Vertreter.

Pedro Almodóvar und Penélope Cruz sitzen bei der Verleihung der Goya Awards im Publikum

Penélope Cruz und Pedro Almodóvars arbeiten gerne zusammen

Mit 17 Jahren zog Almodóvar nach Madrid. Er hätte gerne die Filmhochschule besucht, aber die hatte unter Diktator Franco schließen müssen. Statt also zu drehen, schrieb Almodóvar Kurzgeschichten, gründete eine Punkrockband und spielte nachts Theater.

Tagsüber arbeitete er als Büroangestellter bei der spanischen Telefongesellschaft. Eine eintönige Arbeit, die aber Geld brachte und den Neu-Madrilenen daran hinderte, mehr zu feiern, als seiner Kunst zuträglich gewesen wäre.

Zwischen 1974 und 1978 produzierte er seine ersten Filme, im Schmalfilm-Format Super 8. Die Titel waren deftig, die Inhalte auch. Es ging um Sex und Drogen, um Transvestiten und durchfeierte Nächte – Dinge, mit denen Almodóvar sich gut auskannte.

Madrid bei Nacht

Madrid hatte eine lebendige Untergrund-Szene, die nach dem Tod Francos 1975 mächtig aufblühte. Die "movida madrilena", die Madrider Bewegung, hatte viele Mitglieder: schräge Vögel, Künstler und Intellektuelle.

Pedro Almodóvars erster Film sprach für alle diese Gruppen und machte den jungen Regisseur zu einem der bekanntesten Vertreter der Bewegung.

"Pepi, Luci, Bom y otras chicas del montón" (Pepi, Luci, Bom und andere Mädchen der Bande) erschien 1980. In den Hauptrollen: Pepi, die in ihrer Wohnung Marihuana anbaut; ein käuflicher Polizist, der Pepi vergewaltigt, seine masochistische Frau Luci und deren Herrin Bom, die lesbische Sängerin einer Punkband.

Die Reaktionen auf den Film waren geteilt. Katholische und konservative Kreise fanden ihn abstoßend, für andere wurde Almodóvar damit zum Kult. Der junge Regisseur nutzte die neu gewonnenen Freiheiten nach dem Ende der Diktatur in Spanien und brachte ein neues Lebensgefühl auf die Leinwand.

Auch im Ausland entdeckte man nicht nur Almodóvars Filme, sondern auch die Stadt darin: Wer in den 1980er-Jahren unbedingt nach Madrid wollte, hatte einen von Almodóvars Filmen gesehen, heißt es.

Eroberung der Welt

Almodóvar liebt Tabus, weil er sie brechen kann. Auch in seinen späteren Filmen tragen viele Charaktere ins Scheinwerferlicht, was im Leben oft versteckt wird: Es geht um Transsexualität und Dreiecksbeziehungen, um Wahnsinn, Lust und Tod.

Die Filme sind schräg, traurig oder spannend, aber Beziehungen stehen immer im Mittelpunkt.

Almodóvar mit Penélope Cruz und Antonio Banderas, er hält seinen Oscar in der Hand und strahlt.

Oscar für "Alles über meine Mutter"

Die Hauptrolle in Almodóvars Filmen übernehmen oft starke Frauen, wie in "Alles über meine Mutter", in dem Penélope Cruz eine schwangere aidskranke Nonne spielt.

Der Film von 1999 brachte Almodóvar die ersten großen internationalen Auszeichnungen ein. Er gewann sowohl den Titel "Bester Europäischer Film" beim Europäischen Filmpreis, als auch den Golden Globe und einen Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

Für das Drama "Sprich mit ihr" erhielt Almodóvar erneut einen Oscar. 2006 wurde er für "Volver" in Cannes als bester Drehbuchautor ausgezeichnet. Außerdem gab es wieder einen Europäischen Filmpreis.

2019 feierte sein Film "Leid und Herrlichkeit" internationale Premiere. Almodóvar lässt in der Mischung aus Autobiografie und Fiktion sein Leben als Filmregisseur Revue passieren. Auch dieser Film mit Antonio Banderas in der Hauptrolle erhielt zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen.

Vielarbeiter

Über Almodóvar heißt es, dass er an schrecklichen Kopfschmerzen leidet, an Migräne, die ihn immer dann überfällt, wenn er nicht arbeitet. Vielleicht ist er deshalb so produktiv. Mindestens alle zwei Jahre bringt der Spanier einen Film in die Kinos – weltweit.

Almodóvar hat die internationale Aufmerksamkeit auf das spanische Kino gelenkt und ist im Ausland fast beliebter als zu Hause. Trotzdem konnte er sich nie entschließen, nach Hollywood umzusiedeln oder zumindest einen Film dort zu drehen.

Almodóvar mit ergrautem Haar am Filmset von "Zerrissene Umarmungen" (2009), er blickt durch eine Kamera.

"Filmsüchtig" nennt sich Almodóvar

Als Regisseur ist er treu: Zum Beispiel gegenüber seinen Lieblingsschauspielern, die er immer wieder einsetzt. Antonio Banderas, Carmen Maura und Penélope Cruz gehören zu seinen Entdeckungen. Cruz spielte sogar schon fünfmal eine Hauptrolle in einem Almodóvar-Film, so auch 2019 in "Leid und Herrlichkeit".

Vor allem aber ist Almodóvar treu gegenüber seinem Produktionsort Madrid, von dem er sich nie sehr weit entfernt. Madrid hat Almodóvars Karriere geprägt und er das Gesicht der Stadt in der Welt. Und beide haben etwas gemeinsam: Sie waren mal Provinz und sind heute weltbekannt.

(Erstveröffentlichung 2011. Letzte Aktualisierung 18.03.2020)

Quelle: WDR

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