Die Maya

01:59 Min. UT Verfügbar bis 29.08.2028 Von Anja von Kampen, VisionX


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Die Maya

Viele Mythen ranken sich um die Maya, die einst die am höchsten entwickelte Kultur auf den amerikanischen Kontinenten besaßen – und dann offenbar plötzlich verschwanden. Geblieben sind viele rätselhafte Schriftzeichen auf zahlreichen Prachtbauten.

Von Helmut Brasse

Wer waren die Maya?

Die Maya waren vor mehr als 4000 Jahren eine organisierte Gesellschaft mit eigener Sprache, Gesetzen, Landwirtschaft und Kunst und gelten damit als Hochkultur. Die Maya-Kultur gab es also schon etwa zu der Zeit, als am Mittelmeer auch in Ägypten eine Hochkultur zu finden war. Die Maya bauten zahlreiche Städte im mittelamerikanischen Dschungel – zwischen dem heutigen Guatemala und Mexiko.

Die Maya-Kultur bestand einige Jahrtausende lang. Aber um 800 nach Chr. begann ihr Untergang. Forschende gehen davon aus, dass die damaligen Klimaveränderungen, die Ausbeutung der Umwelt und die vernichtenden Kriege Einfluss darauf hatten.

Heute leben noch etwa sechs Millionen Maya in Mittelamerika, die meisten davon als als Bauern. Viele sprechen noch Mayasprachen und haben auch einen Großteil ihrer Kultur bewahrt.

Von den drei Hochkulturen der Maya, Inka und Azteken sind die Maya die älteste auf dem amerikanischen Kontinent. Sie zählen ebenso zu den indigenen Völkern wie die Indianer Nordamerikas.

Eine Maya-Schamanin

Eine Maya-Schamanin

Das Land der Maya

Die Kultur der Maya konzentrierte sich um die Halbinsel Yucatán im Golf von Mexiko. Das gesamte Gebiet der Maya liegt heute verteilt auf fünf Länder: Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador. Die Fläche des einstigen Maya-Reiches, das aus rund 50 Kleinstaaten bestand, ist in etwa vergleichbar mit der Größe Deutschlands.

Bis heute gibt es mehr Theorien als wirkliches Wissen über das Leben der Maya. Warum sie sich ausgerechnet im tropischen Klima Yucatáns ansiedelten, ist genauso rätselhaft wie ihr späteres Verschwinden.

Um 600 nach Christus bauten sie auf Yucatán gigantische Städte, die sie dann wenige hundert Jahre später nach und nach aufgaben. Und die dann vom Dschungel überwuchert wurden, bis sie von Forschern Jahrhunderte später wiederentdeckt wurden. Noch immer entdecken Archäologen neue Städte und heilige Orte. Diese werden mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland freigelegt und vor dem weiteren Verfall bewahrt.

Die Ik-Kil Cenote ist ein Kalksteinloch, mehrere Meter unter der Erde, gefüllt mit Süßwasser

Die Höhle Ik-Kil war den Maya heilig und wurde als Opferstätte genutzt

Eine Welt wird entdeckt

Die Erforschung der Maya-Kultur begann erst recht spät. Im 18. und 19. Jahrhundert gingen erstmals Forscher im mexikanischen Dschungel der Legende von überwucherten Tempeln nach.

Anfangs interessierten sie sich nur für die großen Bauwerke und Städte, die nach und nach freigelegt wurden. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rückten auch die Menschen in den Blickpunkt des Interesses, die jene Bauwerke erschaffen haben.

Obwohl es viele unterschiedliche Meinungen und Deutungen zur Maya-Kultur gibt, herrscht inzwischen weitgehende Einigkeit bei der Einteilung der Maya-Geschichte in drei Hauptphasen: die vorklassische, die klassische und die nachklassische Zeit.

Pyramide des Kukulcan in Mexiko

Pyramide des Kukulcan in Mexiko

Vorklassische Zeit

Die ersten Funde, die den Maya zugerechnet werden, werden auf eine Zeit um etwa 2000 vor Christus datiert. Zu diesem Zeitpunkt hatten Menschen auf dem Gebiet des heutigen Belize bereits seit mehreren Jahrhunderten den Ackerbau etabliert. Woher diese Kultur kam, ist bis heute ungeklärt. Die meisten Forscher vermuten, dass alle indigenen Völker Amerikas asiatischen Ursprungs sind und einst über die Beringsstraße zwischen Alaska und Sibirien einwanderten.

Erste Tempelbauten der Maya sollen etwa um 500 vor Christus entstanden sein. Diese Frühzeit der Maya-Kultur wird meist als "vorklassische Zeit" bezeichnet. Viel weiß man nicht über jene Zeit, da nur wenige Funde existieren und auch keine Schriften entdeckt wurden.

Klassische Zeit

Die große Zeit der Maya, auch "klassische Zeit" genannt, lag zwischen 400 und 900 nach Christus. Aus dieser Zeit stammen große Maya-Orte und -Siedlungen wie Chichén Itzá, Yaxchilán und Palenque.

Diese Städte hatten für damalige Verhältnisse eine enorme Größe. Mehrere zehntausend Menschen sollen jeweils in einer solchen Stadt gelebt haben. Zum Vergleich: Orte wie Paris und London waren zur gleichen Zeit noch kleine Dörfer.

Die klassische Zeit ist die herausragende Phase in der Maya-Kultur, weil in ihr all jene Gebäude entstanden, die heute noch auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán Forscher und Touristen faszinieren.

Nachklassische Zeit

Die "nachklassische Zeit" ist die Spanne von etwa 900 bis 1500 nach Christus. Niemand weiß heute genau, was genau die "klassische Zeit" beendete. Irgendwann um 900 verschwand ein Großteil der Bevölkerung und die großen Städte wurden verlassen.

Die verbliebenen Maya änderten ihre Architektur, große Tempel oder vergleichbare Anlagen wurden nicht mehr gebaut. Deshalb sprechen Forscher vom Verschwinden einer Hochkultur.

Es gibt aber auch Stimmen, die dahinter einen großen Entwicklungsschritt in der Gesellschaft sehen und sogar eine Demokratisierung erkennen wollen. Anstatt ihre Arbeitskraft in den Dienst von Herrschern zu stellen und monumentale Tempel zu bauen, widmeten sich die Maya nun ihrem eigenen Wohlstand. Doch das ist nur eine von vielen Theorien.

Ein pyramidenförmiger Tempel mit vielen steilen Stufen, auf dessen Spitze ein Haus mit fünf Toren steht.

Der Tempel von Palenque

Kultur, Kriege und Menschenopfer

Was die Maya auszeichnet, sind ihre kulturellen Errungenschaften. Ihre Siedlungsgebiete waren sehr dicht bevölkert. Um die große Bevölkerungszahl mit ausreichend Nahrungsmitteln versorgen zu können, mussten die Maya einen straff organisierten Anbau von Getreide und Gemüse entwickeln. Hierfür wurden aufwändige Bewässerungssysteme gebaut, darunter kleine Stauseen, in denen Wasser für Trockenzeiten gesammelt wurde.

Die Maya waren auch wahre Meister der Mathematik. Berühmt ist vor allem der Maya-Kalender "Haab", mit dem ein Jahr in 365 Tage unterteilt wurde, verteilt auf 18 Monate à 20 Tagen plus fünf Resttage. Die Maya beobachteten die Sterne, sie bauten vermutlich sogar Observatorien.

Beeindruckend ist auch die zum Teil mehrfarbige Kunst, erhalten auf vielen Keramikfunden und auf den Gebäuden. Eine weitere Besonderheit ist die Maya-Schrift. Etwa 800 Zeichen hat man bislang gefunden, von denen bis heute nicht alle entschlüsselt sind.

Eine kleine helle Jadetafel, die im Original neun Zentimeter hoch und drei Zentimeter breit ist. Darauf zu sehen sind 19 typische Maya-Schriftzeichen.

Maya-Schriftzeichen

Aufgrund der vielen künstlerischen Funde wurde die Kultur der Maya lange Zeit romantisiert. Eine friedliche Zivilisation, die für die Kunst lebt und die Sterne beobachtet – so hatte es den Anschein. Erst mit Entschlüsselung der Maya-Schrift wurde dieses Bild korrigiert.

Die Maya entpuppten sich nun als nicht sehr friedliebend. Sie führten offenbar untereinander ständig Kriege, Menschenopfer waren an der Tagesordnung. Besiegten Feinden wurden die Köpfe abgeschlagen und als Trophäen gesammelt. Teilweise wurden die Kriege nur aus einem einzigen Grund geführt: Gefangene zu nehmen, die man anschließend foltern und opfern konnte.

Maya-Tempel von Tikal im Sonnenaufgang

Tikal im Norden Guatemalas war die größte Stadt der Maya

Warum ging die Hochkultur unter?

Plötzlich verschwand die Hochkultur der Maya. Dieses Rätsel ist bis heute nicht gelöst – trotz der Entschlüsselung vieler Schriftzeichen. Die meisten Forscher tendieren im wesentlichen zu einer Kombination aus drei Faktoren: Krieg, Raubbau und Dürre.

Mögliche Ursache: Krieg

Durch die Entschlüsselung der Schrift fand man heraus, dass die Maya kein friedlicher Kulturkreis waren. Es gab rund 50 Stadtstaaten, die zwei großen Machtblöcken angehörten. Tikal und Calakmul gelten als Zentren der beiden Machtblöcke. Immer wieder soll es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Staaten gekommen sein.

Einige Forscher vermuten, dass lange Zeit ein relatives Gleichgewicht zwischen den beiden Blöcken herrschte, dieses Gleichgewicht aber gegen Ende der klassischen Phase aus den Fugen geriet. Denkbar ist auch ein Szenario, bei dem die Bevölkerung der Maya-Staaten sich gegen die eigenen Herrscher auflehnte und sich von ihnen befreite. Das könnte auch erklären, warum in der Folge keine großen Bauwerke mehr errichtet wurden.

Mögliche Ursache: Raubbau

Eine andere Theorie besagt, dass das Volk an seiner Größe zu Grunde ging. Rücksichtsloser Raubbau an der Natur könnte letztlich ihre Lebensgrundlage zerstört haben.

So vermutet es unter anderem die NASA, die das einstige Maya-Gebiet mit Satellitenbildern analysiert hat. Demnach könnte eine dramatische Entwaldung stattgefunden haben, was in der Konsequenz zur Austrocknung weiter Landstriche führte.

Mögliche Ursache: Dürre

In eine ähnliche Richtung gehen Untersuchungen, die belegen wollen, dass eine außergewöhnliche Dürreperiode für das Verschwinden der Maya verantwortlich war. Anhand von Bodenablagerungen will man festgestellt haben, dass es im Maya-Gebiet um 900 nach Christus eine große Trockenheit gegeben haben muss.

Auch in den Eisschichten der Antarktis kann man in diesem Zeitraum Abweichungen erkennen. All dies könnte auf ein globales Wetterphänomen hindeuten, was in diesem Fall für die Maya verheerende Folgen hatte.

Die Maya heute

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Maya ausgestorben sind. Verschwunden ist in erster Linie die Kultur der sogenannten "klassischen Phase". Bis ins 16. Jahrhundert lebten die Nachfahren dieser Hochkultur in Selbstbestimmung. Dann kamen Eroberer aus Spanien, die sich in blutigen Kriegen das Land zu eigen machten und die Bevölkerung unterwarfen.

Die Spanier schreckten auch nicht davor zurück, einzigartige Relikte aus der Maya-Zeit zu vernichten. 1697 wurde mit Tayasal die letzte große freie Maya-Stadt erobert und damit endete die Geschichte dieser eigenständigen und einzigartigen Kultur.

Heute leben noch etwa sechs Millionen Nachfahren der Maya in Zentralamerika, die als Indigenas bezeichnet werden. Einen Großteil davon findet man in Guatemala. Die meisten Indigenas leben in Armut, ihr Leben wird aber noch immer von alten Traditionen und Ritualen bestimmt.

(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 19.12.2019)

Quelle: WDR

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