Das Bild zeigt ein Schwein in einem Käfig, das in die Kamera blickt.

Naturschutz

Tierschutz

Die meisten Menschen wollen nicht, dass Tiere leiden. Aber wer ist bereit, einen höheren Preis für Fleisch aus artgerechter Haltung zu zahlen? Einen Zirkus ohne wilde Tiere zu besuchen? Und was ist mit Tierversuchen?

Von Alexandra Stober und Andrea Böhnke

Der Mensch und Tierschutz: ein Widerspruch?

Lange Zeit spielte das Thema Tierschutz in der Öffentlichkeit in Deutschland kaum eine Rolle. "Eine der blamabelsten Angelegenheiten der menschlichen Entwicklung ist es, dass das Wort Tierschutz überhaupt geschaffen werden musste", sagte etwa Theodor Heuss, der erste deutsche Bundespräsident.

Heuss hielt es also für selbstverständlich, Tiere vor Leiden zu bewahren. Die Realität sah seinerzeit jedoch ganz anders aus.

Das hat sich heute geändert: Mit der Tierschutzbewegung bildeten sich ab den 1980er-Jahren in Deutschland zahlreiche Organisationen, die sich für den Tierschutz einsetzen. Diese machen seither mit teils groß angelegten Kampagnen auf grundsätzliche Probleme und Missstände aufmerksam.

Tierschutz meint heute allgemein alle praktischen und rechtlichen Maßnahmen, die ergriffen werden, um das Leben und Wohlbefinden von Tieren zu sichern. Die Tiere sollen vor allem vor Einwirkungen durch den Menschen geschützt werden, die ihnen unnötiges Leiden und Schaden zufügen.

Die Ziele des Tierschutzes stehen oft im Widerspruch zur menschlichen Nutzung von Tieren – beispielsweise in der Landwirtschaft, wo Tiere zu Nahrungszwecken gezüchtet und geschlachtet werden, oder in der Forschung, wo Tiere für Versuche eingesetzt werden.

Tierschützer fordern eine artgerechte Nutzung

Das erste Tierschutzgesetz wurde 1822 in England auf Initiative des Politikers Richard Martin hin erlassen und schützte Pferde, Schafe und Großvieh vor Misshandlungen. Martin war auch eines der Gründungsmitglieder der weltweit ersten Tierschutzorganisation "Society for the Prevention of Cruelty to Animals" (SPCA), die 1824 ins Leben gerufen wurde.

1837 gründete der Pfarrer Albert Knapp den ersten Tierschutzverein in Deutschland, der sich 1881 mit weiteren Vereinen zum Deutschen Tierschutzbund zusammenschloss. Heute sind unter dem Dach des Deutschen Tierschutzbundes 16 Landesverbände, mehr als 740 Tierschutzvereine und über 550 Tierheime zusammengeschlossen. Insgesamt zählt er etwa 800.000 Mitglieder.

Ziel des Deutschen Tierschutzbundes ist es, Tieren, die sich in der Obhut des Menschen befinden, ein artgerechtes Leben ohne Leiden zu ermöglichen. Prinzipiell akzeptiert der Verein, dass der Mensch Tiere für seine Zwecke nutzt, indem er sie züchtet, mästet und schlachtet.

Nach Ansicht der Tierschützer soll er dies jedoch so schonend und wenig qualvoll wie möglich tun – beispielsweise in Form von artgerechter Tierhaltung in der biologischen Landwirtschaft.

Ähnliche Ziele wie der Deutsche Tierschutzbund verfolgt der Verein "Aktion Tier – Menschen für Tiere", der 1985 als "Deutsches Tierhilfswerk" gegründet wurde. Nach eigenen Angaben zählt er etwa 200.000 Mitglieder. Die Aktion Tier kooperiert mit Tierheimen, Auffang- und Auswilderungsstationen sowie Arten- und Naturschutzinitiativen.

Das Bild zeigt ein Plakat des Deutschen Tierschutzbundes. Darauf sind großformatig und im Detail das Auge und ein Teil des Kopfes einer Kuh zu sehen, die in die Kamera blickt. Der Text des Plakats lautet: 'Mein Weg in den Tod ist die Hölle. Stoppt qualvolle Tiertransporte.

Ein Kampagnenbild des Deutschen Tierschutzbundes

Tierrechtler wollen mehr

Einigen Menschen gehen die Ziele, wie sie etwa der Deutsche Tierschutzbund festlegt, nicht weit genug. Die sogenannten Tierrechtler lehnen es generell ab, dass der Mensch Tiere in irgendeiner Form für seine Zwecke nutzt.

Eine Organisation, die diese Position auch vertritt, ist der Verein "People for the Ethical Treatment of Animals" (PETA). PETA kommt ursprünglich aus den USA und zählt nach eigenen Angaben etwa drei Millionen Unterstützer auf der ganzen Welt. Oft leihen Prominente der Organisation ihr Gesicht für ihre medienwirksamen, provokanten Aktionen und lenken somit die Aufmerksamkeit auf deren Forderungen.

Auch die Organisation "Animal Peace" setzt sich mit Protestaktionen für die Rechte von Tieren ein. Einmal demonstrierten Mitglieder von Animal Peace beispielsweise nackt auf der Düsseldorfer Königsallee.

Noch weiter gehen Anhänger der "Animal Liberation Front" mit ihren Aktionen, die zum Teil illegal sind und dementsprechend strafrechtlich verfolgt werden. Manche Aktivisten zerstören beispielsweise Hochsitze, um ein Zeichen gegen die Jagd zu setzen.

Das Bild zeigt eine Aktion der Tierrechtsorganisation PETA gegen die Lederproduktion. Frauen liegen dicht gedrängt und übereinander auf dem Boden. Ihre hautfarbenen Kleider sind mit Kunstblut überströmt.

Aufsehenerregend: PETA-Aktion gegen Lederproduktion

Der Tierschutz ist heute im Grundgesetz verankert

2002 konnte die Tierschutzbewegung in Deutschland einen großen Erfolg feiern: Der Tierschutz wurde als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen.

In Artikel 20a heißt es nun: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung." Zuvor war in Artikel 20a nur der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen festgehalten.

Die Ergänzung des Gesetzes um den Zusatz "und die Tiere" hat den Tierschutz in Deutschland zwar nicht revolutioniert – schließlich dürfen Tiere zum Beispiel weiterhin zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt werden. Indem sie den Tierschutz zum Staatsziel erklärt, schreibt sie diesem aber eine größere Bedeutung zu, der auch die Rechtssprechung Rechnung tragen muss.

Das Bild zeigt sehr viele Schweine in einem Stall. Sie stehen eng beieinander, eines steht mit den Vorderhufen auf einem anderen. Viele schauen in die Kamera.

Widerspruch: Tierschutz und Tiernutzung

Tierschutzgesetz: Tiere nur aus "vernünftigem Grund" töten

1933 – mehr als 100 Jahre nach der Gründung des ersten deutschen Tierschutzvereins – wurde der Schutz von Tieren Teil des Strafrechts. Zuvor war es nach dem Reichsgesetzstrafbuch nur strafbar Tiere zu quälen oder zu misshandeln, wenn dies öffentlich oder in Ärgernis erregender Weise vor sich ging (§360, Satz 13). Durch das Verbot sollte aber eher das Empfinden des Menschen als das der Tiere geschützt werden.

Reichs-Tierschutzgesetz verabschiedet (am 24.11.1933)

WDR ZeitZeichen 24.11.2018 14:49 Min. Verfügbar bis 21.11.2098 WDR 5


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1972 ersetzte schließlich ein neues Tierschutzgesetz die bestehenden Regelungen. Im Paragraph 1 ist festgehalten: "Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen."

Nach 1972 wurde das Tierschutzgesetz mehrfach überarbeitet; die letzte Änderung stammt von 2006. Nach Ansicht der Tierrechtler geht das Gesetz jedoch nicht weit genug, unter anderem, was das Halten von Wildtieren im Zoo betrifft.

"Hält man sich vor Augen, dass nahezu alle Eisbären in deutschen Zoos aufgrund der viel zu engen Gehege starke Anzeichen von Verhaltensstereotypien zeigen, wird schnell deutlich, dass das Tierschutzgesetz permanent missachtet wird", sagt etwa Peter Höffken, Kampagneneiter bei PETA.

Auch Tierschützer kritisieren die rechtlichen Regelungen zum Halten wilder Tiere in Zoo- und Zirkusbetrieben. "Das Tierschutzgesetz ist zwar rechtsverbindliche Grundlage, in den Anforderungen der Tierhaltung jedoch sehr allgemein abgefasst und bietet dem kontrollierenden Amtstierarzt in der täglichen Praxis kaum eine hinreichende Orientierung", sagt Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund.

Die Tierschutzorganisationen in Deutschland fordern daher, das Gesetz weiter zu konkretisieren.

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 30.07.2019)

Quelle: WDR

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