Flughäfen
Fluglotsen
Ein wichtiger Bestandteil der Flugsicherung sind die Fluglotsen der "Deutschen Flugsicherung" (DFS). Sie koordinieren und überwachen jährlich Millionen Flüge im deutschen Luftraum. Die meisten sitzen in den Kontrollzentren der DFS vor großen Computermonitoren.
Von Johannes Hirschler und Katrin Tonndorf
Unterwegs auf den Luftstraßen
Der Luftraum über Deutschland und Europa ist, ähnlich wie ein Hochhaus, in verschiedene Etagen unterteilt. Sie haben einen Abstand von jeweils 1000 Fuß (300 Meter) zueinander. Je nach Höhe gelten unterschiedliche Regeln.
Im unkontrollierten Luftraum in Bodennähe bewegen sich vor allem Privatflieger mit kleinen zwei- und viersitzigen Cessnas oder Pipers. Sie navigieren nach Sichtflugregeln und werden nicht von der Flugsicherung betreut.
Im darüberliegenden Luftraum – und immer wenn Passagiere befördert werden – wird ausschließlich nach Instrumentenflugregeln (IFR) navigiert. Das bedeutet, der Pilot orientiert sich mithilfe der Angaben seiner Instrumente. Solche IFR-Flüge werden vom Anlassen der Turbine auf dem Abflughafen bis zum Erreichen des Terminals am Zielflughafen lückenlos durch Lotsen koordiniert und überwacht.
Auf ihrem Weg durch die Luft nehmen Piloten nicht immer den kürzesten Weg zu ihrem Ziel. Der Verkehr verläuft auf sogenannten Luftstraßen. Wie ein Schnittmusterbogen sieht dieses Netz aus, auf dem die Flugzeuge unterwegs sind.
Sie fliegen nach Lotsen-Anweisungen entweder mit einem vertikalen Sicherheitsabstand von 1000 Fuß (rund 300 Meter) oder auf gleicher Höhe im Abstand von fünf nautischen Meilen (rund neun Kilometer).
Wer so etwas am Computermonitor organisieren muss, braucht ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Die Kreuzungen der Luftstraßen sind häufig durch Sender für die Funksteuerung markiert, sogenannte Funkfeuer. Diese Funkanlagen senden Radiowellen aus, die von den Piloten zur Bestimmung ihrer genauen Position genutzt werden.
Die Abfluglotsen überwachen die Maschinen beim Abheben
Fluglotsen im Einsatz
In Deutschland gibt es unterschiedliche Spezialisierungen des Lotsenberufes. Rund 400 Towerlotsen sitzen direkt in den deutschen Flughäfen. Über Funk und Sichtkontakt gewährleisten sie den reibungslosen Verkehr auf dem Flughafen. Per Sprechfunk koordinieren sie die rollenden, startenden und landenden Flugzeuge. Sie informieren Piloten über das Abflugverfahren und erteilen die Startfreigabe.
Kurz nach dem Abheben einer Maschine übernehmen die Kollegen von der An-/Abflugkontrolle. Die sitzen in den regionalen Radarkontrollzentralen und überwachen den Flugbetrieb im Nahverkehrsbereich eines Flughafens. Ankommende Maschinen müssen sie für die Landung richtig einfädeln, abfliegenden müssen ihre Positionen im Luftraum zugewiesen werden.
Sobald ein gestarteter Flieger eine bestimmte Flughöhe überschreitet, gibt der Abfluglotse die Maschine an die Radarlotsen des jeweiligen Luftsektors weiter. Diese sitzen ebenfalls in regionalen Radarkontrollzentralen und sind für alle Flugzeuge ihres Sektors zuständig. Sie müssen die Maschinen so durch den Luftkorridor manövrieren, dass sie sich nicht gegenseitig behindern oder gefährden.
Koordination auf Englisch
Mit ihren Kollegen weltweit teilen die Fluglotsen die Arbeitssprache Englisch. Ihre Anweisungen, die unmittelbar befolgt werden müssen, geben sie zur Vermeidung gefährlicher Missverständnisse in standardisierten Kürzeln, die die Piloten zur Bestätigung wortwörtlich wiederholen müssen.
Nicht immer sind Piloten begeistert, wenn sie aus Gründen, die ihnen der Lotse nicht lange erläutern kann, plötzlich einen Umweg fliegen sollen. Auch deshalb brauchen Lotsen eine gute Portion Durchsetzungsvermögen und Selbstvertrauen.
Aber auch Fingerspitzengefühl ist gefragt. Ein merkwürdiger Unterton in der Stimme eines Piloten kann auf Probleme an Bord hindeuten. Solche potenziellen Risikosituationen lassen sich durch Weitsicht und Vorausplanung oft entschärfen.
Hier wird der Flugverkehr koordiniert
Reine Nervensache
Immer einen kühlen Kopf bewahren und in Notfällen blitzschnell die richtigen Entscheidungen zu treffen, darauf kommt es bei einem guten Fluglotsen an. Jeder Punkt auf dem Radarschirm steht für 300 bis 400 Menschen, die sicher auf den Boden zurückwollen. In Spitzenzeiten bringt es ein großer Flughafen wie Frankfurt am Main auf mehr als 45 Flieger pro Stunde.
Das fordert ununterbrochene Aufmerksamkeit und die Konzentration muss auch für Notfälle noch reichen: Da muss etwa ein Jumbo sicher an sieben oder acht Kollegen in der Warteschleife vorbeidirigiert werden, weil ein Passagier mit einer Herzattacke dringend Hilfe braucht. Ein Privatjet mit schweren Motorproblemen wird zur Notlandung auf einen Militärflughafen umgeleitet, oder ein Sanitätsflugzeug bittet dringend um Durchflugerlaubnis für ein militärisches Sperrgebiet.
Fluglotsen tragen bei ihrer Arbeit extrem viel Verantwortung. Wenn sie einen Fehler machen, kann das katastrophale Folgen haben. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit ist der Flugzeugzusammenstoß bei Überlingen am Bodensee im Jahr 2002. Ein Fluglotse hatte fälschlicherweise zwei Fliegern die gleiche Flughöhe zugewiesen. Unter anderem diese Unachtsamkeit kostete alle 71 Insassen der Maschinen das Leben.
Mit gründlicher Ausbildung zum Fluglotsen
Bei einem so verantwortungsvollen Job ist die richtige Ausbildung sehr wichtig. Eineinhalb Jahre dauern die theoretische Ausbildung und das Simulator-Training, danach werden die neuen Fluglotsen bei der Arbeit in den Radarkontrollzentralen weiter fortgebildet. Immer wieder stehen praktische und theoretische Prüfungen an.
Etwa 80 Prozent der Anfänger halten die Ausbildung bis zum Ende durch. Wer es geschafft hat, kann sich über einen anspruchsvollen, recht gut bezahlten Job freuen. Ein weiterer Bonus: Fluglotsen werden mit 55 Jahren pensioniert – bis dahin hatten sie genug Stress für ein ganzes Leben.
Verantwortung für viele Menschen
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 22.10.2019)
Quelle: WDR