Quadratisches Fluggerät mit vier Propellern und Fernsteuerung steht auf einem Tisch

Luftfahrt

Drohnen

Ob Luftaufnahmen, Brückeninspektionen oder Paketlieferungen: Unbemannte Hightech-Flieger helfen Menschen, Hindernisse zu überwinden und die Welt aus anderen Perspektiven zu sehen. Das Militär nutzt Drohnen auch im Kampf, was umstritten ist.

Von Inka Reichert

Von den Bienen abgeschaut

Auf einer Waldwiese surrt ein Elektromotor. Der Blick geht nach oben: Eine Drohne fliegt durch die Luft, ein unbemannter Hightech-Flieger.

Früher noch ein Szenario wie aus dem Science-Fiction-Film, ist dieser Anblick heute keine Seltenheit mehr. Ursprünglich fürs Militär entwickelt, inspizieren die wendigen und flinken Drohnen mittlerweile Windräder oder Brücken. Auch unter Hobbyfliegern und Filmproduzenten sind die Geräte beliebt. Künftig sollen sie sogar die Nanowelt erobern. 

Drohnen sind Flugsysteme, die ohne Pilot an Bord durch die Luft fliegen. Der Pilot steuert den Flieger fern, in der Regel vom Boden aus. "Der Begriff der Drohne kommt eigentlich von den Bienenvölkern", sagt Andreas Del Re, der das Institut für unbemannte Systeme der Northern Business School (NBS) in Hamburg leitet.

Biologen bezeichnen die männlichen Bienen als Drohnen. Diese haben lediglich die Aufgabe, die Bienenkönigin zu befruchten – nach der Paarung sterben sie meist rasch. "Hat sie ihre Pflicht erfüllt, ist die Drohne für den Bienenstock also entbehrlich", sagt Andreas Del Re.

Und so kann auch die Quadrokopterdrohne abstürzen, ohne dass eine Besatzung zu Schaden käme. Die Namensgebung lasse sich auf den ursprünglich militärischen Nutzen zurückführen, sagt der Drohnenexperte.

Bereits zu Beginn des 21. Jahrhunderts setzte das Militär die ferngesteuerten Miniflugzeuge ein: in Flugabwehrübungen als Zieldrohne – so kam niemand zu Schaden. Heute ist das anders.

Eine Kampfdrohne des Typs Heron steht in einer Logistikhalle

Heron-Kampfdrohnen der Bundeswehr sollen Soldaten schützen

Drohnen in Kampfeinsätzen   

Mehr als 80 Staaten verfügen inzwischen über militärische Drohnen. Diese sind größtenteils unbewaffnet und dienen vor allem der Aufklärung. Die US-Streitkräfte haben ihre Drohnen aber auch mit Bodenraketen ausgerüstet. Mit den Kampfdrohnen haben sie bereits Einsätze in Pakistan, Jemen und Somalia geflogen. Das Ziel: Terrorverdächtige töten.

Die Missionen sind umstritten. Bewaffnete Drohnen schützten Soldaten und seien präzise und kostengünstig, sagen die Befürworter. Die Gegner wenden ein, dass die Drohnen die Hemmschwelle senkten, jemanden zu töten. Das sei völkerrechtlich und moralisch bedenklich.

Anfang 2016 entschied sich auch die Bundesrepublik Deutschland, die Bundeswehr mit Kampfdrohnen aufzurüsten. Das Verteidigungsministerium verkündete, vier bis sechs Maschinen des Typs Heron TP des israelischen Herstellers IAI zu leasen.

Um sich von der umstrittenen Terrorbekämpfung der USA abzugrenzen, schließt die Bundesregierung Tötungsmissionen mithilfe von Drohnen bislang ausdrücklich aus. Die Flieger sollen dem Schutz von Soldaten dienen, etwa um Feldlager oder Transporte zu überwachen. Für jede Auslandsmission will der Bundestag einzeln entscheiden, ob eine Drohne bewaffnet mitgeschickt wird oder nicht.

Der gelbe DHL-Paketkopter fliegt mit einem Paket durch die Luft

Der DHL-Paketkopter soll künftig besonders eilige Pakete in Krisengebiete liefern

Drohnen als Paketzusteller

Tötungsmaschine oder unsichtbarer Spion – diesen Ruf wird die Drohne so rasch nicht wieder los. Die Flugroboter haben aber das Zeug dazu, andere nützliche, zivile Aufgaben zu erfüllen. Zum Beispiel Pakete ausliefern. Im Jahr 2013 gab das Versandhaus Amazon bekannt, ihre Warensendungen künftig auch per Drohne verschicken zu wollen, 2016 starteten die ersten Testlieferungen.

Auch das Versandunternehmen Deutsche Post DHL erforscht, wie sich die Flieger in der Logistik nutzen lassen. Im Pilotprojekt "DHL-Paketkopter" untersuchen die Ingenieure des Unternehmens das Potenzial von Drohnen für Eilsendungen. Die Paketkopter könnten etwa Medikamente liefern oder Organe für Transplantationen in entlegene Gebiete transportieren.

Vollautomatische Postlieferungen mit Flugdrohnen, die den Postboten in Zukunft überflüssig machen – daran glaubt Andreas Del Re allerdings nicht.

"Selbst wenn es technisch möglich ist, ist dieses Vorhaben zumindest in stark besiedelten Gebieten wie Deutschland unrealistisch", sagt der Forscher vom Hamburger Institut für unbemannte Systeme. Die Umsetzung scheitere bereits an den gesetzlich geregelten Flugverbotszonen über Wohngrundstücken oder Menschenansammlungen.

Drohnen als Brücken-Inspektoren

Mithilfe der Drohnen ließen sich auch Sicherheitsinspektionen durchführen. Vor allem darin sieht der Drohnenexperte Andreas Del Re das Potenzial der unbemannten Flugsysteme.

"Mit den Geräten gelangt man ohne Probleme auch an Orte, die sonst unzugänglich sind, darunter Windkraftanlagen, Brücken oder Kesselanlagen", sagt er. Dank integrierter Kameras werden die Drohnen zu den fliegenden Augen ihrer Piloten. Schon heute untersuchen Techniker Flugzeuge mithilfe von Drohnen auf Blitzschäden.

Und damit nicht genug: Ausgestattet mit Kameras und Sensoren sollen Drohnen in der Landwirtschaft zukünftig das Pflanzenwachstum automatisch erfassen. Wie gut wachsen die Kulturen auf dem Feld? Leiden die Pflanzen unter Krankheiten oder Stress? Hat der Bauer zu viel oder zu wenig gedüngt?

Forscher der Universität Bonn entwickeln zusammen mit  der Firma Terrestris im Projekt "CropWatch" ein solches Informationssystem. Gefördert wird das dreijährige Forschungsvorhaben vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Quadrokopter fliegt über ein grünes Maisfeld

Drohnen könnten Landwirte auf dem Feld unterstützen

Verschiedene Flieger je nach Einsatz

"Für jedes Einsatzgebiet gibt es ein passendes Drohnenmodell, das den speziellen Anforderungen entspricht", sagt Andreas Del Re. Die Experten unterscheiden zwischen zwei Grundmodellen: dem Flächenmodell und dem Multikopter.

Letzterer ähnelt einem Hubschrauber. Doch wie der Name schon sagt, hat der Multikopter nicht nur einen, sondern gleich mehrere Propeller. Das am weitesten verbreitete Modell ist der Quadrokopter mit vier Propellern. Diese ermöglichen es ihm, senkrecht auf- und abzusteigen und auf einer Stelle zu schweben.

Durch ihren symmetrischen Aufbau können Multikopter auch ganz einfach die Flugrichtung ändern, ohne sich selbst um die Achse drehen zu müssen. Komplexe Manöver führen die Geräte mit äußerster Genauigkeit aus.

Das macht die Geräte nicht nur für Sicherheitsinspektionen interessant. Immer mehr Hobbyflieger entdecken ihre Freude an den Multikoptern. Die Kamera ermöglicht es ihnen, faszinierende Landschaftsaufnahmen aus der Vogelperspektive zu drehen.

Hoher Stromverbrauch bei Multikoptern

"Allerdings verbraucht der Quadrokopter sehr viel Energie und ist nicht für längere Strecken und Transporte geeignet", sagt Del Re. Hier kommt das Flächenmodell ins Spiel: Im Gegensatz zum futuristischen Multikopter sehen diese Drohnen einem gewöhnlichen Passagierflugzeug schon ähnlicher.

Ihr Bauprinzip weist die für Flugzeuge typische aerodynamische Form auf, um besser zu gleiten und möglichst wenig Energie durch Reibung zu verlieren. "Aktuell kann ein Flächenmodell problemlos 25 bis 30 Kilometer überbrücken", sagt der Forscher. 

Mann steht an einer Klippe über dem Meer und lässt ein Modellflugzeug starten

Das Flächenmodell ist für längere Flugstrecken geeignet

Mittlerweile gibt es auch Hybridmodelle wie den Songbird, der die Vorzüge beider Formen kombiniert: Dieser Flieger besitzt dazu einerseits Rotoren zum Senkrechtstarten, hat aber auch Flächen zum Gleiten.

Nach dem Aufstieg kippt die Drohne die Rotoren und fliegt als Flächenflugzeug weiter. "Hybridmodelle sind noch eine Nischenproduktion, aber man sieht sie immer häufiger", sagt Del Re. Auch der Paketdienst DHL setzt mit seinem Paketkopter auf die Hybridvariante.

Zukunft: Lichtgesteuerte Nanodrohnen

Präzise Navigation – das Prinzip der Multikopter wollen Physikprofessor Bert Hecht und sein Team von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg nun auch auf die Nanometerskala übertragen. Nanodrohnen sollen mit polarisierten Laserstrahlen sowohl gesteuert als auch mit Antriebsenergie versorgt werden.

"Im Labor machen wir gerade erste Experimente, um fast zwei Mikrometer große Objekte mit Licht zu bewegen", sagt Studienleiter Bert Hecht. Die Winzigkeit der Objekte sei jedoch eine große Herausforderung.

Die Nanodrohnen können nur unter dem Mikroskop beobachtet werden. Damit besteht die Gefahr, sie aus den Augen zu verlieren, bevor die Forscher den Laserstrahl auf sie richten können. "Wir arbeiten an einer Art Umzäunung, um die Bewegungsfreiheit der Nanodrohnen einzuschränken", sagt der Physiker.

Das Ziel der Würzburger Forscher ist eine neue Klasse von Nano-Werkzeugen, die sich hochpräzise durch Flüssigkeiten steuern lassen. "Unsere Drohnen könnten zum Beispiel die Oberfläche von Zellen abtasten, um bestimmte krankheitsrelevante Rezeptoren zu finden", sagt Bert Hecht.

Möglich sei auch ein Einsatz als Messsonde für elektrische Potenziale in neuronalen Netzen. All dies sei jedoch zunächst nur in Experimenten unter dem Mikroskop denkbar – nicht innerhalb des Körpers wie bei dem berühmten Nano-U-Boot aus den einschlägigen Filmen, sagt der Forscher.

Grafik zeigt Bumerang-förmige Nanodrohnen

Würzburger Forscher arbeiten an Nanodrohnen

Quelle: WDR | Stand: 21.10.2019, 16:45 Uhr

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