Wie gesund ist bunt?

Planet Wissen 29.09.2023 03:40 Min. UT Verfügbar bis 28.09.2027 WDR

Farbe

Natürliche Farben

Farben und Farbstoffe spielen in der Natur eine wichtige Rolle: Das grüne Chlorophyll der Pflanzen ermöglicht die Fotosynthese und Tiere erkennen sich am Farbmuster. Für den Menschen haben Farben vor allem schmückende und symbolische Funktionen.

Von Cristina Moles Kaupp

Am Anfang war die Natur

Höhlenmalereien im südfranzösischen Lascaux zeigen: Bereits vor 30.000 Jahren verwendeten Menschen fein gemahlene Erde und Mineralien als Farbe. Kalk und Gips sorgten für weiße, Holz- und Knochenkohle für schwarze Farbtöne.

Anfangs wurden die Farben mit tierischem Fett, Tran, Eiweiß, Pflanzensäften, Fischleim oder sogar mit Blut vermengt. Dass Farben damals schon einen hohen Symbolwert hatten, zeigen mit rotem Ocker gepuderte Leichenfunde: Rot symbolisierte lebenserhaltende Kräfte.

Technisch betrachtet setzen sich Farben aus Pigmenten oder Farbstoffen, Binde- und Lösungsmitteln sowie Zusatzstoffen zusammen. Generell unterscheidet man zwischen natürlichen und künstlichen Farbstoffen. Letztere lassen sich inzwischen zehntausendfach herstellen, sie tragen so kunstvolle Namen wie "Methylorange" oder "Kristallviolett".

Spannender sind die in der Natur vorkommenden Farbstoffe mit pflanzlichem, mineralischem oder tierischem Ursprung: Chlorophyll, Kurkuma, Hämoglobin, Siena, Ultramarin, Sepia oder Koschenille zählen dazu.

Bis zur Entdeckung synthetischer Farben im 18. Jahrhundert färbten natürliche Farbstoffe Textilien und Gerichte, dienten kosmetischen Zwecken und natürlich der Kunst. Seit geraumer Zeit werden natürliche Farben wieder entdeckt – sie sind zwar teurer, doch umweltverträglicher und weniger gesundheitsschädlich als künstliche Farben.

Die Höhlenmalerei zeigt mehrere Tiere, darunter Wild und Rinder.

Seit Jahrtausenden benutzen die Menschen natürliche Farben

Wie wird ein Stein zu Farbe?

Die alten Ägypter sollen erstmals grüne und blaue Farbpigmente verwendet haben – die Pigmente wurden Mineralien abgerungen. Wegen seines tiefen Blautons stand der Schmuckstein Lapislazuli damals hoch im Kurs.

Zur Pigmentgewinnung aus Lapislazuli wird der Rohstein zunächst grob zerstoßen, in einer Mühle fein gemahlen und dann gesiebt. In der Regel sind in seinem Pulver noch andere Gesteinsmehle wie Kalk oder Pyrit enthalten, die den Farbton verunreinigen.

Daher wird das Pulver mit Alkohol vermengt und dann über einer magnetisierten Rinne abgegossen. Die magnetischen Pyritteilchen bleiben dann an der Rinne hängen.

Nach dem Abgießen des Alkohols wird das Pulver mit Wachsen und Harzen verknetet, damit die restlichen Verunreinigungen gebunden werden. Der Klumpen kommt in ein Leinensäckchen und wird so lange ausgewaschen, bis sich nur noch die feinen Pigmente als Bodensatz im Wasser befinden.

Nach dem Abgießen des Wassers bleibt reines Lapislazuli-Pigment übrig – die teure Originalsubstanz der Farbe Ultramarinblau. Die Prozedur ist sehr langwierig und kostspielig. Andere Mineralien für die Farbherstellung sind beispielsweise Malachit (grün), Azurit (blau) und Zinnober (rot).

Um mit den nicht wasserlöslichen Pigmenten malen zu können, werden sie mit Bindemitteln wie beispielsweise Leinöl gemischt. Je feiner die Kristalle, desto farbintensiver ist das Pigment. Die optimale Kristallgröße liegt zwischen einem Fünfhundertstel und einem Zweitausendstel Millimeter.

Lapislazuli-Steine in einer Plastikwanne

Aus Lapislazuli wird ein Pigment gewonnen

Farben aus Pflanzen

Pflanzenfarben werden seit dem Altertum für Kosmetik und für das Färben von Textilien verwendet. Rohstoffe hierfür sind Blüten, Blätter, Früchte oder Wurzeln. "Henna" zum Beispiel wird aus den Blättern und Stängeln des Hennastrauches gewonnen und sorgt heute noch für satte Rottöne beim Haarefärben. Die Ägypter färbten mit diesem Farbstoff auch Tücher.

Hierzulande war dazu einst der "Krapp" beliebt. Die rote Farbe kam aus dem Zellsaft und den Wurzeln der "Färberröte", einer Pflanze aus der Familie der Rötegewächse. Zuvor musste die Pflanze jedoch getrocknet, klein geschnitten und gemahlen werden.

"Alizarin" heißt der beständige Farbstoff von Krapp. Mit Alkohol vermengt wird der Farbton gelblich, das kräftige Rot entsteht erst bei der Zugabe des Salzes Alaun.

Besonders feurig war das sogenannte "Türkischrot", das sich erst nach langwierigen Arbeitsschritten ergab. Dazu behandelte man die zu färbenden Stoffe vor dem eigentlichen Beizen mit ranzigem Pflanzenöl und Pottasche.

Weitere bekannte Pflanzenfarben lassen sich aus Safran und Kurkuma (Gelb), Rote Bete (Rot), Heidelbeere und Holunder (Violett), Färberwaid und Indigo (Blau), Blattgrün und Spinat (Grün), Färberdistel und Indischer Dattel (Braun) gewinnen.

Eine Orientalin bemalt einem Mädchen die Handfläche mit Henna

Körpermalerei mit Henna

Tierisch bunt

Zu den berühmtesten tierischen Farbstoffen zählt Purpur. Die edle rotviolette Farbe war im antiken Rom und später in der Kirche ein Symbol für Adel und Macht. Ein Sekret der Purpurschnecke liefert den Farbstoff, der mit Gold aufgewogen wurde. Für ein Gramm Purpur benötigt man rund 10.000 lebende Tiere.

Die Drüse der Schnecken liefert den begehrten Saft, der jedoch erst nach dem Öffnen des Gehäuses fließt. Das anfangs durchsichtige Sekret färbt sich unter Licht- und Lufteinfluss von Gelb über Grün und Blau bis zu dem herrlichem Purpur.

Die Farbqualität hängt dabei vom Alter der Schnecke, ihrem Speisezettel und von der gegenwärtigen geschlechtlichen Zugehörigkeit des Zwitterwesens ab.

Um an den Farbstoff zu kommen, zerstampfte man die Tiere und legte sie für mehrere Tage in Salz ein. Zusammen mit Urin wurde diese "Suppe" so lange gekocht, bis sie auf ein Sechzehntel eingedampft war. Nach Entfernen der Fleischteile kamen die Stoffe ins Färbebad. Erst beim Trocknen am Licht entwickelte sich der Farbstoff von Gelb nach Purpurrot.

Auch "Karminrot" wird aus einem Tier gewonnen: einer ursprünglich in Mexiko beheimateten Schildlaus. Die Weibchen und ihr Gelege enthalten den Farbstoff "Koschenille", der extrem bitter schmeckt.

Seinetwegen werden die Läuse zwar von Mäusen und Vögeln verschmäht, doch das darin enthaltene Karmin weckte das Begehren beim Menschen. Als Rohprodukt dienen die getrockneten Lausweibchen und die Eier. Erst nach dem Mahlen und Extrahieren durch Wasser erhält man den Farbstoff Karmin.

Ein weiterer wichtiger Farbstoff kommt aus dem Meer. Wie die meisten Kopffüßer produziert auch die Tintenfisch-Ordnung der Sepien Tinte. Noch heute wird daraus der Farbstoff "Sepia" gewonnen.

Der äußerst stabile Tintenfarbstoff besteht aus hochkonzentriertem Melanin, dessen Spektrum von Rot über Braun bis hin zu Schwarz reicht. Nach Trocknen der Tintenblasen wird ihr Inhalt zur Tintenherstellung pulverisiert und je nach Rezept weiterverarbeitet.

Großaufnahme eines Sepia-Tintenfisches unter Wasser

Die Sepia liefert einen begehrten Farbstoff

(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 10.10.2022)

Quelle: WDR

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