Ein Wasserkran mit einem Aufkleber "Giftig"

Wasserversorgung in Deutschland

Umweltgifte im Wasser

Das Trinkwasser in Deutschland wird sorgfältig gereinigt und kontrolliert. Das ist auch nötig, weil sich im Grundwasser – der Hauptquelle für unser Trinkwasser – Schadstoffe ablagern: Schwermetalle, Pflanzenschutzmittel und Medikamenten-Rückstände.

Von Christiane Tovar

Nitrat im Grundwasser

Nitrat gehört zu den Stoffen, die das Grundwasser am meisten belasten. Eigentlich ist diese Stickstoffverbindung für den Menschen nicht gesundheitsschädlich. Doch Nitrat wird in unserem Körper unter anderem in Nitrit umgewandelt.

Nitrit zerstört im Organismus den roten Blutfarbstoff, was vor allem für Säuglinge gefährlich ist. Außerdem gelten die Nitrosamine, die wiederum aus Nitrit entstehen, als krebserregend. Gründe genug also, um das Grundwasser möglichst nitratfrei zu halten.

Hauptquelle für Nitrat ist die Landwirtschaft. Besonders durch die Massentierhaltung und die damit verbundene Gülle gelangt Nitrat ins Grundwasser. Auch die Düngemittel in der industriellen Landwirtschaft tragen dazu bei, dass der Boden – und damit das Grundwasser – mit Nitrat angereichert werden.

Um die Belastung zu kontrollieren, misst das Umweltbundesamt an etwa 1200 Stationen regelmäßig die Nitratwerte. Wird der Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm pro Liter dauerhaft überschritten, werden Quellen auch für immer stillgelegt.

Abwasserrohr leitet Wasser in einen Fluss

Im Wasser lagern sich Umweltschadstoffe ab

Grenzwert für Uran

Andere Stoffe wie Eisen und Mangan gelangen ins Grundwasser, weil sie aus unterirdischen Gesteinsschichten herausgewaschen werden. Um das Wasser trinkbar zu machen, werden diese Metalle mit speziellen Filterverfahren entfernt.

Das gilt auch für das giftige Uran. Probleme macht dabei nicht in erster Linie die Radioaktivität des Schwermetalls, sondern die Tatsache, dass Uran die menschliche Niere erheblich schädigen kann. Wie andere Stoffe auch, wird Uran je nach Bodenbeschaffenheit aus Gesteinsschichten herausgewaschen. Außerdem kommt es in bestimmten Düngemitteln vor.

Seit 2011 gilt in der Europäischen Union (EU) für Trinkwasser ein Grenzwert von zehn Mikrogramm pro Liter. Verbraucherschützer monieren jedoch, dass durch diesen Wert nur Erwachsene, nicht aber Säuglinge vor dem giftigen Schwermetall ausreichend geschützt sind.

Um den vorgeschriebenen Wert nicht zu überschreiten, gehen die Wasserversorger sehr unterschiedlich vor. Einige mischen das Wasser aus verschiedenen Quellen miteinander. Andere arbeiten mit speziellen Filtern, um das giftige Schwermetall zu entfernen.

Ein Cocktail mit Spätfolgen?

Eine weitere Gefahr für unser Grundwasser sind Rückstände von Medikamenten. Auch wenn es sich bei diesen um verschwindend geringe Mengen handelt: Die Mischung ist entscheidend. Wir alle nehmen mit dem Trinkwasser einen Cocktail auf, über dessen Wirkung bislang noch nichts bekannt ist.

Zwar zeigen Studien in mehreren europäischen Ländern, dass die Konzentration von Arzneimittelrückständen im Trinkwasser äußerst gering sind. Steigende Konzentrationen kann die Forschung aber ebenso wenig ausschließen wie Risiken, beispielsweise durch Langzeitwirkungen.

Sicher ist: Die Medikamente haben Auswirkungen auf die Tierwelt – je nach Wirkstoff und Konzentration können Missbildungen, Verhaltensänderungen und Wachstumsstörungen auftreten.

Forscher beobachten zum Beispiel inzwischen häufiger, dass männlichen Fischen weibliche Geschlechtsorgane wachsen. Sie vermuten, dass die Östrogene, die von der Anti-Babypille überbleiben, dafür verantwortlich sind.

Die Kläranlage Warstein

Gegen Arzneimittelrückstände hilft auch kein Klären

Experten haben herausgefunden, dass sich Grippewellen anhand von Wasserproben nachvollziehen lassen, weil dann der Anteil von Hustensäften und anderen Erkältungsmedikamenten im Abwasser deutlich erhöht ist.

Seit der COVID-19-Pandemie wird das Abwasser-Monitoring verstärkt eingesetzt, um ein Ansteigen der Infektionszahlen früher erkennen zu können.

Die vierte Reinigungsstufe – eine Frage des Geldes

Eine Lösung für das Problem der Medikamentenrückstände wäre die vierte Reinigungsstufe in Klärwerken. Die ersten drei Stufen arbeiten mechanisch, biologisch und chemisch. Sie sind jedoch nicht in der Lage, Mikroverunreinigungen durch Medikamente völlig zu beseitigen.

Hierfür würden Verfahren benötigt, die schon existieren, die jedoch die Abwasseraufbereitung für die Verbraucher teurer machen würden: beispielsweise Nanofilter, Aktivkohlefilter, Bestrahlung mit Ultraviolettem Licht, Anwendung des Oxidationsmittels Ozon.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft schätzt, dass die Verbraucher bei einer vierten Reinigungsstufe im Klärwerk rund 17 Prozent mehr für ihr Abwasser zahlen müssten.

PFC im Trinkwasser

Eine vierte Reinigungsstufe gibt es inzwischen in Baden-Baden und in Rastatt. Mit Aktivkohlefiltern wird dort die gesundheitsschädliche Chemikalie PFC (Per- und polyfluorierte Chemikalien) aus dem Grundwasser gefiltert.

2013 war die Stoffverbindung im Trink- und im Grundwasser in Mittelbaden entdeckt worden. Brunnen mussten stillgelegt werden, Böden und Pflanzen waren verseucht. Im Lauf der Jahre breitete sich das PFC über das Grundwasser in der Region immer weiter aus.

Ursache waren belastete Papierschlämme, die auf Äckern verteilt worden waren. Inzwischen ist bekannt: Auch in Gegenden mit Militär- und Industriestandorten gibt es PFC-Belastungen.

PFC sind künstlich hergestellte Stoffe, die verwendet werden, wenn Produkte wasser-, schmutz- und fettabweisend sein sollen. Das können Lebensmittelverpackungen sein, Outdoorbekleidung, Teflonpfannen, Imprägniermittel und vieles mehr.

PFC stehen im Verdacht krebserregend zu sein. Sie beeinflussen den Stoffwechsel, die Fruchtbarkeit von Männern und Frauen. Möglicherweise schwächen sie auch die Wirkung einzelner Impfungen ab. Obwohl das Problem bekannt ist, gibt es bundesweit kein flächendeckendes Monitoring, um PFC im Grundwasser – und damit im Trinkwasser – zu entdecken.

Drogen im Abwasser

Planet Wissen 08.05.2020 03:12 Min. UT Verfügbar bis 17.06.2024 WDR Von Mathias Tertilt

(Erstveröffentlichung: 2012. Letzte Aktualisierung: 27.07.2022)

Quelle: WDR

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