Xylografie(Holzschnitt): Michael Gaismair und Peter Pässler bei einer Besprechung

Der Bauernkrieg

Der Bauernführer Michael Gaismair

Ab 1525 tobte der Bauernkrieg in Süddeutschland und den Alpenländern. Schon bald wehrten sich auch die Bauern und Bergknappen in Tirol. Einer, der sich an ihre Spitze stellte, war der Hauptmann Michael Gaismair.

Von Horst Basting

Eine bürgerliche Karriere

Im Jahr 1490 wird Michael Gaismair in eine wohlhabende Bauern- und Bergbaufamilie in Tschöfs bei Sterzing geboren. Er macht eine bürgerliche Karriere: Er besucht die Lateinschule in Sterzing, studiert Jura, arbeitet nach seinem Abschluss als Schreiber im Bergbau und später in den Diensten des Landeshauptmanns Leonhard von Völs in der Landesverwaltung von Tirol.

Gaismair macht Karriere. Er wird 1524 zum Hauptmann ernannt, ein Rang, der zu dieser Zeit vor allem dem Adel vorbehalten ist.

Durch seine Arbeit wird Gaismair mit dem schweren Leben und der Ausbeutung der einfachen Leute konfrontiert. Gaismairs Vorgesetzter Leonhard von Völs hat keinerlei Verständnis für deren Probleme – er unterdrückt die Bauern und bereichert sich auf deren Kosten.

Zu dieser Zeit schlägt sich Gaismair möglicherweise in seiner politischen Überzeugung schon auf die Seite der Bauern. Seine Karriere endet plötzlich, weil er Geld unterschlagen haben soll. Er verliert seine Anstellung und bekommt einen Posten als Schreiber beim Erzbischof von Brixen – eine vergleichsweise unbedeutende Arbeit.

Der Bauernaufstand in Brixen

In Brixen wird Michael Gaismair mit dem Fall des Peter Pässler konfrontiert. Der Fischer wehrt sich gewaltsam gegen den Entzug der Fangrechte, er wird gefangengenommen und zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung soll am 9. Mai 1525 stattfinden.

Doch dazu kommt es nicht, weil bewaffnete Bauern Pässler befreien. In der Folge bricht ein Aufstand aus. Die Bauern plündern die Häuser wohlsituierter Brixener Adliger, erstürmen die Hofburg und das Kloster Neustift.

Gaismair schließt sich den Aufständischen an. Ein Mann mit militärischen Kenntnissen wird dort gut gebraucht, und prompt wählt man ihn zum Hauptmann. Als Führer der Bauern verhandelt Gaismair mit dem Tiroler Regenten Erzherzog Ferdinand I., der Landtag wird einberufen und etliche Forderungen der Bauern werden zunächst einmal erfüllt.

Doch dann kommt es zu einer dramatischen Wende. Der Erzherzog lässt Gaismair verhaften, distanziert sich von allen Zugeständnissen und geht gewaltsam gegen die Bauern vor. Einige Monate später gelingt Gaismair die Flucht in die Schweiz.

Holzschnitt: Zug der bewaffneten Bauern

Die aufständischen Bauern in Tirol

Die Tiroler Landesordnung

Gaismair zieht nach Zürich, wo er Bekanntschaft mit dem Reformator Ulrich Zwingli macht. Der Zürcher Reformator ist im Gegensatz zu Martin Luther der Überzeugung, dass die Bibel durchaus auch als Wegweiser für ein gutes Leben auf der Erde gelten sollte. Sein Denken hat schon die Bauern in Süddeutschland in ihrem Handeln beeinflusst.

Gaismair hatte ursprünglich durchaus Verständnis für die Situation der Herrschenden und war an einem gemäßigten Kurs interessiert. Enttäuscht vom Verrat des Erzherzogs Ferdinand I. an den Bauern, wird er zu einem radikalen Denker.

In seinem Entwurf einer Landesordnung ist die Handschrift Zwinglis durchaus zu erkennen. Gaismair will eine Gesellschaft ohne Privilegien. Adel und Klerus sollen komplett abgeschafft werden.

In seinem Entwurf propagiert Gaismair eine christliche Republik, in der die Menschen ihre Regierung und ihre Richter frei wählen. Alle Gesetze basieren auf dem Wort Gottes. Die Gemeinden sollen sich selbst verwalten. Arme und Kranke werden vom Staat unterstützt. Brixen soll Hauptstadt und Trient das Handwerkszentrum werden. Binnenzölle werden komplett abgeschafft, dafür werden aber an den Landesgrenzen Außenzölle erhoben.

Gaismair gehört zu den wenigen Bauernführern, die ein politisches Konzept haben. Sein Entwurf einer freien Bauernrepublik ist einzigartig in der Zeit der Bauernkriege.

Der Aufstand und das Attentat

Im Frühjahr 1526 kommt es zu Bauernaufständen in Salzburg. Gaismair kommt den Aufständischen zu Hilfe und übernimmt deren Führung. Nach anfänglichen Erfolgen werden die Aufständischen aber bei der Belagerung von Radstadt geschlagen.

Gaismair muss mit 1500 Gefolgsleuten fliehen, sie finden Asyl in der Republik Venedig. Von dort aus versucht er seinen Freiheitskampf fortzusetzen.

Erzherzog Ferdinand I. hat zwischenzeitlich ein Kopfgeld auf Michael Gaismair ausgesetzt. Am 15. April 1532 ist einer von vielen Anschlägen erfolgreich: Gaismair wird in seinem Palais in Padua von drei Männern erstochen.

Quelle: SWR | Stand: 09.04.2020, 14:30 Uhr

Darstellung: