Ein Ammonit.

Deutschland in der Urzeit

Fossilien – Spuren im Stein

Der Weg des Lebens vom Einzeller zu immer komplexeren Formen ist ein faszinierendes Geheimnis. Die Paläontologen versuchen, das Dunkel der Jahrmillionen zu durchdringen. Dabei helfen ihnen Versteinerungen und feine Messmethoden, aber auch lebende Fossilien, die sich seitdem kaum verändert haben.

Von Ernst Pattas

Fossilien

Versteinerungen ausgestorbener Pflanzen und Tiere geben Auskunft über das Alter und die Entwicklungsgeschichte des Lebens auf unserem Planeten. Mit kriminalistischem Spürsinn und immer feineren Methoden weisen die Paläontologen nach, dass alles Lebendige einem ständigen Wandel unterworfen ist.

Jede Kultur hat ihren eigenen Schöpfungsmythos, um sich die Wunder des Universums und des Lebens zu erklären. Im jüdisch-christlichen Kulturkreis waren die Menschen überzeugt, dass Gott die Welt in genau sechs Tagen und ein für allemal erschaffen habe. Pflanzen und Tiere hätten sich seitdem nicht verändert.

So stand es auch in der Bibel und man las sie als eine Art historischen Bericht. Da man zum Beispiel im Hochgebirge Muschelreste (Muschelkalk) fand, galt es als erwiesen, dass das Wasser der Sintflut tatsächlich alle Berge der Erde bedeckt hatte.

Die alten Griechen erkannten jedoch, dass alle Erscheinungen einer ständigen Veränderung unterliegen. Später fand man in Steinbrüchen die Abdrücke von Muscheln, Fischen und anderen Tieren, darunter solche, die es in dieser Form nicht mehr lebendig gab.

Eine neue Wissenschaft begann, die Geheimnisse ausgestorbener Lebensformen zu ergründen: die Paläontologie. Sie stützt sich vor allem auf Fossilien (lat. fossilis = ausgegraben), Versteinerungen von Organismen aus vergangenen Erdzeitaltern. Diese helfen ihr, ein ungefähres Bild von der Entwicklung der Natur zu gewinnen.

Freigelegte Fossilien in einer Steinplatte

Freigelegte Ammoniten und Belemniten in einer Steinplatte

Luftdicht konserviert

Fossilien entstehen vor allem dann, wenn absterbende Tiere oder Pflanzen auf den Boden sinken und von Ablagerungen bedeckt werden. Während sich die Weichteile des Körpers zersetzen, bleiben das Skelett oder der Panzer erhalten.

Luftdicht abgeschlossen versteinern sie unter dem wachsenden Druck der darüber lagernden Erdschichten, bis sie durch Zufall (Erdarbeiten, Kohlebergbau) wieder ans Tageslicht kommen. Kleine Lebewesen können auch durch das versteinerte Harz der Bäume (Bernstein) oder im ewigen Eis eingeschlossen sein und so für Jahrmillionen konserviert werden.

In einem ovalen Bernstein befindet sich relativ mittig ein großer dunkler Käfer.

Bernstein mit eingeschlossenem Insekt

Kalender der Vergangenheit

Der Paläontologe interessiert sich zunächst vor allem für das Alter eines Fossils. Dazu untersucht er den Ort und die Tiefe, in der es gefunden wurde. Die einzelnen Erdschichten sind eine Art geologischer Kalender. In der Regel gilt: Je tiefer das Fossil vergraben war, desto älter ist es auch.

Genauere Erkenntnisse gewinnt man durch die sogenannte C14-Methode. Die Atome dieser Kohlenstoffgruppe nehmen mit einer messbaren Geschwindigkeit ab, sobald ein Organismus gestorben ist. Nach 5570 Jahren ist genau die Hälfte der Atome zerfallen (Halbwertszeit). Mit dieser Methode kann man etwa 30.000 Jahre überblicken, mit einer Unschärfe von etwa 1000 Jahren.

Weiter zurück in die Vergangenheit führt die Zerfallszeit des Uran, das im Gestein enthalten ist. So glauben die Forscher, dass das Leben auf unserer Erde vor rund 4,5 Milliarden Jahren entstanden ist.

Aufstieg und Fall

Sobald er das Alter eines Fossils ermittelt hat, vergleicht es der Paläontologe mit anderen Funden. Dabei ergeben sich Informationen über die Verbreitung eines Lebewesens, seine Verwandtschaft mit anderen Lebewesen und seine Veränderungen im Laufe der Zeit.

So entsteht ein weit verzweigter Stammbaum der erforschten Lebewesen. Er macht ihre Entwicklungslinien anschaulich und zeigt, dass Arten, die auf den ersten Blick scheinbar nichts miteinander zu tun haben, genetisch verwandt sind und gemeinsame Vorfahren haben.

Man kann gut erkennen, dass fast alle Arten ihre Hochzeiten hatten, das heißt Perioden, in denen sie sich besonders erfolgreich behaupten und vermehren konnten. Dann genügte vielleicht ein Klimawechsel (Eiszeit) oder eine kosmische Katastrophe (zum Beispiel der Einschlag eines großen Meteoriten) um sie zu vernichten. Viele Arten sind inzwischen ausgestorben, wahrscheinlich mehr als heutzutage noch existieren.

Bernstein-Inklusen

Von Gregor Delvaux de Fenffe (SWR)

Insekten im goldgelben Schmuckstein

Eine der bedeutendsten Inklusensammlungen der Welt befindet sich im Bernsteinkabinett des Naturkundemuseums in Stuttgart. Hier sieht man einen dominikanischen Bernstein mit einer Zikade und einer kleinen Gallmücke darin.

Detail eines Libellenflügels in einem dominikanischen Bernstein.

Eine Gottesanbeterin in einem dominikanischen Bernstein.

Brutfürsorge vor Jahrmillionen: Rettungstransport von Ameisenlarven.

Ein Pilzmücken-Weibchen in einem baltischen Bernstein, das noch seine Eier auspresste, bevor es verendete.

Hinterfüße und Schwanz eines kleinen Kugelfingergeckos in einem dominikanischen Bernstein.

Abdruck eines Geckokopfes in einem dominikanischen Bernstein.

Ein kleiner Laubfrosch in einem dominikanischen Bernstein.

Ein Ameisen-Massenfang in einem dominikanischen Bernstein: Etwa 2000 winzige Ameisen liegen in mehreren Schichten übereinander.

Eine Vogelfeder in einem baltischen Bernstein.

Ein großer Rüsselkäfer eingeschlossen in einem baltischen Bernstein.

Ein großer Laubmoosfächer in einem dominikanischen Bernstein.

Ein dominikanischer Bernstein, in dem das Blatt des Bernsteinbaumes zu erkennen ist.

Quelle: WDR | Stand: 14.07.2020, 13:46 Uhr

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