Hand mit Flachpinsel neben einem menschlichen Unterkiefer im Erdreich

Archäologie

Methoden der Archäologie

Die Archäologie verbindet unterschiedliche Gebiete der Natur- und Kulturwissenschaften. Mit kriminalistischem Gespür werden selbst kleinste Spuren untersucht und interpretiert.

Von Uwe Gradwohl, Ulrich Neumann und Tobias Aufmkolk

Archäobotanik

Überall dort, wo Menschen sich angesiedelt haben, Nahrung zubereitet oder Lebensmittel gespeichert haben, finden sich heute noch Spuren in Form von Pflanzenresten.

Diese können über lange Zeit durch Verkohlen, Trocknen oder feuchte Lagerung unter Luftabschluss konserviert werden. Allerdings: Die pflanzlichen Überreste sind meist so klein, dass sie bei konventionellen archäologischen Grabungen leicht übersehen werden.

Archäobotaniker bergen Pflanzenreste, die sich zum Beispiel durch Trockenheit, Eis, Salze oder auch nur als Abdrücke auf Gefäßen erhalten haben. Neben größeren Vegetationsteilen wie Früchten, Samen oder Holzresten geben auch Reste von Pollen und Sporen wertvolle Hinweise auf die Pflanzenwelten vergangener Zeiten.

Daraus lassen sich dann die Ernährungsgewohnheiten und Anbaumethoden der Menschen in der jeweiligen Siedlung rekonstruieren. Inzwischen gehören archäobotanische Untersuchungen zum Standard bei archäologischen Grabungen.

Wilder Weizen auf einem Feld

Pflanzenteile geben Aufschluss

Luftbildarchäologie

Aus der Höhe können viele Strukturen erkannt werden, von denen man in Bodennähe nichts bemerkt. Anhand von Satellitenbildern und Aufnahmen aus Flugzeugen können Luftbildarchäologen selbst vollständig verschüttete, ehemalige Siedlungsanlagen entdecken. So wächst zum Beispiel über Mauerresten die Vegetation anders als um sie herum.

Manchmal genügt schon der Blick von einer Erhöhung auf ein Getreidefeld, und man erkennt an den unterschiedlichen Wuchshöhen der Pflanzen unterschiedliche Bodenzusammensetzungen, die auf die frühere Bebauung des Gebietes hinweisen.

Betrachtet man eine verschneite Landschaft aus der Luft, kann man auch anhand von Schneeverwehungen Denkmäler im Boden erkennen.

Oft wird erst durch die Analyse von Luftbildern klar, ob sich eine Ausgrabung lohnt. Wenn etwa eine aus der Luft erkennbare verschüttete Straße zu einem Hügel führt, dann ist zu vermuten, dass der Hügel eine frühere Bedeutung hatte, zum Beispiel als Grabkammer oder Wohnhaus.

Luftbild: Ein Fundament in einem Feld, umgeben von einem bewachsenen Erdwall

Aus der Luft werden verschwundene Bauwerke sichtbar

Dendrochronologie

Die sogenannte Dendrochronologie macht sich zunutze, dass sich in Baumstämmen im Laufe der Jahre ein typisches Muster ausbildet. Jedes Jahr entsteht in einem Baumstamm ein neuer Ring, der sogannnte Jahresring. Jahre, in denen die Wachstumsbedingungen für den Baum gut waren, sind im Stamm als breitere Ringe zu erkennen.

Bäume, die in derselben Gegend gewachsen sind, entwickeln also ähnliche Ringmuster. Das Muster eines einzelnes Baumes deckt dabei beispielsweise einen Zeitraum von 50 Jahren ab.

Diese Zeitspanne kann ausgedehnt werden, indem man Überlappungen mit Ringsequenzen von anderen Bäumen sucht und so die Muster immer älterer Holzproben nach und nach in die richtige zeitliche Abfolge bringt.

Liegt für eine bestimmte Region, zum Beispiel für Skandinavien, dieses dendrochronologische Muster einmal vor, kann jede Holzprobe damit verglichen und folglich auch einer bestimmten Zeit zugeordnet werden.

Jahresringe

Jahresringe verraten viel über die Vergangenheit

Archäometallurgie

Unsere Vorfahren haben Metalle in verschiedener Weise bearbeitet. Sie haben sie geschmiedet, gegossen, geglüht oder andere Arbeitstechniken verwendet. Das Hämmern und Glühen hinterlässt im Kerngefüge der Metalle typische Spuren, die unter dem Mikroskop gefunden werden können.

Ähneln sich diese Spuren an Proben von weit auseinanderliegenden Fundorten, so kann man annehmen, dass die Stücke aus ein und derselben Region oder gar aus derselben Werkstatt stammen. Und natürlich können auch Rückschlüsse auf die Qualität und die Art der Entstehung einzelner Werkstücke gezogen werden.

Kurz gesagt: Die Archäometallurgie verrät uns vieles über die Kunst der Metallverarbeitung und die Handelsbeziehungen früher Kulturen.

Eine zerbrochene Vase, daneben viele antike Goldmünzen

Wie wurde das Metall bearbeitet?

Konservierung von Holz

Archäologisches Holz ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Während bei frischem Holz die Zellwände eine dicke Schicht bilden, sind sie bei Holz, das Jahrtausende im Nassen lagerte, durch Bakterienfraß stark ausgehöhlt.

Die Hohlräume sind mit Wasser gefüllt, das beim Trocknen verdunstet. Die Folge: Die Zellwände brechen zusammen, das Holz schrumpft und verliert seine ursprüngliche Form.

Um archäologisches Holz zu konservieren, muss es im Nassholzlabor in einem langwierigen Prozess in einem Tränkbad behandelt werden. Dabei verwendet man heute wasserlösliches Polyethylenglykol (PEG). Das Kunstwachs dringt in das wassergefüllte Holz ein und füllt nach und nach die Hohlräume aus.

Bei der anschließenden Trocknung sorgt das neue Stabilisierungsmittel im Holz dafür, dass die Zellwände nicht zusammenbrechen. Die Korngröße der PEG-Moleküle, die Konzentration und die Temperatur des Tränkbades müssen dabei auf jede einzelne Holzart abgestimmt werden.

Unterwasserarchäologie

Das Schatztauchen hat eine lange Tradition. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet vom Perser-König Xerxes, der schon 480 vor Christus den Auftrag erteilte, nach den Schätzen der vor der Halbinsel Magnesia gesunkenen persischen Flotte zu tauchen.

Die Unterwasserarchäologie ist dagegen eine vergleichsweise junge Disziplin. Erst mit dem Einsatz moderner Tauchtechnik gelang es, auf dem Grund von Seen, Flüssen und Meeren nach den Spuren versunkener Welten zu suchen.

Bereits 1854 ließ sich der Schweizer Archäologe Karl Adolph von Morlot eine Tauchkappe anfertigen, die über einen Schlauch mit einer Art Fahrradpumpe verbunden war und den Taucher mit Luft versorgte.

Damit ließ Morlot die ersten Tauchgrabungen im Genfer See durchführen. Knapp 100 Jahre später revolutionierte der französische Tauchpionier Jacques-Yves Cousteau auch die Unterwasserarchäologie.

In den 1950er-Jahren unternahm er vom Forschungsschiff Calypso aus gemeinsam mit Archäologen zahlreiche Tauchgänge zu versunkenen Wracks. So entdeckte Cousteau zum Beispiel 1952 vor der Küste Marseilles ein sehr gut erhaltenes Handelsschiff aus der Antike.

Mittlerweile ist die Unterwasserarchäologie, bei der auch vermehrt Tauchroboter eingesetzt werden, zu einem festen Bestandteil der archäologischen Forschungen geworden. Denn unter Wasser sind manche Fundstücke – wenn sie einmal mit Sediment überlagert wurden – viel besser erhalten, da sie deutlich weniger Störungen als an Land ausgesetzt waren.

Ein Taucher unter Wasser. Vor ihm ist ein großer Stein mit ägyptischen Schriftzeichen zu sehen.

Unterwasserarchäologie ist eine junge Disziplin

Experimentelle Archäologie

Manche Funde geben den Archäologen Rätsel auf. Wie hat die Gerätschaft oder das Bauwerk ursprünglich einmal ausgesehen, wozu wurde es benutzt und wie wurden die Teile hergestellt? Manchmal liefert erst das Experiment eine plausible Erklärung.

Die experimentelle Archäologie versucht, das Alltagsleben unserer Vorfahren zu rekonstruieren. Da werden mit nachgebauten Steinäxten Bäume gefällt oder mit Steinbeilen Einbäume gezimmert.

Es wird Brot gebacken, Hirsebrei gekocht, geschmiedet, gesponnen oder Feuer gemacht - und das alles mit den ursprünglich verfügbaren Arbeitsgeräten und Werkstoffen.

Die experimentelle Archäologie hat vor allem in den angelsächsischen und skandinavischen Ländern eine lange Tradition. Schon 1879 errichtete der dänische Amateurarchäologe Frederik Sehested mit steinzeitlichen Werkzeugen ein Blockhaus und bewies somit, dass Holz auch ohne Metallwerkzeug professionell verarbeitet werden konnte.

Der bekannteste Vertreter der experimentellen Archäologie ist wahrscheinlich der Norweger Thor Heyerdahl. 1947 unternahm er seine weltberühmte Kon-Tiki-Expedition, auf der er mit einem selbst gebauten Floß aus Balsa-Holz von Südamerika aus über den Pazifik bis nach Polynesien segelte.

Heyerdahl wollte damit beweisen, dass die Inseln im Pazifik von Südamerika aus besiedelt wurden. Der 1951 erschienene Dokumentarfilm über die Expedition erhielt sogar einen Oscar.

Thor Heyerdahl auf seinem Floß "Kon-Tiki" im Jahr 1947

Mit dem Floß über den Pazifik

Quelle: SWR / WDR | Stand: 11.12.2019, 13:42 Uhr

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