Ein Mann macht eine Yoga-Übung.

Chronische Schmerzen

Entspannungstechniken gegen Schmerzen

Wer unter chronischen Schmerzen leidet, sollte nicht nur auf Schmerzmittel setzen. Auch Entspannungstechniken helfen gegen verkrampfte Muskulatur, sorgen für Ruhe und Ausgeglichenheit und können Patienten das Leben erheblich erleichtern.

Von Jochen Zielke

Entspannungstechniken sind nicht immer leicht zu erlernen, ersparen bei chronischen Schmerzen aber möglicherweise einige Tabletten. Aus der verhaltenstherapeutischen Schmerzbewältigung sind sie heute nicht mehr wegzudenken. Entspannungstechniken helfen gegen verkrampfte Muskulatur und sorgen für Ruhe und Ausgeglichenheit.

Fakire verdrängen den Schmerz

Natürlich kennen auch Fakire Schmerz, nur reagieren sie nicht so empfindlich auf Schmerzreize wie normale Menschen. Fakir-Techniken zur Schmerzbewältigung beruhen auf Entspannung.

Fakire lernen den Schmerz zu ertragen. Sie trainieren, den Schmerz nicht mehr wahrzunehmen und in völliger Ruhe und körperlicher Entspannung ihre Kunststücke durchzuführen. Man könnte vielleicht das Verhalten der Fakire, ihre Einstellung und ihren Umgang mit Schmerzen als kurioses, wenn auch extremes Beispiel für "Schmerzmanagement" ansehen.

Es gibt heute eine ganze Reihe von sinnvollen und relativ leicht erlernbaren Entspannungstechniken, die mittlerweile nicht nur Fakire im Training einsetzen – Verfahren, die speziell für die Schmerztherapie entwickelt wurden. Neben Meditation, Yoga und anderen Techniken stehen folgende Techniken heute im Blickpunkt.

Autogenes Training

Ein Großteil unserer körperlichen Reaktionen wird über das vegetative Nervensystem gesteuert, also unwillkürlich. Autogenes Training kann helfen, diese physiologischen Prozesse zu beeinflussen. Das Verfahren basiert auf Autosuggestion. Mithilfe der eigenen Vorstellungsgabe lassen sich körperliche Reaktionen steuern.

In der Regel konzentriert man sich bei den jeweiligen Übungen auf einzelne Körperteile und spricht Entspannungsformeln wie "der Arm wird schwer" oder "die Atmung ist ruhig und regelmäßig" – so lange, bis sich der Zustand tatsächlich einstellt oder empfunden wird.

Manche schaffen es, autogenes Training über Bücher oder CDs selbst zu lernen. Erfolgversprechender sind aber wohl Gruppenkurse unter professioneller Anleitung. Letztendlich geht es ja bei allen Entspannungstechniken auch um eine Veränderung der inneren Einstellung, die oft nicht ganz leicht fällt. Mitunter kann es Monate bis Jahre dauern, ehe sich Erfolge einstellen.

Frau liegt auf einer Sportmatte und entspannt sich.

Autogenes Training geht allein oder in der Gruppe

Muskelentspannung nach Jacobson

Das Verfahren, entwickelt vom amerikanischen Nervenarzt Edmund Jacobson, ist vielleicht der schnellste Weg zur Entspannung. Auch hier geht es um die Wahrnehmung des eigenen Körpers, um sensible Reaktionen auf Veränderungen im eigenen Körper.

Progressive Muskelentspannung bedeutet: Anspannung der Hauptmuskelgruppe und anschließende Entspannung. Man soll Verspannungen auf diesem Weg schneller bemerken und im positiven Sinn beeinflussen können. Entspannung und damit Ausgeglichenheit konkurriert sozusagen mit dem Schmerzerleben.

Auch die Muskelentspannung nach Jacobson sollte unter professioneller Anleitung erlernt werden. 20 Minuten tägliches Training kann vor allem Migräne und chronische Kopfschmerzen sehr erfolgreich eindämmen.

Biofeedback

Biofeedback ist ebenfalls eine spezielle Form der Entspannung. Dabei wird allerdings ein Computer zu Hilfe genommen. Der Patient wird über Elektroden mit dem Computer verbunden. Die Elektroden messen Muskelspannung, Herzschlag, Blutdruck und Hauttemperatur und leiten die Daten an den Rechner weiter.

Eine spezielle Software analysiert die Messdaten und verwandelt sie in optische und/oder akustische Signale. Diese wiederum versucht der Patient willentlich in seinem Sinn zu beeinflussen.

Durch die optischen und akustischen Rückmeldungen bekommt er sofort Hinweise über den Erfolg seiner Strategien und Bemühungen. Über diese Rückkopplung können unbewusst ablaufende Körperfunktionen sehr gut beeinflusst werden, zum Beispiel die Anspannung der Muskulatur an Blutgefäßen.

Ein Vorteil: Das Verfahren ist sehr schnell zu erlernen und die Erfolgsquote bei Spannungskopfschmerzen und Migräne wird auf circa 60 Prozent geschätzt. Nach circa 10 bis 15 Therapiesitzungen soll das Verfahren auch zu Hause – ohne Computerunterstützung – zur schnellen Entspannung führen.

Aufzeichnung eines EKGs.

Auch ein EKG kann zum Biofeedback gehören

Hypnose

Hypnose ist eine Form der Verhaltenstherapie im Kampf gegen chronische Schmerzen. Mithilfe eines speziell für den Patienten erstellten und auf Band gesprochenen Textes, der die typischen Schmerzsituationen des Patienten berücksichtigt, beginnt eine Reise in die Fantasie, in angenehme Situationen, in einen Zustand tiefer Entspannung. Schmerzerlebnisse werden so in den Hintergrund gedrängt.

Selbsthypnose kann man in neun wöchentlichen Sitzungen erlernen. Zu Hause müssen die Patienten in der Regel während dieser Phase täglich zwei mal 20 Minuten üben, um das Programm so zu verinnerlichen, dass sie keine externe Hilfe mehr brauchen.

Nach Angaben von Vertretern des Instituts für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Göttingen lassen sich auf diese Weise nicht nur Schmerzen erheblich reduzieren, sondern auch die Einnahme von Medikamenten. Sogar gegen gleichzeitig vorhandene Depressionen habe die Selbsthypnose geholfen.

Der wohl beeindruckendste Hinweis für die Wirkung von Hypnose kommt aus Zahnarztpraxen. Hier wurden ohne besondere Betäubungen, aber mit Hypnose-Unterstützung schon schmerzfrei Zähne gezogen.

Ein Mann spricht mit einer Frau, die auf einer Liege liegt und hält ihre Hand dabei hoch

Mit Hypnose in einen Zustand tiefster Entspannung

Quelle: SWR | Stand: 25.05.2020, 11:45 Uhr

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