Abnehmen durch die Kraft der Gedanken

Planet Wissen 23.08.2023 02:46 Min. Verfügbar bis 09.07.2025 SWR

Gedächtnis

Mindset-Forschung – die Macht der Gedanken

Die Macht der Gedanken ist größer, als es den meisten Menschen bewusst ist. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler, die den Einfluss unseres Denkens auf Gesundheit, Wohlbefinden und Vitalität in verschiedenen Experimenten untersucht haben.

Von Angelika Wörthmüller

Abnehmen mit Gedankenkraft

Schon der Glaube ans Abnehmen hilft beim Abnehmen – das zeigt ein wissenschaftliches Experiment mit 84 Zimmermädchen, das Ellen Langer und ihr Team von der Harvard-Universität in sieben US-amerikanischen Hotels machten.

Alle Zimmermädchen wurden zunächst medizinisch untersucht sowie gewogen und dann zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Der einen, "informierten", Gruppe erzählten die Forscher, dass die tägliche Arbeit des Reinigens, Betten-Beziehens und Staubsaugens genug Kalorien verbrenne, um der allgemeinen Empfehlung für einen gesunden, aktiven Lebensstil zu entsprechen. Es wurde vorgerechnet, dass zum Beispiel 15 Minuten Staubsaugen 50 Kalorien und 15 Minuten Badputzen 60 Kalorien verbrennen, und ein entsprechendes Informationsblatt ausgehängt.

Die andere Gruppe bekam diese Informationen nicht. Dieser Kontrollgruppe wurde nur gesagt, die Studie untersuche den Gesundheitsstatus von Zimmermädchen. Alle Zimmermädchen wurden aufgefordert, ihren Lebensstil während des Untersuchungszeitraumes beizubehalten.

Nach vier Wochen fand eine erneute Gesundheitsuntersuchung statt – und ergab auffällige Unterschiede. Die Zimmermädchen in der "informierten" Gruppe hatten im Schnitt 800 Gramm abgenommen. Blutdruck und Körperfettanteil hatten sich außerdem gesenkt. Die Zimmermädchen gaben in Fragebögen an, dass sie ihrer Einschätzung nach mehr körperliche Bewegung bei der Arbeit gehabt hatten – obwohl sie exakt die gleiche Anzahl von Zimmern putzten wie vorher.

In der Kontrollgruppe gab es diese Veränderungen nicht. Dieses Ergebnis deutet für die Forscher darauf hin, dass schon allein der Glaube an zusätzliche Bewegung körperliche Wirkungen auslösen kann.

Placebos können Schmerzen lindern

Planet Wissen 20.04.2023 04:09 Min. Verfügbar bis 09.07.2025 SWR

Mit Scheinpillen gegen Schmerzen

Auch Medikamente können die Kraft der Gedanken stimulieren – zum Beispiel bei der Volkskrankheit Rückenschmerzen, bei der Patienten oft dauerhaft Schmerzmittel brauchen und meist nur wenige Therapie-Alternativen vorhanden sind. Die Ergebnisse einer Studie der Universitätsklinik Essen sind deshalb umso beachtlicher.

Darin untersuchten die Wissenschaftler 122 Patienten, die alle länger als drei Monate an Rückenschmerzen litten und regelmäßig Medikamente nahmen. Die Hälfte der Patienten bekam ein sogenanntes offenes Placebo – also eine Pille, von der sie wussten, dass sie keinen Wirkstoff enthielt. Die andere Hälfte bekam nichts außer der bisherigen Medikation.

Drei Wochen später stellte sich heraus: Die Patienten, die zusätzlich Placebos bekommen hatten, berichteten von geringeren Rückenschmerzen und größerer Beweglichkeit. Jeder Mensch habe ein körpereigenes System zur Schmerzlinderung, erklärt die Leiterin der Studie, Prof. Ulrike Bingel. Offenbar ist dieses System durch pure Placebo-Gabe aktivierbar.

Wie das Immunsystem von Placebos profitiert

Planet Wissen 23.08.2023 05:58 Min. Verfügbar bis 09.07.2025 SWR

Ein grünes Getränk ersetzt hochwirksame Medikamente

Placebos können sogar Medikamente, die das gesamte Immunsystem unterdrücken, teilweise ersetzen. Das hat Prof. Manfred Schedlowski in einem Experiment gezeigt. Dafür mixte er selbst ein Placebo an: ein grünes Getränk mit auffällig fremdartigem Geschmack. Das gab er zusammen mit einem Immunsuppressivum gesunden Testpersonen. Ein Immunsuppressivum unterdrückt das Immunsystem; Menschen nach Organtransplantationen brauchen es, damit ihr Körper das fremde Organ nicht abstößt.

In dem Experiment reduzierte Prof. Schedlowski nach und nach den Wirkstoff, das Placebo-Getränk gab er weiter. Das Ergebnis: Allein das grüne Getränk löste schon eine beachtliche, das Immunsystem bremsende Wirkung, aus.

Einen Nachteil gibt es allerdings: Der Placebo-Effekt ist nicht von Dauer, er lässt nach einigen Wochen nach. Eine Kombination von Wirkstoff und Placebo war erfolgreicher. Manchmal reichten zehn Prozent des Wirkstoffes aus, den Rest erledigte das Placebo.

Noch ist unklar, wie diese Forschungsergebnisse in den Klinik-Alltag eingehen werden. Aber eine zusätzliche Placebo-Gabe könnte den Patienten eine Menge Nebenwirkungen ersparen.

Sich jung denken – so geht das!

Planet Wissen 20.04.2023 06:11 Min. Verfügbar bis 09.07.2025 SWR

Können wir uns jung denken?

Die meisten Menschen blicken eher pessimistisch aufs Alter – mit Angst vor Altersarmut und vor gesundheitlichen Einschränkungen. Von derart negativen Gedanken rät Alternsforscher Prof. Klaus Rothermund von der Universität Jena ab: "Die Gefahr ist, dass irgendwann aus diesen Bildern alter Menschen Alters-Selbstbilder werden", warnt er. "Dann wird das zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung", die das Denken, Fühlen und Handeln präge.

Unsere Gedanken über das Alter und das eigene Selbstbild beeinflussen auch, wie alt wir uns fühlen. Hierzu liegt eine schon etwas ältere Studie der US-amerikanischen Psychologin Ellen Langer vor. Sie schloss 1979 acht Männer im Alter zwischen Ende 70 und Anfang 80 in ein ehemaliges Kloster in New Hampshire ein, wo die Männer in speziellen Räumen lebten.

Vieles war so wie zu der Zeit, als sie zwanzig Jahre jünger waren: Es gab Bücher und Zeitschriften von früher, im Fernsehen liefen alte Serien. Eine Woche lang lebten die Männer in dieser Umgebung und sollten auch über Themen aus der früheren Zeit sprechen. So wie früher mussten sie sich sogar selbst um Essen und Abwasch kümmern.

Eine Kontrollgruppe aus ebenfalls acht Männern blieb zu Hause und wurde lediglich aufgefordert, sich einfach nur mit der Zeit um 1959 auseinanderzusetzen. Sieben Tage später fand die Vergleichsuntersuchung statt. Das Ergebnis: Die Männer, die in den veränderten Räumen lebten, hatten sich deutlich mehr verjüngt. Sie schnitten nicht nur bei Hör-, Seh- und Intelligenztests deutlich besser ab als die Kontrollgruppe, sondern waren auch beweglicher geworden.

Die Einstellung zum Alter, das zeigt diese Studie, spielt also eine große Rolle für das Erleben des Alters. Allerdings, sagt Altersforscher Rothermund, sei ein schlichtes Leugnen des Alterungsprozesses auch nicht förderlich. Offen sein für Neues, sich jung denken und sich etwas zutrauen, und gleichzeitig die Einschränkungen, die dennoch auftreten, so nehmen, wie sie sind – das scheint der goldene Mittelweg zu sein.

UNSERE QUELLEN

Quelle: SWR | Stand: 02.07.2020, 12:00 Uhr

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