Wie sähe eine Welt ohne Schnee aus?

Planet Wissen 02.02.2024 03:22 Min. UT Verfügbar bis 04.03.2027 WDR

Alpen

Winter ohne Schnee?

Die Erderwärmung ist inzwischen deutlich spürbar – vor allem im Winter. Die Durchschnittstemperaturen steigen in den Alpen an, der Schneefall geht zurück. Zusammengefasst bedeutet das: Weniger Frosttage, weniger Schnee und weniger Winter.

Von Anette Kolb

Mehr Regen

Die Jahresdurchschnittstemperatur steigt in den Alpen doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt. Das bedeutet, dass die globale Erderwärmung hier besonders deutliche Spuren hinterlässt: Die Zahl der winterlichen Frosttage geht zurück, es schneit weniger und regnet mehr – auch im Winter – und der Schnee bleibt weniger lang liegen. Für viele tiefer gelegene Skigebiete bedeutet das mittelfristig das Aus.

Um bis zu 20 Prozent haben in Süddeutschland zwar die Winterniederschläge in den Jahren von 1931 bis 2015 zugenommen, aber es regnet häufiger und schneit weniger. Eine Folge der Erderwärmung. Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts nehmen auf der gesamten Nordhalbkugel Schneefälle, die Ausmaße der Schneedecke und die Dauer der Schneesaison ab.

Jedes Jahrzehnt wird das Ausmaß der Schneedecke auf der Nordhalbkugel im Zeitraum März-April um ein bis zwei Prozent kleiner, alle zehn Jahre wird die Schneesaison um mehr als fünf Tage kürzer, stellt der jüngste Bericht des Weltklimarates fest. Und meint damit die Nordhalbkugel als Ganzes. Je südlicher die Region, desto stärker fallen die Veränderungen aus.

Wintersportgebiet ohne Schnee

Ausbau der Liftanlagen trotz immer weniger Schnee

Weniger Schnee

Die KLIWA-Studie des Bayerischen Landesamts für Umwelt zeigt, dass sich in Bayern allein von 1950 bis 1995 die Schneedeckendauer in niederen Lagen wie der Rhön um bis zu vierzig Prozent verkürzt hat, in mittleren Lagen um zehn bis zwanzig Prozent.

Studien in den Schweizer Alpen zeigen eine beständige Abnahme der Schneefälle seit den 1980er-Jahren, insbesondere unter 1.300 Metern Höhe. Die Null-Grad-Grenze im Winter ist dagegen von 1960 bis 1990 um 300 Meter gestiegen – auf 900 Meter Höhe. Und dabei wird es wohl nicht bleiben.

Schneereiche Winter nur die Ausnahme

Ob der besonders schneereiche Winter im Jahr 2017/2018 ein Ausreißer bleibt? Nach drei schneearmen Jahren hatte es in den Alpen im Winter 2017/2018 stark geschneit, vor allem von November bis Januar.

Der Schnee blieb überraschend lang liegen, das lasse sich laut der Auswertung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt vor allem durch die "relativ lang anhaltenden niedrigen Temperaturen im Frühling" erklären.

Der Januar war dennoch sehr warm, in den tieferen Lagen fiel der Niederschlag darum als Regen. Oberhalb von 1.500 Metern war dieser Winter in den Alpen der schneereichste seit 30 Jahren, stellte das Institut für Schnee- und Lawinenforschung in der Schweiz fest.

Unterhalb von 1.000 Metern fiel dagegen nur halb so viel Schnee wie im Durchschnitt. Im extrem warmen April schmolz der Schnee dann schneller als sonst ab.

Prognose steigende Durchschnittstemperatur Bayern

Die Prognose bis 2100

Wie sieht die Zukunft aus?

In einem sind sich alle Klima-Prognosen einig: Die Temperaturen werden steigen. Wie stark, fällt je nach Szenario unterschiedlich aus. Bis zur Mitte dieses Jahrhundert weichen die Klimamodelle noch wenig voneinander ab: Um etwa 1,5 Grad wird bis 2050 die Lufttemperatur im Jahresdurchschnitt steigen (im Vergleich zum langjährigen Mittel von 1961 bis 1990).

Bis zum Jahr 2100 gibt es deutlich unterschiedliche Prognosen. Zurückhaltende Modelle rechnen mit einem Temperaturanstieg von etwa zwei Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts, pessimistischere Hochrechnungen kommen auf eine Erwärmung um vier Grad und mehr.

Dabei wird weiterhin die Erwärmung im Winter stärker ausfallen als im Sommer. Und im Alpenraum durchschnittlich etwas höher. Das Bayerische Landesamt für Umwelt geht davon aus, dass in den bayerischen Alpen die Temperatur bis 2100 um 4,5 bis 5 Grad steigen wird.

Weniger weiß im Winter

In weiten Teilen Bayerns, besonders in tieferen Lagen, wird es dann seltener weiße Winter geben, auch wenn zunehmende Starkniederschläge lokal durchaus zu kurzfristig hohen Schneemengen führen können. Doch eine geschlossene Schneedecke über längere Zeit wird zur Seltenheit werden.

In höheren Lagen sieht es anders aus. Das Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung schätzt, dass die natürliche Schneedecke dennoch bis Ende des Jahrhunderts um 70 Prozent abnehmen wird. Für den Wintersport wird es zunehmend eng.

Schneefabrik

Planet Wissen 12.02.2020 05:14 Min. Verfügbar bis 12.02.2025 ARD-alpha

Die Langzeitfolgen des Schneemangels

Schnee ist nicht nur die Grundlage für Skifahrer, er ist auch wichtig für den Wasserhaushalt in den Bergen. Denn der Schnee in den Alpen reguliert den Wasserabfluss: Die hohen Niederschlagsmengen im Winter treffen erst verzögert im Tal ein, zum Teil mit der Schneeschmelze im Frühjahr.

Aber der Abfluss verteilt sich sogar über mehrere Monate, mit einer Abfluss-Spitze im Juni. Intakte Gletscher speichern die Niederschläge sogar dauerhaft. Fällt in den kommenden Jahren immer mehr Niederschlag in Form von Regen und nicht mehr als Schnee, wird dieser natürliche Schutz vor Hochwasser immer geringer.

Treffen im Frühjahr die häufiger werdenden Starkniederschläge mit der Schneeschmelze zusammen, kommt es in den Bergen zu mehr Lawinen und Murenabgängen, im Tal zu mehr Überschwemmungen. In einigen Tälern wird es dann für die Menschen, die dort leben, ungemütlicher.

Sie müssen mehr als bisher mit widersprüchlichen Extremen zurechtzukommen, zum Beispiel mit Wasserknappheit im Sommer und gleichzeitig mit reißenden Bergbächen, die die Dörfer überfluten.

Quelle: BR | Stand: 11.11.2019, 16:00 Uhr

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