Luftaufnahme der Stadt Catania auf Sizilien. Im Hintergrund der Ätna.

Meer

Mittelmeer

Der Mittelmeerraum ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort und ein beliebtes touristisches Ziel. Seine Küsten zieren wichtige Hafenstädte und die typische Mittelmeer-Flora. Seine Buchten und Strände sind Heimat von seltenen und bedrohten Tierarten.

Von Hernán J. Martín

Die Römer nannten es "Mare nostrum"

Handelsplatz, Erholungsgebiet, Industriestandort – das Mittelmeer ist für seine Anwohner seit jeher von großer Bedeutung. Wie wichtig das Gewässer für die Menschen in der Region ist, lässt sich an dem Wort "Mittelmeer" erkennen, das sich in jeder Sprache auf eine andere Weise verankert hat.

Die Römer – das einzige Volk, das jemals alle Gebiete rund um das Mittelmeer beherrschte – nannten es "Mare nostrum". Das bedeutet auf Latein "unser Meer". In vielen heute gesprochenen lateinischen Sprachen wie Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch leitet sich der Name von dem Begriff "mar medi terraneum" ab, das so viel wie "Meer inmitten des Landes" bedeutet. Auf Griechisch heißt es "Mesogeios Thalassa", was sich mit "Meer zwischen den Ländern" übersetzen lässt.

Andere Kulturen wählten ganz andere Namen. Die Ägypter bezeichnen das Mittelmeer als "das große Grüne", während es auf Arabisch "Zwischenmeer" (al-baḥr al-abyaḍ) heißt. Die Türken nennen es "Weißes Meer" (Akdeniz), im Gegensatz zum gegenüberliegenden Schwarzen Meer.

Küste mit dem Leuchtturm von Porto Cristo auf Mallorca.

Unser Meer, Weißes Meer, das Große Grüne – das Mittelmeer hat viele Namen

Ein Becken mit besonderer Lage

Das Mittelmeer ist eines der größten Meere der Welt, mit einer Fläche von mehr als zweieinhalb Millionen Quadratkilometern. Deutschland passt damit siebenmal in das Mittelmeer hinein.

Die Region erstreckt sich 4.000 Kilometer weit von der Straße von Gibraltar zwischen Spanien und Marokko im Westen bis zum Golf von Iskenderun in der Türkei im Osten. Von Nord nach Süd dehnt sich das Mittelmeer am weitesten zwischen Kroatien und Libyen auf einer Strecke von 800 Kilometern aus.

Vor fünf Millionen Jahren war dort, wo sich das Mittelmeer heute befindet, nur ein großes, trockenes Becken. Dann sanken die Erdplatten im westlichen Teil ab, wo sich heute die Straße von Gibraltar befindet. Der so gebildete Trichter ließ Wasser aus dem Atlantischen Ozean einströmen. In der Folge wurde das trockene, wüstenartige Becken mit Wasser geflutet und es entstand das Meer, das wir heute kennen.

Die Trichterform an der Straße von Gibraltar zwischen Spanien und Marokko ist bis heute erhalten und gibt dem Mittelmeer seine einzigartige Form und Eigenschaften. Die Meerenge bildet auch den schmalsten Punkt des Mittelmeers. Menschen, die dort an der Küste stehen, können das jeweils gegenüberliegende Land in nur 15 Kilometer Entfernung mit dem bloßen Auge erkennen.

Die Öffnung zum Atlantischen Ozean in Gibraltar ist die einzige natürliche Möglichkeit für das Mittelmeer, sein Wasser zu erneuern und wieder aufzufüllen – abgesehen von Regenfällen und Flüssen. Das Mittelmeer gilt daher als Binnenmeer. Seit dem Bau des Suezkanals im Jahr 1869 zwischen Port Said und Port Taufiq in Ägypten ist das Mittelmeer außerdem künstlich mit dem Roten Meer verbunden.

Ein Effekt der engen Verbindung mit dem Atlantik ist, dass das Wasser des Mittelmeers etwa 100 Jahre braucht, um sich zu erneuern. Das macht es sehr anfällig für Umweltkatastrophen. Es führt auch dazu, dass es im Mittelmeer kaum Ebbe und Flut gibt.

Ein weiteres typisches Merkmal des Mittelmeers ist sein Salzgehalt, der höher ist als in anderen Meeren. Der Grund dafür ist seine negative Süßwasser-Bilanz: Es verdunstet mehr Wasser, als durch Regen oder Flüsse hinzukommt.

Eine Karte des Mittelmeers.

Mehr als 20 Länder auf drei Kontinenten umgeben das Mittelmeer

Heimat von seltenen Pflanzen und Tieren

Obwohl das Mittelmeer nur ein Prozent der Meeresoberfläche der Erde ausmacht, beherbergt es zehn Prozent der biologischen Vielfalt der Meere weltweit. Insgesamt sind hier etwa 12.000 Arten zu finden – darunter Edelkorallen, Felsenkrabben und die Jakobsmuschel. Mehr Arten gibt es weltweit nur im australischen, japanischen und chinesischen Meer.

Schätzungsweise ein Drittel der Meereslebewesen im Mittelmeer sind endemisch. Das bedeutet, dass sie nur dort vorkommen. Zu diesen Arten gehört zum Beispiel die ikonische Mittelmeer-Mönchsrobbe, eine vom Aussterben bedrohte Robbenart.

Im Mittelmeer haben sich auch viele invasive Spezies verbreitet. Mehr als 700 Arten, darunter der Rotfeuerfisch oder der Skorpionfisch, stammen eigentlich aus anderen Meeren und bedrohen heimische Tiere und Pflanzen.

Das Mittelmeer besitzt ein nahezu einzigartiges Klima aus warmen, trockenen Sommern und milden, regenreichen Wintern. Ähnliche Bedingungen gibt es weltweit nur in einigen Regionen Kaliforniens, Chiles, Südafrikas und Australiens. Im Mittelmeer hat sich durch das Klima ein eigenes Florenreich entwickelt. In den höheren Lagen von etwa 500 bis 2.000 Metern befinden sich Nadelwälder aus Tannen, Zedern und Pinien.

Typische Pflanzen im westlichen Teil der Mittelmeerküsten sind Zwergölbäume, Korkeichen und die Dattelpalme – die einzige in Europa vorkommende Palmenart. Im zentralen Teil wachsen unter anderem Streifenfarne, Orchideen und Glockenblumen. An den östlichen Küsten finden sich Erdbeerbäume und der Strauch-Salbei.

Die wichtigste Unterwasserpflanze des Mittelmeers ist das Neptungras. Die von ihm gebildeten Seegraswiesen sind Brutplatz für zahlreiche Fische und Mikroorganismen. Außerdem speichern sie große Mengen an CO2 und schützen den Meeresgrund vor Erosion. Die Bedeutung des Neptungrases für das Ökosystem ist so groß, dass die Wiesen rund um die Balearen von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden.

Eine Mittelmeer-Mönchsrobbe schwimmt im Wasser.

Die Mittelmeer-Mönchsrobbe, eine der am stärksten bedrohten Arten der Region

Die Kulturen rund um das Mittelmeer

Einige der ältesten Städte der Menschheit entstanden in den Regionen des Mittelmeers. Athen, Jerusalem oder Beirut sind nur einige Beispiele. Hier entwickelten sich einige der wichtigsten Zivilisationen in der westlichen Geschichte – wie beispielsweise die der Phönizier, Griechen und Römer.

Das Mittelmeerklima hat bei der Besiedlung eine wichtige Rolle gespielt. Warme, trockene Sommer mit mäßig kalten und regnerischen Wintern sind ideal, um Weizen, Weintrauben und Oliven anzubauen. Diese Nahrungsmittel werden in allen Ländern der Region verwendet und ergeben drei wichtige Produkte der mediterranen Küche: Öl, Wein und Brot.

Die Olive – eine typische Mittelmeerfrucht

Planet Wissen 16.03.2023 03:44 Min. UT Verfügbar bis 20.01.2027 WDR Von Julia Waldmann

Heute hat das Mittelmeer mehr als 20 Anrainerstaaten auf den drei Kontinenten Europa, Afrika und Asien. Schätzungen zufolge leben rund 150 Millionen Menschen in der Mittelmeerregion. Trotz der vielen Einwohner, der langen Distanzen und der religiösen Unterschiede weisen die mediterranen Kulturen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf.

Als eine davon gilt die hohe Bedeutung vom gemeinsamen Essen und Trinken, das Familien, Nachbarn und Freunde zusammenbringt. In vielen Mittelmeer-Ländern wie Spanien und der Türkei werden verschiedene Speisen in die Mitte gestellt, die anschließend geteilt werden.

Dieser soziale Charakter der mediterranen Kulturen spiegelt sich auch in der Bedeutung bestimmter Plätze in Städten und Dörfern wider. Sie werden als zentraler Treffpunkt genutzt, an denen die Bewohner zusammenkommen und sich austauschen. Diese Form des geselligen Beisammenseins lässt sich mit den Agoras des antiken Griechenlands oder den Foren des Römischen Reiches vergleichen.

Geografische Fakten

  • Die fünf größten Städte: Kairo (Ägypten, 19,5 Millionen), Istanbul (Türkei, 15 Millionen), Alexandria (Ägypten, 5,1 Millionen), Izmir (Türkei, 4,4 Millionen), Algier (Algerien, 3,9 Millionen)
  • Die fünf größten Inseln: Sizilien (Italien), Sardinien (Italien), Zypern, Korsika (Frankreich), Kreta (Griechenland)
  • Die fünf Häfen mit dem größten Containerumschlag: Piräus (Griechenland), Valencia (Spanien) Algeciras (Spanien), Tanger (Marokko), Barcelona (Spanien)
  • Die fünf wichtigsten Zuflüsse: Rhone (Frankreich), Po (Italien), Nil (Ägypten), Ebro (Spanien), Drin (Albanien)
Grüne Oliven mit Olivenzweig in einer Holzschale und eine Flasche Olivenöl auf einem rustikalen Holzhintergrund.

Olivenöl ist ein typisches Lebensmittel der Mittelmeer-Küche

Der Mittelmeerraum heute: Handel und Tourismus

Die einzigartige Lage des Mittelmeers als Verbindung zwischen drei Kontinenten hat es historisch zu einem der Zentren des Welthandels gemacht.

Die geringen Strömungen und die im Vergleich zu anderen Meeren ruhigen Wetterbedingungen machen das Mittelmeer zu einem Gewässer, auf dem es sich vergleichsweise leicht navigieren lässt. Seine längliche und schmale Form macht es einfach, es von Norden nach Süden zu überqueren.

Die Phönizier waren die ersten großen Seefahrer auf dem Mittelmeer. Sie siedelten auf dem Gebiet des heutigen Libanons, mit angrenzenden Teilen des heutigen Syriens und Israels. Ab dem Ende des 2. Jahrtausends vor Christus verfügten die Phönizier über das notwendige Wissen, um Schiffe für längere Distanzen zu bauen. Damit ebneten sie den Weg für spätere Zivilisationen, Waren zu handeln und Kultur und Ideen auszutauschen.

Heute ist das Mittelmeer zwar nicht mehr das wichtigste Handelsmeer. Der globale Handel hat sich in Richtung Nordamerika und Asien verlagert. Dennoch ist das Mittelmeer nach wie vor das Gewässer, auf dem ein Drittel des Welthandels abgewickelt wird.

Die wichtigsten Eintrittstore für Schiffe sind die Straße von Gibraltar, die jährlich über 100.000 Schiffe durchqueren, und der Suezkanal mit einem Verkehrsaufkommen von 22.000 Schiffen pro Jahr.

Neben dem Handel ist der Tourismus ein bedeutender Wirtschaftssektor. Der Mittelmeerraum ist heute eines der beliebtesten Reiseziele der Welt. Fast jedes sechste Kreuzfahrtschiff weltweit fährt in diesen Gewässern und steuert mehrere der über 100 Kreuzfahrthäfen des Mittelmeers an – darunter Alicante in Spanien, Cannes in Frankreich und Istanbul in der Türkei.

Ein Containerschiff im Hafen von Rijeka in Kroatien.

Ein Drittel des Welthandels auf dem Seeweg wird über das Mittelmeer abgewickelt

(Erstveröffentlichung 2021. Letzte Aktualisierung 07.10.2021)

Quelle: WDR

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