Bonsai

Bäume

Bonsais

Die einen halten sie für überzüchtete Kunstprodukte, die anderen brechen bei ihrem Anblick in helle Begeisterung aus. Egal, wie man darüber denkt: Bonsais verbinden Natur und Kultur unmittelbar miteinander.

Von Rita Gudermann

Ein Leben in der Schale

Bonsais sind nicht etwa gedrungen wachsende Zwergsträucher, sondern echte Bäume. Häufig werden die Minibäumchen in flachen Schalen gezüchtet. Doch ihr Leben verläuft anders als das ihrer großen Geschwister.

Züchter beschneiden bereits die jungen Pflanzen regelmäßig mit Pinzette und Schere. Wurzeln und Zweige werden gekürzt, die Bäumchen mit Drähten in die gewünschte Form gebracht.

Ein kleiner Bonsaibaum wird mit Wasser gegossen.

Bonsais werden von klein auf anders gepflegt als große Bäume

Als besonders geschickt gilt ein Bonsai-Künstler, wenn er einen Baum so züchtet, wie er in Natur wachsen würde. Nur eben um ein Zehn-, Fünfzig- oder Hundertfaches verkleinert.

Kiefern, Tannen oder Ahornbäume – die verschiedensten Baumarten lassen sich als Bonsais ziehen.

Daneben sind Sträucher wie Rhododendren und Quitten besonders beliebt. Denn sie versprechen prächtige Blüten. Aber auch deutsche Eichen lassen sich zu Bonsais zurechtstutzen.

Wichtig ist am Anfang ein harmonisches Verhältnis von Schale, Wurzelansatz, Stamm, Ästen und Blättern.

Die besondere Kunst liegt darin, dem Bonsai später einen bestimmten Ausdruck zu verleihen: Das Bäumchen etwa aussehen zu lassen, als sei es durch den Wind gebeugt.

Ein Züchter legt vor einer Ausstellung letzte Hand an seine Mini-Rotbuche.

Auch typisch deutsche Bäume wie hier die Rotbuche lassen sich als Bonsai züchten

Bäume als Skulpturen

Ursprünglich stammt die Bonsai-Kunst aus China und gelangte erst später nach Japan. Das Gleichgewicht von natürlicher und künstlicher Schönheit spielte in der japanischen Kulturgeschichte schon vor Jahrhunderten eine große Rolle.

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen die ersten Bonsais anlässlich der Weltausstellung 1889 in Paris nach Europa. Bald darauf eroberten sie die Salons, Wohnzimmer und Gärten der Europäer.

Seitdem scheiden sich die Geister. Die Fragen der Gegner: Darf man einen Baum, der in der Natur viele Meter hoch werden würde, so massiv zurechtstutzen? Ist das nicht eine Vergewaltigung der Natur?

Die Befürworter der Kunst halten dagegen: Wenn der Besitzer seinen Baum sehr gut kennt, kann er vorhersagen, wie die Pflanze auf Eingriffe reagieren wird. Er versorgt ihn mit der richtigen Menge Wasser und Nährstoffen.

Außerdem schützt er ihn vor Schädlingen und kümmert sich darum, dass Äste und Blätter stets im richtigen Verhältnis zur Wurzelmasse stehen.

Foto einer orientalischen Hainbuche, die im Bonsai-Museum in Düsseldorf ausgestellt ist.

Bonsais können mehrere hundert Jahre alt werden

Längst nicht jeder Baum in der Natur hat es so gut. Viele Waldbäume verbringen ihr Leben mit wenig Raum in Reih und Glied. Bevor sie ein nennenswertes Alter erreichen, werden sie aus wirtschaftlichen Gründen gefällt.

Auch in freier Wildbahn fristen Bäume mitunter ein hartes Dasein: an Felshänge geklammert, finden ihre Wurzeln in schmalen Spalten nur wenig Nährstoffe und Wasser. Unter solchen Bedingungen entwickeln sich teilweise verkrüppelte Formen, die zeigen, dass es auch in der Natur Bonsais gibt.

Teures Hobby

Zahlreiche Minibäume scheinen sich in ihren flachen Schalen durchaus wohl zu fühlen. Sie blühen regelmäßig und manche tragen sogar Früchte. Einige Exemplare werden über Generationen weitervererbt.

Die ältesten unter ihnen sind ein Vermögen wert: Ein 1000 Jahre altes Bäumchen bringt zum Beispiel bis zu einer halben Million Euro.

Hobby-Bonsaizüchter müssen tief in die Tasche greifen, wenn sie sich nicht auf die langwierige Aufzucht aus Samen einlassen wollen.

Doch Vorsicht bei günstigen Bonsais aus dem Baumarkt: Ihnen wurden zumeist brutal Krone und Wurzelwerk gekappt. Der malträtierte Baum rächt sich nicht selten, indem er bald seinen Geist aufgibt.

(Erstveröffentlichung: 2002. Letzte Aktualisierung: 07.07.2020)

Quelle: WDR

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