Mehrere weiße Haufen mit Lithium umgeben von Flüssigkeit, im Hintergrund fährt ein Transport-LKW

Elektromobilität

Der neue Rohstoff-Hunger durch Elektromobilität

Elektroautos haben nicht nur Vorteile. Während Verbrenner beim Betrieb schädliches CO2 verursachen, sind für die Produktion von E-Auto-Batterien zahlreiche Rohstoffe notwendig. Diese werden teilweise unter sehr problematischen Bedingungen gewonnen.

Von Robin Schäfer

Aufwändige Produktion

Der Akku ist das Herzstück von Elektroautos. Im Betrieb hat der Elektroantrieb unumstritten gewaltige Vorteile, weil keine Abgase beim Fahren entstehen. Auf der anderen Seite ist es sehr aufwändig, die Akkus herzustellen.

Bei der Klimabilanz – also der Frage, wie schädlich Elektroautos für das Klima sind – wiegt die Herstellung der Batterien im gesamten Fertigungsprozess am schwersten. Sie verursacht laut einer Studie des Thinktanks "Agora Energiewende" etwa ein Drittel der Emissionen von schädlichen Klimagasen. Das liegt unter anderem am enorm hohen Strombedarf bei der Herstellung.

Sind Elektroautos umweltfreundlicher als Benziner?

Planet Wissen 29.03.2021 01:19 Min. UT Verfügbar bis 16.09.2025 WDR Von Lara Schwenner

Zusätzlich sind für den Bau der Akkus große Mengen an Rohstoffen notwendig. Zentraler Bestandteil der verwendeten Lithium-Ionen-Akkus ist Lithium. Je nach Bauart stecken in einem Akku zwischen 120 und 180 Gramm Lithium pro Kilowattstunde Kapazität. In Summe werden so für ein durchschnittliches Mittelklasse-E-Auto etwa fünf bis acht Kilogramm Lithium benötigt. Bei Oberklassemodellen mit höherer Reichweite kann es leicht doppelt so viel sein.

Weitere Bestandteile von Lithium-Ionen-Akkus sind Kobalt, Graphit, Mangan, Nickel und Aluminium. Belastend für die Umwelt ist deshalb nicht nur, dass Akku-Fabriken viel Energie brauchen, sondern auch der Abbau der benötigten Rohstoffe.

Ein E-Bike während der Fahrt

Auch E-Bikes benötigen Lithium für ihre Akkus

Der Rohstoffbedarf wächst rasant

Viele Menschen steigen inzwischen auf Elektroautos oder -fahrräder um. Dadurch ist in den vergangenen Jahren insbesondere die Nachfrage nach Lithium und Kobalt gestiegen. Laut dem U.S. Geological Survey wurde 2018 weltweit doppelt so viel Kobalt abgebaut wie noch zehn Jahre zuvor. Der Abbau von Lithium hat sich in zehn Jahren sogar fast vervierfacht.

Die wachsende Nachfrage zeigt sich auch bei den Preisen: Von 2013 auf 2018 stieg der Lithium-Preis um das 2,5-fache. Der Bedarf an Lithium wird in den kommenden Jahren weiter wachsen und ein großer Anteil wird voraussichtlich für die Produktion von Batterien verwendet werden.

Mehrere Lithium-Ionen-Akkus stehen in einer Fabrik

In Asien werden weltweit die meisten Akkus produziert

Das weiße Gold

Rund zwei Drittel der weltweit vorhandenen Lithiumreserven lagern in den Salzseen im sogenannten Lithiumdreieck: in Bolivien, Chile und Argentinien. Weitere Länder mit großen Reserven sind Australien, China und die Demokratische Republik Kongo. Auch in Deutschland gibt es im Zinnwald (Erzgebirge) Lithiumvorkommen, die in Zukunft abgebaut werden sollen.

Im Jahr 2018 produzierte Australien das meiste Lithium, gefolgt von Chile. Die Abbaumethoden des "weißen Goldes" unterscheiden sich stark: In Australien wird das Lithium mithilfe eines aufwendigen chemischen Prozesses aus mineralischem Gestein, dem Spodumen, gelöst. Dafür sind Temperaturen von über 1000 Grad Celsius notwendig.

Bei der Gewinnung von Lithium aus Salzseen, wie zum Beispiel dem Atacama-Salzsee in Chile, wird aus mehreren hundert Metern Tiefe Sole an die Oberfläche gepumpt und in riesige Becken gefüllt.

Dort verdunstet ein Teil des Wassers durch die Sonne und der Lithiumgehalt konzentriert sich auf etwa sechs Prozent. Das dauert acht bis zwölf Monate. Währenddessen werden Chemikalien zugesetzt, die andere in der Sole enthaltene Minerale herauslösen. Sie werden auf Abfallhalden deponiert.

Da der Lithiumgehalt in der Sole am Anfang häufiger deutlich unter einem Prozent liegt, verdunsten pro Tonne gewonnenen Lithiums etwa zwei Millionen Liter Wasser. So schätzte Fernando Diaz von der Universität Buenos Aires vor einigen Jahren – und das in einer der trockensten Regionen der Welt, der Atacama-Wüste.

Eine neuere Studie von irischen Forscher kommt zu differenzierteren Ergebnissen. Entscheidend sei die Lithium-Konzentration in der Sole. Die Forscher schätzen, dass an manchen Förderorten für eine Tonne Lithium lediglich 0,4 Millionen Liter Wasser verdunsten. Auf den Akku eines Elektroautos umgerechnet, sind das etwa 4000 bis 5000 Liter Wasser.

Dennoch klagt die indigene Bevölkerung der Atacama-Region inzwischen über einen sinkenden Grundwasserspiegel und eine Versalzung des Süßwassers. Zudem geht die Population der vom Aussterben bedrohten Anden-Flamingos zurück. Das liegt nicht nur am Austrocknen von Lagunen und Flussebenen, sondern auch an der zunehmenden Belastung durch Chemikalien, wie beispielsweise Kalziumkarbonat, die die Firmen im Verdunstungsprozess einsetzen.

Es gibt inzwischen umweltfreundlichere Abbaumethoden. Dabei wird zum Beispiel das Grundwasser teilweise durch Wasser aus dem Pazifik ersetzt oder anteilig mehr Lithium aus der Sole gewonnen.  Diese Methoden werden vereinzelt eingesetzt,  allerdings sind klassische Methoden profitabler.

Arbeiter auf einem Lithium-Feld

Der größte Teil der weltweiten Lithium-Reserven lagert in Salzseen in Südamerika wie hier in Bolivien

Kobaltabbau im Kleinbergbau

Neben Lithium ist Kobalt ein weiterer wichtiger Rohstoff für Lithium-Ionen-Akkus. Kobalt wird meist als Nebenprodukt des Kupfer- oder Nickelbergbaus gewonnen. Nur etwa zwei Prozent des industriell abgebauten Kobalts werden als Primärprodukt gefördert, also aus Minen, in denen wirklich nur Kobalt gewonnen wird.

Laut der Deutschen Energie- und Rohstoffagentur stammten 2017 rund 84 Prozent des Kobalts aus industriellem Abbau und 16 Prozent aus handwerklichem und kleinbergbaulichem Abbau. Letzterer findet fast ausschließlich in der Demokratischen Republik Kongo statt.

Die Demokratische Republik Kongo ist mit einem Anteil von mehr als 60 Prozent das weltweit größte Förderland von Kobalt und beherbergt auch die Hälfte der weltweit verbleibenden Reserven. Wegen der unsicheren politischen Situation im Kongo und den schlechten, oft nicht nachvollziehbaren Arbeitsbedingungen im Kleinstbergbau schätzt die Deutsche Rohstoffagentur den Abbau als bedenklich ein. Den Arbeitern fehlt es an Schutzausrüstung, es kommt häufig zu Unfällen und Kinderarbeit und die Löhne sind schlecht. Schätzungen zufolge arbeiten etwa 100.000 Menschen im kongolesischen Kleinstbergbau.

Auch beim Abbau von Kobalt zeigt sich: Die negativen Auswirkungen des E-Auto-Booms treten in der Regel weit weg im globalen Süden auf. Noch fehlt es hier an klaren Vorgaben von Wirtschaft und Politik, wie solche negativen Folgen eingedämmt werden können. Denn auch diese Aspekte sind wichtig, wenn man beurteilen möchte, wie nachhaltig oder umweltfreundlich Elektroautos sind.

Ein Junge wäscht geschürftes Kobalterz in einem Bach aus

In den Kobaltminen im Kongo müssen häufig Kinder arbeiten

Quelle: WDR | Stand: 11.05.2020, 15:41 Uhr

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