Das überwiegend flache Münsterland wurde und wird bis heute von der Landwirtschaft geprägt, die jedoch ein wenig auf dem Rückzug ist. Neue Branchen bis hin zum High-Tech-Bereich wurden erfolgreich angesiedelt. Und nicht zuletzt hat sich das Münsterland zu einer touristischen Attraktion entwickelt.
Münster – das Herz der Region
Im Jahr 2004 wurde Münster im Rahmen des weltweiten Wettbewerbs "LivCom Award" zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität gewählt. Eine Auszeichnung, die sicher ihre Berechtigung hat. Münster ist eine attraktive Mischung aus Alt und Neu. Wobei das "Alte" zum Teil auch recht neu ist.
Münster wurde im Zweiten Weltkrieg in weiten Teilen zerstört. Und es ist den damaligen Stadtvätern zu verdanken, dass sie vieles nach dem Krieg originalgetreu wieder aufbauen ließen.
Das Herzstück von Münster ist der Prinzipalmarkt. Eine Einkaufsstraße, deren Gebäude von aufwändig restaurierten Giebelfronten geprägt werden, die ihren Ursprung im 13. Jahrhundert haben.
Die Stadt hat aber auch viele moderne Gebäude, die gut mit dem traditionellen Münster harmonieren. Und alles ist verbunden durch zahlreiche Grünanlagen mit Bächen und Seen.
Der größte Arbeitgeber der Stadt ist heute die Universität, die ihren Hauptsitz im historischen Stadtschloss hat. Die Gebäude der Universität ziehen sich durch die Innenstadt. Und die rund 50.000 Studenten, die sich meist per Fahrrad zu den Vorlesungen bewegen, geben Münster ein junges Flair.
Dabei hat Münster eine lange Geschichte. Die Ursprünge der Stadt gehen zurück bis ins 6. Jahrhundert vor Christus. Aus dieser Zeit stammen die ältesten Funde von Menschen, die sich in der Region angesiedelt haben.
Als eigentliche Geburtsstunde von Münster gilt heute das Jahr 793 nach Christus, als auf dem Stadtgebiet ein Kloster gegründet wurde. Das lateinische Wort für Kloster, "Monasterium", gab der Stadt auch ihren Namen. Der Gründer dieses Klosters, der Missionar Liudger, wurde 805 auch zum ersten Bischof von Münster ernannt.
Bis heute hat die Stadt einen Bischofssitz und ist – wie auch das umliegende Münsterland – vom Katholizismus geprägt. Gut die Hälfte der rund 290.000 Einwohner gehören der katholischen Kirche an.
Und auch das Stadtbild wird von vielen Kirchen geprägt, allen voran vom St. Paulus-Dom am Marktplatz und von der Lambertikirche am Prinzipalmarkt.
Ein Zentrum der Geschichte
Münster hat seit seiner Gründung eine sehr wechselhafte Geschichte erlebt. Es gab enorme Blütezeiten, als die Stadt der Hanse angehörte – einem Verband von Kaufleuten, der vom 13. bis 17. Jahrhundert den Handel in weiten Teilen Europas beherrschte.
1648 wurde in Münster der Westfälische Friede geschlossen, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. 1773 entstand in Münster die erste Universität auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens. Von 1815 bis 1946 war Münster Hauptstadt von Westfalen.
Die Zeit des Nationalsozialismus war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Stadt: Münster wurde eine wichtige Schaltzentrale der Nazis. Das ist vermutlich der Grund, warum die Stadt am Ende des Krieges fast vollständig zerstört wurde.
Es gab aber auch Widerstand in Münster, allen voran durch Kardinal von Galen (1878-1946). Menschen wie er halfen den Münsteranern dabei, nach dem Krieg ein neues Selbstbewusstsein zu entwickeln und die Stadt zu dem zu machen, was sie heute ist.
Das traditionelle Münsterland
Die Region um Münster, das eigentliche Münsterland, ist eine überwiegend flache Landschaft. Sie eignet sich sowohl vom Boden her als auch klimatisch gut für die Landwirtschaft und wird entsprechend seit ewigen Zeiten dafür genutzt.
Noch heute ist das Bild des Münsterlandes geprägt durch weite Felder, zwischen denen die typischen roten Dächer der Bauernhöfe auftauchen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte aber auch im Münsterland die Industrialisierung ein. Vor allem die Textilindustrie erreichte bis in die 1950er-Jahre eine bedeutende Größe.
Bis heute bekannt ist der für die Region typische Blaudruck, bei dem weiße Leinenstoffe mit blauen Mustern bedruckt werden. Noch heute findet man in einigen Dörfern des Münsterlands traditionelle "Blaudrucker", die zum Teil noch mit den originalen Werkzeugen aus früheren Jahrhunderten arbeiten.
Vieles vom alten Münsterland existiert heute jedoch nur noch in Museen wie dem Mühlenhof bei Münster – einem Freilichtmuseum, wo alte Handwerksbetriebe originalgetreu aufgebaut wurden. Über 100.000 Besucher zählt das Museum jährlich.
Das traditionelle Münsterland hat auch eine eigene Sprache, die wie viele andere Dialekte inzwischen an Bedeutung verliert. Auf einigen Bauernhöfen wird sie aber noch gesprochen.
Auch gibt es im Münsterland ein paar Vereine, in denen das "Münsterländer Platt" gepflegt wird. Es klingt ein wenig wie eine Fremdsprache und erinnert ans Englische.
Das heutige Münsterland
Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Münsterland großen Veränderungen ausgesetzt. Die Region musste viele Flüchtlinge aus anderen Teilen Deutschlands aufnehmen. In den 1950er-Jahren geriet die bis dahin große Textilindustrie in die Krise und verschwand fast völlig.
Auch die Landwirtschaft ist mittlerweile auf dem Rückzug. Die Kinder der Bauern übernehmen seltener die Höfe und wandern statt dessen in Berufe mit geregelter Arbeitszeit und sichererem Einkommen ab.
Mit der wachsenden Motorisierung ist das Münsterland auch als Wohnraum für Menschen, die in benachbarten Großstädten arbeiten, interessant geworden. Viele Orte werden heute durch große Wohnsiedlungen mit Einfamilienhäusern geprägt.
Was den Arbeitsmarkt betrifft, hat das Münsterland seit den 1980er-Jahren den Strukturwandel geschafft. Sehr erfolgreich arbeiten Unternehmen, die die großen Sandvorkommen der Region für die Herstellung von Baustoffen nutzen.
Auch wurden Unternehmen mit neuen Technologien im Münsterland angesiedelt. Darunter Betriebe der Lebensmittelverarbeitung, die längst nicht mehr nur die Erzeugnisse aus der Region verwerten. Insgesamt hat das Münsterland seit der Jahrtausendwende eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in Nordrhein-Westfalen.
100 Schlösser und Millionen Fahrräder
Das Münsterland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer touristischen Attraktion entwickelt. Rund 100 Wasserburgen gibt es in der Region, die auf eine lange Geschichte zurückblicken. Fast jedes Adelshaus der damaligen Zeit baute sich einen Wohnsitz mit einer "Gräfte", einem Wassergraben, der Schutz vor ungebetenen Gästen bieten sollte.
Noch heute gehören einige dieser Burgen und Schlösser den Nachfahren jener Adelsfamilien. Andere sind in öffentlicher Hand oder wurden von gut betuchten Privatpersonen übernommen. Denn der Unterhalt einer solchen Anlage verlangt viel Kapital und Eigeninitiative.
Die meisten der Münsterländer Schlösser befinden sich heute in gut restauriertem Zustand. Viele sind sogar für Besucher zugänglich. Und was den besonderen Reiz ausmacht: Man kann sie fast alle mit dem Fahrrad über ein Radwegenetz von insgesamt 4500 Kilometern Länge erreichen.
Dieses Netz entstand auf jenen Wirtschaftswegen, die einst für die Landwirtschaft zwischen den Feldern angelegt wurden. Sie werden in der Region "Pättkes" genannt. In den 1970er-Jahren erkannte man die Bedeutung des Fahrrad-Tourismus und erarbeitete auf den Pättkes ein gutbeschildertes Fahrradnetz.
Vor allem an Wochenenden kommen zahlreiche Besucher aus den umliegenden Regionen mit eigenen Fahrrädern. Oder sie mieten sie an einer der vielen Verleihstellen. Doch eine Überfüllung, wie man sie zum Beispiel von Radwegen an Stauseen kennt, gibt es hier nicht.
Die Idee des Radtourismus im Münsterland ist allerdings keine Erfindung der 1970er. Die Idee ist schon wesentlich älter und reicht bis in die 1930er-Jahre zurück. Der frühere Geschäftsführer des Münsteraner Verkehrsvereins, Theo Breider, erkannte als einer der ersten, wie attraktiv das Radfahren im Münsterland für Besucher sein kann. Er lud schon damals Journalisten zu "Pättkes-Touren" ein.
(Erstveröffentlichung 2008. Letzte Aktualisierung 26.08.2020)