Die heilende Kraft der Tiere

Von Marion Werner (SWR)

Wie Tiere dem Menschen Gutes tun

Sigmund Freud mit seiner Co-Therapeutin, der Chow-Hündin Jofie. Freud erkannte schon früh den heilsamen Einfluss von Hunden auf die Psyche der Menschen. "Hunde lieben ihre Freunde und beißen ihre Feinde, ganz anders als Menschen, die reiner Liebe unfähig sind und jederzeit Liebe und Hass in ihren Objektbeziehungen mischen müssen", zitiert ihn seine Tochter Anna.

Wenn Singles mit einem Hund zusammenleben, sinkt ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Beschwerden um ein Drittel. Das besagt eine schwedische Studie. Das Zusammenleben mit einem Hund verringert die Hauptrisikofaktoren für diese Erkrankungen: Bewegungsmangel und soziale Isolation. Schon allein die Anwesenheit eines ruhigen, entspannten Tieres senkt den Blutdruck und die Herzfrequenz.

Eseln sagt man ein störrisches Wesen nach. Aber genau diese Charaktereigenschaft ist es, die sie für die Therapiearbeit so wertvoll macht: Esel bleiben ganz bei sich und lehren uns, dass auch wir bei uns bleiben können, ohne andere zu verletzen. Außerdem öffnen sie mit ihren großen, sanften Augen und ihrem weichen Fell die Herzen vieler Menschen. Und wer Verantwortung für ein Tier übernimmt und es gut versorgt, lernt ganz nebenbei auch für sich selbst besser Verantwortung zu übernehmen.

Dass Hunde an Flughäfen Sprengstoffe und Drogen erschnüffeln, kennt man schon länger. Während der Corona-Pandemie erschnupperten sie am Flughafen in Helsinki auch Corona-Infizierte. Sie schlugen bei Geruchsproben von ankommenden Passagieren an. Dabei rochen die Hunde nicht das Virus selbst, sondern dessen Stoffwechselprodukte. Und das laut Wissenschaftlern der Universität Helsinki mit einer Trefferquote zwischen 94 und 100 Prozent.

Behindertenbegleithunde begleiten gehandicapte Menschen im Alltag und erleichtern ihnen das tägliche Leben. Sie nehmen ihnen alltägliche Handgriffe ab und helfen ihnen so, unabhängiger und selbstständiger zu sein. Außerdem haben Hunde oft eine sehr positive Wirkung auf die Seele der Menschen. Sie helfen zum Beispiel autistischen Kindern, ihren Stresspegel herunterzuregulieren.

Ein Diabetiker-Warnhund hat in seiner Ausbildung gelernt, bedrohliche Schwankungen des Blutzuckerspiegels zu erschnüffeln. Forscher vermuten, dass der Hund dabei einen Stoff im menschlichen Atem riecht: das Isopren. Bei einer Unterzuckerung kann die Konzentration des Isoprens im Atem um das Doppelte ansteigen. Dann soll der Hund die Gefahr durch ein Signal anzeigen und wenn nötig Hilfe holen. In der Regel übernimmt die Krankenkasse die Kosten für einen Diabetiker-Warnhund nicht.

Blindenführhunde helfen blinden oder stark sehbehinderten Menschen dabei, sich im Alltag zurechtzufinden – vor allem in fremder Umgebung. Der Hund muss dafür eine spezielle Ausbildung durchlaufen, die bis zu einem Jahr dauert. Im Einsatz trägt der Blindenführhund ein weißes Geschirr mit einem Griff für den Hundehalter. Sehbehinderte Menschen sollten sich vor der Anschaffung eines solchen Hundes darüber bewusst werden, dass sie Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen.

Der Totengräber nutzt Tierleichen, um seine Brut darin heranzuziehen. Nachdem der Käfer seine Eier im Kadaver abgelegt hat, vergräbt er die Tierleichen. Aus den Eiern entwickeln sich Larven, die sich vom Kadaver ernähren. Um die Nachkommen gegen gefährliche Mikroorganismen aus dem Darm der Tierleichen zu schützen, hinterlässt der Totengräber dort eigene Mikroorganismen, die zum Schutz der Käferbrut Antibiotika-ähnliche Substanzen produzieren.

Ein unscheinbarer Wurm beherbergt einen außergewöhnlichen Wirkstoff: Das Blut des Wattwurms enthält eine Substanz, die dem menschlichen Hämoglobin sehr ähnelt, aber 40 Mal mehr Sauerstoff binden kann. Forscher wollen daraus ein Medikament entwickeln, das dem Sauerstoffmangel im menschlichen Körper entgegenwirkt und zum Beispiel bei Organtransplantationen eingesetzt werden kann.

Im Amerikanischen Bürgerkrieg beobachteten Militärärzte, dass viele Soldaten, die verwundet zwischen den Frontlinien lagen und nicht geborgen werden konnten, schon Wunden voller Maden hatten, aber dennoch überlebten. Die Sterblichkeit der Soldaten, die in den Lazaretten lagen, war dagegen deutlich höher. Heute setzt man die Maden der Goldfliege (Schmeißfliege) auch gegen schlecht heilende Wunden ein. Sie beseitigen Bakterien in der Wunde, indem sie antibakterielle Stoffe produzieren und damit den pH-Wert in der Wunde erhöhen. So werden schädliche Bakterien abgetötet und dann zusammen mit dem abgestorbenen Gewebe aufgesaugt.

Stand: 02.07.2021, 15:00 Uhr

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