Stempel mit der Aufschrift "Asyl".

Flüchtlinge

Das deutsche Asylrecht

Einem Flüchtling Asyl zu gewähren, ist eine Frage der Humanität – und der Gesetze. Die werden in Deutschland immer wieder geändert, und das nur selten zugunsten der Flüchtlinge.

Von Beate Krol

Das deutsche Asylrecht – ein historisches Gebot

Während der zwölfjährigen Nazi-Diktatur wurden in Deutschland Millionen Menschen wegen ihrer Religion, ihrer Rasse und ihrer politischen Haltung verfolgt und terrorisiert. Die Nazis ermordeten mehr als sechs Millionen Menschen. Etwa einer halben Million Menschen gelang es, sich durch eine Flucht zu retten und in einem anderen Land Asyl zu bekommen.

Diese entsetzlichen Verbrechen hatten die Mütter und Väter des Grundgesetzes im Blick, als sie das Recht auf Asyl 1949 in das Grundgesetz aufnahmen. Als demokratisches Land sollte die Bundesrepublik Deutschland (BRD) Menschen Schutz gewähren, die politisch verfolgt werden.

Um das Parlament dauerhaft daran zu binden, stuften die Macher des Grundgesetzes das Asylrecht zudem als Grundrecht ein. Damit war es in seinem Wesensgehalt genauso unantastbar wie die Meinungsfreiheit und das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Die BRD unterzeichnet die Genfer Flüchtlingskonvention

Weil der Artikel 16 nur für politisch Verfolgte galt, erweiterte die BRD 1954 das Asylrecht, indem sie die Genfer Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnete. Damit hatten auch jene Asylsuchenden ein Recht auf Schutz, die wegen ihrer "Rasse, Religion, Nationalität und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe" verfolgt wurden.

Außerdem musste die BRD gemäß der Konvention Flüchtlingen ein Recht auf Bildung und Arbeit einräumen. Gleichzeitig war es ihr verboten, einen Asylsuchenden in ein Gebiet abzuschieben, in dem sein Leben oder seine Freiheit bedroht waren.

Brennende Asylbewerberheime

Bis Anfang der 1990er-Jahre beantragten verhältnismäßig wenig Menschen in Deutschland Asyl. Dies änderte sich mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien.

Weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die vielen Anträge nicht schnell genug bearbeiten konnte, zogen sich die Asylverfahren lange hin. Die Folge war, dass die Kommunen immer mehr Flüchtlinge unterbringen und versorgen mussten. Gleichzeitig reisten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Zusammenbruch der Sowjetunion viele Aussiedler aus Osteuropa ein.

Bei Teilen der gerade erst wiedervereinigten Bevölkerung in Deutschland machten sich Fremdenfeindlichkeit sowie Angst vor Überfremdung breit. Im August 1991 griff ein Mob ein Asylbewerberheim in Hoyerswerda an. Dem Anschlag folgten weitere, unter anderem in Mannheim-Schönau und in Rostock-Lichtenhagen, wo nach tagelangen Angriffen schließlich die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge brannte.

Auch etliche Medien schürten den Hass. Nicht nur "Bild" hetzte gegen vermeintlichen Asylmissbrauch. Selbst der "Spiegel" beförderte die Fremdenangst mit dem Titel "Flüchtlinge. Aussiedler. Asylanten. Ansturm der Armen", der einen Monat nach dem Anschlag in Hoyerswerda erschien.

Ein Asylbewerberheim.

Anschläge auf Asylbewerberheime waren die Folgen von Fremdenfeindlichkeit

Deutschland schottet sich ab

In dieser aufgeheizten, gewalttätigen Stimmung forderte die damalige Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP eine neue, restriktivere Asylpolitik. Dabei legten die Politiker das Dubliner Übereinkommen zugrunde, das die Staaten der Europäischen Union (EU) 1990 getroffen hatten und das in geänderter Form als "Dublin III" bis heute besteht.

Dieses Übereinkommen besagt, dass innerhalb der EU derjenige Staat für das Asylverfahren von Flüchtlingen zuständig ist, dessen Territorium sie als erstesbetreten haben.

Demnach darf Deutschland das Grundrecht auf Asyl verwehren, wenn ein Flüchtling über ein EU-Land nach Deutschland eingereist ist oder über ein anderes Land, das die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat. Der Flüchtling muss dann dorthin zurück.

Diese Regelung hat innerhalb der EU für viel Diskussion gesorgt, da die meisten Flüchtlinge in den vergangenen Jahren über das Mittelmeer zunächst nach Griechenland oder Italien kamen. Diese Staaten verlangten finanzielle Hilfen von anderen EU-Staaten. Für Griechenland wurde die "Dublin-III-Regel" von 2011 bis 2017 vorübergehend ausgesetzt, das heißt, Flüchtlinge wurden nicht dorthin zurückgeschickt, da Griechenland mit der Menge der Flüchtlinge überfordert war.

Darüber hinaus kann die Regierung nach Zustimmung des Bundesrates Staaten als sicher einstufen, wenn "dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet". Flüchtlinge aus diesen Staaten sind ebenfalls vom Recht auf Asyl ausgenommen.

Die SPD stimmte der Grundgesetzänderung 1993 zu, obwohl sie damals in der Opposition war, und sicherte so die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Wie erwartet nahm dadurch die Zahl der Asylanträge kontinuierlich ab. Zudem wurde nur noch ein Drittel der Asylanträge positiv beschieden. Alle anderen Flüchtlinge mussten Deutschland verlassen. Etwa jeder vierte von ihnen wurde in den Staat überstellt, über den er eingereist war.

Versuche, den Asylkompromiss rückgängig zu machen, scheiterten. 1996 stufte ihn das Bundesverfassungsgericht als verfassungskonform ein. Auf diese Weise wurde das Grundrecht auf Asyl zwar nicht außer Kraft gesetzt, aber doch stark eingeschränkt.

Junge steht am Zaun.

Das Grundrecht auf Asyl wurde stark eingeschränkt

Rechte und Pflichten von Asylbewerbern heute

Allerdings gab es auch Änderungen zugunsten von Flüchtlingen. Besonders relevant ist der "subsidiäre Schutz", der seit 2011 gilt. Er wird Menschen gewährt, denen im Herkunftsland ein "ernsthafter Schaden" durch einen bewaffneten Konflikt, Folter oder die Todesstrafe droht, dem sie schutzlos ausgeliefert sind. Damit werden auch Kriegsflüchtlinge geschützt.

Im Herbst 2015 beschloss Bundeskanzlerin Angela Merkel, mehrere Hunderttausend Flüchtlinge, die zum größten Teil aus den Kriegsländern Syrien, Afghanistan und dem Irak kamen, in Deutschland aufzunehmen. Seitdem hat Deutschland einige Verschärfungen des Asylrechts beschlossen, genannt unter anderem "Asylpaket I" (2015) und "Asylpaket II" (2016). Seitdem werden manche Asylverfahren schneller "im Eilverfahren" entschieden und Abschiebungen werden erleichtert.

Die Bundesländer können anerkannten Flüchtlingen in den ersten drei Jahren einen Wohnsitz zuweisen. Außerdem können Asylbewerber zur Teilnahme an Integrationskursen verpflichtet werden, in denen sie die deutsche Sprache und Kultur erlernen.

Die Aufnahme von Arbeit ist Asylbewerbern in der Regel nach drei Monaten erlaubt. Früher waren es neun. Allerdings war diese Änderung bisher eher kosmetischer Natur, denn bevor ein Asylbewerber zum Zuge kam, prüft die Bundesagentur für Arbeit erst, ob die Stelle auch durch jemand anderen besetzt werden konnte. In der Regel ist das der Fall.

Erst seit der Einführung des "Fachkräfteeinwanderungsgesetzes" 2020 wurde diese "Vorrangprüfung" für viele Berufsfelder abgeschafft, so dass viele Asylsuchende leichter eine Arbeit annehmen können.

Eine Familie sitzt Arm in Arm vor einem Asylbewerberheim.

Seit 2015 gab es mehrere Verschärfungen des deutschen Asylrechts.

(Erstveröffentlichung 2015. Letzte Aktualisierung 02.05.2020)

Quelle: SWR

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