Schwarzweiß-Stich: Ein Minnesänger vor mehreren Frauen

Leben im Mittelalter

Der Minnedienst

An den Höfen Frankreichs, Deutschlands, Italiens und Englands entstand um 1200 der Minnedienst. Er feiert die nicht erwiderte Liebe, der sich der Rittersmann mit aller Hingabe widmet, ohne wirklich auf Erhörung zu hoffen – das Glück der unglücklichen Liebe.

Von Sine Maier-Bode

Die Minnegesänge am Hof

Es ist nicht ganz sicher, woher sich der Begriff der "Minne" ableitet, aber sehr wahrscheinlich haben das lateinische "mens" (Geist) und "memini" (gedenken) die ursprüngliche Bedeutung mitgeprägt. Allmählich entwickelte sich daraus die Bedeutung "Liebe" und Minnesang wurde die Liebeslyrik des Mittelalters.

Diese erste weltliche Literaturgattung des Mittelalters, die vor allem am Hof stattfand, war aber mehr als nur Lyrik. Sie prägte das ganze Wertesystem der adeligen, ritterlichen Gesellschaft.

Für die Darstellung war die Musik von großer Bedeutung, doch es sind die Inhalte der Minnelieder, die wir heute vor allem mit dem Minnedienst in Verbindung bringen. Meistens verstehen wir darunter allerdings nur die sogenannte "hohe Minne", doch der Minnesang konnte ganz unterschiedliche Formen annehmen.

Der Beginn des Minnesangs

In seinen Anfängen war der Minnesang keinesfalls nur Ausdruck der ins Unerreichbare gerückten Liebe – es gibt einige Liebeslieder, die von den Freuden der Liebe von Mann und Frau erzählen. Ein Beispiel aus "Konzepte der Liebe im Mittelalter":

"Komm, komm, mein Liebster, ich warte sehr auf dich!
Ich warte sehr auf dich, komm, komm, mein Liebster.
Süßer rosenfarbener Mund, komm und mache mich gesund!
Komm und mache mich gesund, süßer, rosenfarbener Mund."

Die Lieder wurden immer vom Mann vorgetragen, bestanden aber abwechselnd aus Frauen- und Männerstrophen. Sie sprechen von der Sehnsucht der Liebenden, sowohl des Mannes als auch der Frau.

Ganz offensichtlich waren eben nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen reich an Erfahrungen außerhalb der Ehe. Und in den Liedern sehnten sie sich keinesfalls nach dem standesgemäß angeheirateten Ehegatten, sondern nach ihrem Liebhaber.

Allerdings trug allein die Frau das Risiko – ratsamer war es für sie, ihre "freie" Liebe im Verborgenen zu suchen, während die Männer für ihre Amouren durchaus geschätzt wurden. Minnelieder, die deutlich von Eroberungen zeugen, scheinen auch eher bei reinen Herrenrunden ausgetauscht worden zu sein und nicht unbedingt unter dem Balkon der Liebsten.

Die "hohe Minne"

Ende des 12. Jahrhunderts entwickelte sich bei Hofe die "hohe Minne". Aus der Liebe entwickelte sich Sehnsucht und die Liebeslyrik wurde zur Schule des Mannes in Dingen der Liebe und des Anstands.

Nicht mehr die Vielzahl der Eroberungen wurde geschätzt. Nicht einmal eine einzige Eroberung, sondern alleine der Dienst an der Minne, die Hingabe an die reine Frau, die man durch eine Eroberung nicht erniedrigen durfte, erhöhte den Liebenden.

Aufgabe der immer adeligen Frau war es, den Liebenden zurückzuweisen, so dass er die Kunst der Liebe mehr und mehr beherrschte, reiner und besser im Streben wurde, seine Treue und Beständigkeit bewahrte – aller Zurückweisung zum Trotz.

Tugenden wie Ehrbarkeit, Verschwiegenheit und Treue sollten aber nicht nur in der Liebesbeziehung bestehen, sondern den ganzen Menschen prägen.

Der mittelhochdeutsche Dichter Walther von der Vogelweide in einem Bildnis aus der Weingartner Liederhandschrift, entstanden um 1330 in Konstanz.

Walther von der Vogelweide war einer der bekanntesten Sänger

Die "niedere Minne"

Dass das nicht ewig gut gehen konnte, ist klar: Schon bald sangen die ersten von den Qualitäten nicht-adeliger Fräulein, mit denen sich auch eine wunderbare heimliche Liebesnacht verbringen ließ.

Während die Geschichten der hohen Minne also eher vom hoffnungslosen Werben eines Mannes um eine unerreichbare adelige Dame erzählen, so gehört zur niederen Minne doch mindestens eine Liebesnacht, an die sich der Mann erinnern kann.

Die Frau, der diese Gedanken galten, gehörte einem niederen Stande an und hatte nur in den Anfängen der neuen dichterischen Lehren noch eine Chance, geheiratet zu werden – wie etwa in den Texten von Walther von der Vogelweide.

Auf den Spuren von Walther von der Vogelweide (vom 12.11.1203)

WDR ZeitZeichen 12.11.2018 15:00 Min. Verfügbar bis 09.11.2098 WDR 5


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Spätere Dichter machen sich über solch romantische Vorstellungen eher lustig. Bekannt wurde der Dichter Neidhart von Reuenthal. Bei ihm wird das verliebte Bauernmädchen schnell zu einer dummen Pute, die allen Ernstes glaube, in einen höheren Stand einheiraten zu können, wo doch jedermann genau wisse, dass sie es nur bitter bereuen werde.

(Erstveröffentlichung: 2003. Letzte Aktualisierung: 26.04.2021)

Quelle: WDR

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