Ein Plakat mit dem Bild von Monika Günther und einem Statement zur Demokratie

Volkshochschule

Die Volkshochschule als Lebensbegleiter

Man lernt nie aus – für Monika Günther aus Leipzig eine Art Lebensmotto. Schon zu Ostzeiten hat sie die VHS kennengelernt, nach der Wende auch einen Sprachkurs besucht und so richtig bedeutend wurde die VHS in ihrem Leben als Rentnerin.

Von Daniel Schneider

Erste Kurse in der DDR und nach der Wende

1961, als die Volkshochschulen der DDR dem Ministerium für Volksbildung angegliedert waren, absolvierte die 18-jährige Monika Günther eine berufliche Weiterbildung. Ihre erste Begegnung mit der Volkshochschule (VHS) war eher eine Pflichtaufgabe. "Das hat man damals so gemacht", erinnert sich die gelernte Fernmeldetechnikerin heute.

Im Gegensatz zur Vielfalt im Westen fungierten die "Abendoberschulen" in der DDR eher als verlängerter Arm des Staates und die Angebote waren in der Breite vor allem auf berufliche Qualifizierungen ausgelegt.

Das änderte sich mit der Wende und der deutschen Wiedervereinigung. Monika Günther nutzte die neugewonnene Freiheit: "Als die Grenzen offen waren, durften wir endlich dorthin reisen, wo wir wollten. Mein Ziel war Kreta." Zu ihrer Reisevorbereitung gehörte der VHS-Sprachkurs "Englisch für den Urlaub". Ihre Zeit auf der griechischen Insel genoss sie auch, weil sie sich mit dem neu gelernten Englisch gut verständigen konnte.

Als Rentnerin weiterlernen

Die wertvollste und prägendste VHS-Erfahrung machte Monika Günther allerdings erst als Rentnerin im Jahr 2018. Mittlerweile war sie nach Leipzig umgezogen, hatte vielseitige Interessen wie die Fotografie – und wurde auf eine besondere Veranstaltung aufmerksam. Für das generationenübergreifende Projekt "Kalendergänger" suchte die VHS sowohl Schüler und Schülerinnen als auch ältere Menschen, die auf Fotojagd durch Leipzig gehen sollten.

Die Teilnehmenden waren zwischen 11 und 75 Jahren alt. Eine von ihnen war Monika Günther. Neben medienrechtlichen Gesichtspunkten (Recht am eigenen Bild, Urheberrecht ) und medientechnischen Aspekten (Kameraperspektiven, Bildbearbeitung) lernten die "Fotojäger" sich untereinander besser kennen, sprachen über ihre eigene Geschichte und warfen einen persönlichen Blick auf Leipzig: Was verbindet uns? Wie nehme ich die Stadt wahr?

Durch den Austausch wurden zentrale Merkmale der Demokratie angesprochen und gestärkt. Monika Günther ist bis heute begeistert: "Anhand der Geschichte von Leipzig und durch den Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern habe ich in der kurzen Zeit viel mehr zum Thema Demokratie erfahren, als ich mir hätte träumen lassen."

Laptop, Stadtplan, Fotoapparat und andere Utensilien

Das Projekt "Kalendergänger" hat Monika Günther nachhaltig geprägt

Die VHS bringt Jung und Alt zusammen

Schöner Nebeneffekt: Die Vorurteile zwischen Jung und Alt wurden abgebaut und es stellte sich heraus, dass alle dieselben demokratischen Werte als wichtig erachteten. "Die Verantwortlichen haben es hinbekommen, dass alle Altersklassen gefordert und gefördert werden", freut sich Monika Günther. "Ich mag es ja, wenn Jung und Alt zusammen aktiv werden. Ich halte nichts von so Aussprüchen wie ‚Oh diese Jugend‘. Die Jugend ist toll und auch im Alter kann man noch etwas dazulernen."

Die Ergebnisse des Projektes wurden in Fotos und Zitaten festgehalten und zu einem Kalender für das Jahr 2019 verarbeitet – mit jeweils einem demokratischen Wert wie Toleranz, Kommunikation oder Freiheit als Grundlage. Bei Monika Günther ist es das Herzensthema "Jung und Alt", das auf ihrem Foto deutlich wird. Der Kalender wurde in einer hohen Auflage gedruckt und die Bilder zusätzlich in einer Wanderausstellung gewürdigt.

Auf einer Bank sitzen ein Jugendlicher und eine ältere Dame vor dem Leipziger Gewandhaus nebeneinander

Monika Günther fotografiert ihr Motiv für den Kalender 2019

Gelebte Begeisterung

"Für mich heißt Demokratie, Verständnis für andere Meinungen aufbringen sowie einen offenen Austausch führen zu können", fasst Monika Günther zusammen. "Und das über Generationen hinweg." Nicht nur ihr Kalenderfoto hat es in die Öffentlichkeit geschafft. Auch Monika Günther selbst ist mit einem Statement mitten in Leipzig zu sehen. Eine groß angelegte Plakatkampagne ist auch Teil des Projektes, das durch die Stadt Leipzig gefördert wurde.

Monika Günther trägt ihre Begeisterung und ihr Wissen weiter. Sie lebt in einem Seniorenhaus, in dem viele Bewohner nicht mehr so beweglich sind wie sie selbst. Hier ist sie nun selbst aktiv und hält eigene Fotovorträge. Denn man lernt nie aus.

(Erstveröffentlichung 2019. Letzte Aktualisierung 01.10.2019)

Quelle: WDR