Freundschaft

neuneinhalb – Deine Reporter 06.05.2021 01:09 Min. Verfügbar bis 05.05.2099 Das Erste

Psychologie

Freundschaft

"Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt", sang der Schauspieler Heinz Rühmann schon 1930 in einem Film. Tatsächlich scheint die Sehnsucht nach Freunden so alt zu sein wie die Menschheit selbst.

Von Christiane Tovar

Wo die Freundschaft hinfällt

Freunde sind wichtig. Das wissen schon die Kleinsten und suchen sich – ganz intuitiv – ihre Lieblingsspielkameraden aus.

Die ersten Freundschaften werden im Kindergartenalter geschlossen, also etwa mit drei Jahren. Allerdings haben solche Beziehungen oft noch wenig mit dem zu tun, was Erwachsene unter Freundschaft verstehen. Denn kleine Kinder sind naturgemäß sehr auf sich selbst bezogen.

Auch die Dauer der Freundschaften ist nicht mit den Beziehungen von Älteren vergleichbar. Weil Kinder noch nicht in der Lage sind, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen, kann es auch schon mal vorkommen, dass eine "Freundschaft" nur einen Nachmittag lang dauert.

Kleine Leute – große Freundschaft

Während in den Freundschaften von Jugendlichen und Erwachsenen Gespräche eine wichtige Rolle spielen, wählen Kinder andere Möglichkeiten, um miteinander "ins Gespräch zu kommen".

Sie teilen ihr Frühstück, verteidigen die Freunde gegen andere Kinder, auch dann, wenn sie selber Nachteile dadurch haben. Trotzdem sind diese Freundschaften häufig Zweckbündnisse, zum Beispiel, um nicht allein spielen zu müssen oder sich gegen andere Kinder oder gar Erwachsene zu verbünden.

Ein Mädchen flüstert einem anderen Mädchen etwas ins Ohr.

Zu zweit kommt man besser durchs Leben

Das ändert sich, wenn die Kinder älter werden. Die Eltern haben in diesem Alter nur noch wenig Einfluss darauf, welche Freunde ihre Kinder auswählen. Häufig sind das übrigens Kinder, die ganz anders sind. Denn auch Siebenjährige wissen schon, dass sie vom Anderssein eines Freundes durchaus profitieren können.

Zum einen, weil sich unterschiedliche Charaktere ergänzen und zum anderen, weil sie spüren, dass die Beziehung zu einem Kind, das aus einem anderen Umfeld kommt, den eigenen Horizont erweitern kann.

Wichtiger Anker: die beste Freundin

In der Pubertät wird es mit den Freundschaften nicht leichter, vor allem deswegen, weil sie eine so große Rolle spielen. Besonders bei vielen Mädchen spielt die beste Freundin eine Schlüsselrolle. Ihr vertraut man (fast) alles an und sie ist häufig wichtiger als Eltern oder Geschwister.

Allerdings können auch solche Freundschaften fragile Gebilde sein. Sie können von einem Tag auf den anderen zerbrechen, wenn etwa auf einmal eine andere "beste Freundin" auftaucht.

Die Jungen tun sich da oft leichter. Zwar haben auch sie häufig einen guten Freund, doch ist der in der Regel austauschbarer. Wenn er nicht erreichbar ist, haben viele Jungs auch kein Problem damit, mit einem anderen Kumpel loszuziehen.

Die Unterschiede zwischen der Art und Weise, wie Männer und Frauen ihre Freundschaften führen, verändern sich auch im Erwachsenenalter nicht. Während Männer häufig nur einen einzigen engen Freund und ansonsten eher Bekanntschaften pflegen, spielen gute Freundinnen für Frauen in der Regel eine wichtige Rolle.

Psychologen haben außerdem herausgefunden, dass Frauen sich ihren Freundinnen gegenüber eher öffnen und auch intime Dinge mit ihnen besprechen. Männer dagegen geben oft weniger von sich preis und behalten persönliche Dinge lieber für sich.

Freundschaften 2.0

Durch den Einfluss von Internet und die sozialen Netzwerke wie Facebook haben sich auch die Beziehungen verändert. Nicht wenige Menschen haben im Internet eine fast endlose Liste von virtuellen "Freunden". Viele Forscher zweifeln allerdings an der Intensität dieser Beziehungen.

Sie argumentieren, dass man sich nur im realen Leben wirklich nah sein kann, auch deshalb, weil das Netz dazu einlade, nicht immer ehrlich über seine Gefühle zu sprechen. In einer engen gewachsenen Beziehung sei es nicht so leicht, sich zu verstellen, weil man sich besser kennen würde.

Doch das Internet bietet auch viele Möglichkeiten: Zum Beispiel kann man über weite Entfernungen unkompliziert kommunizieren und so Freundschaften auch zu Menschen pflegen, die man ansonsten aus den Augen verlieren würde.

Gute Freunde, langes Leben

Freunde tun gut, denn wer es schafft, gute Beziehungen aufzubauen, steigert damit sein Wohlbefinden. Wer funktionierende soziale Beziehungen hat, ist zufriedener und gesünder als Menschen, die isoliert leben. So verringert sich etwa das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen.

Wissenschaftler haben außerdem herausgefunden, dass Menschen, die zum Beispiel in Prüfungssituationen von Freunden begleitet wurden, weniger Stresshormone ausgeschüttet haben. Sie fühlten sich ruhiger und sicherer als diejenigen, die keine Unterstützung hatten.

Wer gute Freunde hat, scheint auch einen anderen Blick auf das Leben zu haben. Mit vertrauten Menschen an der Seite werden Probleme als weniger bedrohlich empfunden. Außerdem hat man an Tagen, an denen man Freunde trifft, ein höheres Selbstwertgefühl.

Eine weitere Erkenntnis der Wissenschafter: Freunde spielen als "lebensverlängernde" Maßnahme eine viel wichtigere Rolle als die eigenen Kinder oder andere Verwandte. Das liegt möglicherweise daran, dass man sich Freunde selbst aussuchen kann.

Allerdings wirkt sich die Freundschaft nur dann positiv aus, wenn es sich dabei um eine vertrauensvolle und gleichberechtigte Beziehung handelt und die Freunde gemeinsam "durch dick und dünn gehen".

Reine Zweckbündnisse oder Beziehungen, die nicht in die Tiefe gehen, haben keinen Einfluss auf die Lebenserwartung.

Unterstützer in schweren Zeiten

Auch die Gründe für die vielen positiven Wirkungen von Freundschaften haben die Forscher unter die Lupe genommen. Freundschaften geben dem Leben einen Sinn. Das Gefühl, nicht allein auf der Welt zu sein, hilft nicht nur in schweren Zeiten dabei, den Alltag zu bewältigen.

Außerdem ist es ein gutes Gefühl, für einen anderen Menschen eine wichtige Rolle zu spielen. Nicht zuletzt helfen Freunde bei vielen Entscheidungen. Und es tut gut, mit einem engen Vertrauten über Probleme zu sprechen.

Vier Freunde sitzen entspannt am See

Freunde geben dem Leben einen Sinn

Es gibt also genug Gründe, sich ein stabiles soziales Netz aufzubauen. Das gelingt den Frauen in der Regel besser als Männern. Freunde zu finden und die Beziehungen dann noch zu pflegen, ist nicht immer leicht, auch weil die eigenen Bedürfnisse zurückgestellt werden müssen und der Alltag oft wenig Platz für regelmäßige Verabredungen lässt.

Doch die Investition lohnt sich, denn – und da sind sich alle Wissenschaftler einig – wer gute Freunde hat, kommt leichter durchs Leben.

(Erstveröffentlichung: 2011. Letzte Aktualisierung: 17.11.2020)

Quelle: WDR

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