Westafrikanischer Musiker während eines Konzerts

Musik

Musik aus Westafrika

Westafrika gilt vielen als Wiege der modernen schwarzen Musik: des Blues, des Reggae und der kubanischen Musik. Denn durch den Sklavenhandel nach Amerika und in die Karibik wurden viele Angehörige afrikanischer Völker wie der Ashanti und der Yoruba von der Westküste des Kontinents in die neue Welt verschleppt. Dort begründeten sie neue Musikstile, die nicht selten auf althergebrachten Traditionen aufbauten.


Die Tradition der Griots

Einen Grundpfeiler der westafrikanischen Musik bildet die Tradition der Griots. Diese jahrhundertealte Kaste der Musiker und Geschichtenerzähler spielt bis heute eine große Rolle in der Region.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, als das französische Kolonialregime die Gesellschaft umbaute, gehörten die Griots zum festen Hofstaat der afrikanischen Königreiche. Sie unterhielten den Adel, sangen Loblieder auf die Monarchen und bewahrten in ihren epischen Liedern das historische Gedächtnis der Dynastien.

Die Griots halten sich bis heute durch ein System der Patronage. Von ihren Gönnern, die sie zum Dank mit Lobliedern besingen, werden sie mit großzügigen Geschenken wie Landbesitz, Häusern oder Gold bedacht.

Einst zählten Könige, aber auch wohlhabende Bauern, Händler und Marabouts, wie die islamischen Heiligen in Afrika genannt werden, zu den Sponsoren der Griots. Heute stellen sie sich auch in den Dienst von Politikern und Geschäftsleuten. Den Präsidenten von Mali, Guinea, Gambia und dem Senegal sollen Abertausende von Lobgesängen gewidmet worden sein.

In der Kolonialzeit kamen unter der neuen bürgerlichen Elite Afrikas jedoch auch moderne musikalische Moden auf. Neue Tanzorchester spielten Walzer, Tangos und französische Chansons nach europäischem Vorbild. Später wurden auch Jazz, Rock 'n' Roll und afrokubanische Musik adaptiert.

Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wurde kubanische Musik in Westafrika sehr populär. Dakar als eine der größten Hafenstädte des Kontinents bildete ein nahe liegendes Einfallstor für die karibischen Klänge. Bis heute haben kubanische Rhythmen im ganzen westlichen Afrika tiefe Spuren hinterlassen. Aber auch Kirchenchöre und klassische Konservatorien nahmen Einfluss auf die traditionelle Musik.

Panorama über Dakar mit Blick bis zum Meer

Dakar – Einfallstor für karibische Klänge

Nach der Unabhängigkeit

Mit der Unabhängigkeit der meisten westafrikanischen Länder in den 1960er Jahren entstanden in der gesamten Region zahlreiche neue Orchester. Zu den bekanntesten Formationen zählten die "Rail Band" in Mali, "Bembeya Jazz" in Guinea sowie das "Orchestra Baobab" im Senegal.

Zunächst beschränkte man sich noch auf das Nachsingen der spanischen Texte aus Kuba, doch allmählich flossen immer mehr Strophen in den einheimischen Sprachen Mandinka und Wolof ein. Mit der Zeit wurden immer mehr traditionelle Elemente aufgegriffen.

Das heutige Westafrika gliedert sich in rund 15 Staaten: Den wichtigsten Block bilden die ehemals französischen Kolonien Mali, Senegal, Burkina Faso, Togo, Benin und die Elfenbeinküste auf der einen Seite.

Auf der anderen Seite stehen die ehemals zu Großbritannien gehörenden Staaten Nigeria, Gambia, Sierra Leone und Ghana. Noch heute sind die Verbindungen dieser Länder zu den ehemaligen Kolonialmächten recht eng, und so orientieren sich die meisten westafrikanischen Musiker entweder nach London oder Paris.

Zwei Musiker in Mali an einem bauchigen Saiteninstrument.

Traditionelle Musiker in Mali

Jenseits der kolonialen Grenzziehungen, wird Westafrikas Kultur durch seine Sprachfamilien definiert. Mali ist geprägt von der Mandinge-Kultur, im Senegal dominiert dagegen die Sprachgruppe der Wolof.

Repräsentativ für die Manding-Musik ist die Kora, eine riesige, dickbauchige Harfe mit 21 bis 25 Saiten, die helle, perlende Töne von sich gibt.

Die kleine Ngoni-Laute, mit dem amerikanischen Banjo verwandt, besitzt drei bis fünf Saiten. Sie wird auch von den Griots anderer afrikanischer Ethnien wie den Wolof, den Fula und den Tukolor gespielt.

Und dann gibt es noch das Balafon, ein afrikanisches Xylophon mit 18 bis 21 Hölzern aus Rosenholz, die auf einen Bambusrahmen gespannt werden.

Zurück zu den Wurzeln

In den 1970er Jahren setzten sich in ganz Westafrika immer mehr Musiker durch, die sich stärker auf einheimische Traditionen besannen. Diese Rückkehr zur Folklore wurde von den afrikanischen Regimes bestärkt, die den Bruch mit der kolonialen Vergangenheit suchten.

Besonders in Mali wurde die traditionelle Mandinge-Musik durch staatliche Ensembles, Ballettgruppen und Nationalorchester gefördert. Dort avancierten zwei Sänger der berühmten "Rail Band de Bamako", Mory Kanté und Salif Keita, zu den populärsten Stimmen des Landes.

Salif Keita bei einem Konzert

Salif Keita profitierte als einer der Ersten vom Weltmusik-Boom

Und im Senegal kombinierte der junge Youssou N’Dour die komplexen Rhythmen der Tama, der so genannten "Talking Drum", mit den ausgefeilten Arrangements seiner Latin-Band zu einem neuen Stil, der "Mbalax" genannt wurde.

Nach Frankreich – der Qualität wegen

Aus Mangel an guten Aufnahmemöglichkeiten verschob sich das Gewicht der westafrikanischen Szene in den 1980er Jahren in die Städte, die über geeignete Studios verfügten: In Richtung Abidjan, Dakar – und letztlich nach Paris. In Frankreich fassten diejenigen Musiker, die schon in Afrika Karriere gemacht hatten, rasch Fuß.

Salif Keita und Youssou N'Dour kamen genau rechtzeitig, um am ersten Weltmusik-Boom der späten 1980er Jahre teilzuhaben. Und Mory Kanté gelang 1988 mit seinem Stück "Yeké Yeké", das eine traditionelle Melodie mit einem elektronischen Dance-Rhythmus verband, sogar ein weltweiter Hit der frühen Acid-House-Szene.

Autorin: Andrea Oster

Stand: 31.07.2018, 15:16 Uhr

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