Zwei Mädchen beten vor einem Bild von Mutter Teresa

Heiligenverehrung

Heilige von heute

Papst Johannes Paul II. sprach fast 2000 Menschen selig oder heilig – so viele wie noch nie ein Papst vor ihm. Dabei machte er auf viele Menschen des 20. Jahrhunderts aufmerksam, die ihrem Glauben trotz Verfolgung und Folter treu blieben.

Von Sabine Kaufmann

Mutter Teresa

Mutter Teresa ist eine der berühmtesten Heiligen unserer Zeit. 1910 im heutigen Mazedonien geboren, entschied sie sich als junge Frau für ein gottgeweihtes Leben und trat einem Frauenorden bei. In den folgenden Jahrzehnten kümmerte sie sich in Indien um die Ärmsten der Armen.

"Heilige der Gosse" nannte ein Magazin die Nonne, die in Kolkata (Kalkutta) den Orden "Missionarinnen der Nächstenliebe" gründete. Bereits sechs Jahre nach ihrem Tod wurde sie 2003 von Johannes Paul II. seliggesprochen.

Trotzdem war ihr Leben nie frei von Glaubenszweifeln. In dem Buch "Komm, sei mein Licht", in dem Briefe von Mutter Teresa abgedruckt sind, schreibt sie: "Tief in meinem Innern ist nur Leere und Dunkelheit. Ich habe keinen Glauben – ich wage es nicht, die Worte und Gedanken auszusprechen, die mich so unbeschreiblich leiden lassen."

Der Textausschnitt zeigt, dass auch das Leben von Heiligen nicht frei von Brüchen und Glaubenszweifeln ist, was aber ihr Wirken und ihren Vorbildcharakter in keiner Weise schmälert.

Porträt von Mutter Theresa in höherem Alter

1979 erhielt Mutter Theresa den Friedensnobelpreis

Edith Stein

Edith Stein ist die erste Frau jüdischer Herkunft, die 1998 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen wurde. Die 1891 in Breslau geborene Edith Stein entstammte einem traditionellen jüdischen Haushalt. Als junge Frau konnte sie nur wenig mit dem Glauben anfangen. Sie zog nach Freiburg, studierte Philosophie und wurde die wissenschaftliche Assistentin von Edmund Husserl. Nach ihrer Promotion blieben ihr als Frau weitere berufliche Aufstiegschancen verschlossen.

Sie ging nach Speyer, um dort als Lehrerin zu arbeiten. Durch ihre Auseinandersetzung mit Teresa von Avila fand sie zum katholischen Glauben. 1922 konvertierte sie und trat dem Karmeliterinnen-Orden in Köln bei.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erhielt sie als Lehrerin Berufsverbot. Ihren jüdischen Wurzeln blieb sie auch als Nonne treu. Sie forderte Papst Pius XI. auf, sich zu den Judenverfolgungen in Deutschland zu äußern. "Auch wer schweigt, macht sich auf eine Weise mitschuldig", so ihre Überzeugung. Aus Rom kam keine Stellungnahme.

1942 wurde sie zusammen mit ihrer Schwester Rosa verschleppt und im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.

Schwarz-weiß Porträt von Edith Stein

Edith Stein starb am 9. August 1942 in Auschwitz

Dietrich Bonhoeffer

Heilige von heute sind Gewissenstäter, die für ihre Ideale gestorben sind. Trotz Verfolgung und Folter haben sie ihren christlichen Überzeugungen nicht abgeschworen.

Dazu gehört auch Dietrich Bonhoeffer, der als Protestant vom Papst zwar nicht heiliggesprochen werden wird, dennoch als Glaubenszeuge in allen christlichen Kirchen großen Respekt genießt.

Der habilitierte Theologe Bonhoeffer bezog bereits zu Beginn des Dritten Reiches Stellung gegen die Pogrome des Regimes. Immer wieder verurteilte er die Verfolgung und Deportationen von Juden. Als logische Konsequenz daraus engagierte er sich im Widerstand gegen Hitler. Für Bonhoeffer waren die Nachfolge Christi und die Kongruenz von Glauben und Handeln von höchster Bedeutung. Selbst im Gefängnis rückte er nicht von seinen Überzeugungen ab.

Einen Monat vor Kriegsende wurde er auf persönlichen Befehl Hitlers in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Fotografie des deutschen evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer

Mehr als Zivilcourage: Dietrich Bonhoeffer

Quelle: SWR | Stand: 21.01.2020, 13:52 Uhr

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