Eine Lithium-Ionen-Batterie in einem Forschungslabor

Elektromobilität

Interview: Woran arbeitet die Batterieforschung?

Im Interview erläutert Professor Michael Sternad von der Technischen Hochschule Deggendorf, warum die Weiterentwicklung des klassischen Lithium-Ionen-Akkus aus seiner Sicht am aussichtsreichsten ist. Er macht aber auch deutlich, warum es sinnvoll ist, unterschiedliche Akku-Typen zu nutzen.

Von Robin Schäfer

Planet Wissen: Seit Beginn der industriellen Fertigung haben sich Lithium-Ionen-Akkus enorm verbessert. Sie haben ihre Energiedichte etwa verdoppelt. Dennoch wird an vielen Orten der Welt an neuen Akkus geforscht. Ist der Lithium-Ionen-Akku gut, aber nicht gut genug?

Michael Sternad: Der Lithium-Ionen-Akkumulator ist bereits ein sehr gutes und ausentwickeltes System. Wir schaffen sehr viele hundert Ladezyklen bei geringer Abnahme der Kapazität. Und wir haben schon eine hohe Energiedichte, aber natürlich versucht man immer, diese Energiedichte noch weiter zu steigern.

Bevor wir darüber sprechen: Bitte erklären Sie doch einmal, nach welchem Prinzip ein Lithium-Ionen-Akku funktioniert.

Wir haben zwei Elektroden. Zwischen diesen beiden Elektroden werden Lithium-Ionen hin und her verschoben. Beim Laden in die eine Richtung und beim Entladen in die andere Richtung. Für den einen Vorgang ist Energie notwendig, die steckt man in das System hinein. Beim Entladen kann man diese Energie zu einem sehr großen Teil, also zu 90 Prozent und mehr, aus dem System als elektrische Energie wieder entnehmen.

Die Grafik zeigt, wie ein Lithium-Ionen-Akku funktioniert

So funktioniert ein Lithium-Ionen-Akku

Wie lassen sich denn Lithium-Ionen-Akkus weiter verbessern?

Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass es nicht den Lithium-Ionen-Akku gibt. Es gibt da viele, viele Varianten. Es ließe sich auf jeden Fall der Ansatz wählen, dass man neuartige Aktivmaterialien für die Elektroden einsetzt. Sowohl auf dem Pluspol, als auch auf dem Minuspol. Das führt dazu, dass man mehr Lithium pro Volumen oder pro Gewicht speichern kann. Das ist der erste und einfachste Ansatz.

Wie sieht es eigentlich mit dem Recycling aus, da gibt es auch noch Luft nach oben, oder?

Da kann man auf alle Fälle sehr viel machen. Es werden zur Zeit auch schon die teuersten Komponenten eines Lithium-Ionen-Akkus recycelt. Nämlich vor allem die Bestandteil des Minuspols, der Kathode. Das sind vor allem die Metalle Kobalt, Nickel und Mangan. Die werden schon heute zu einem sehr, sehr großen Teil wiedergewonnen.

Bei den anderen Komponenten, wie zum Beispiel Lithium selbst, rentiert sich das auf Grund des aktuellen Lithiumpreises noch nicht. Aber es wäre eigentlich möglich, das Lithium zu 100 Prozent wiederzugewinnen.

Neben dem klassischen Lithium-Ionen-Akku gibt es zum Beispiel Lithium-Schwefel-Akkus. Dieser Akku ist eine Variante des Lithium-Ionen-Akkus, basiert aber auf dem gleichen Prinzip, oder?

Richtig. Nur haben wir an der Kathode als Aktivmaterial reinen Schwefel. Der günstige Schwefel ersetzt das Kathodenmaterial, also Kobalt und Nickel. Die Herausforderung für uns Wissenschaftler ist letztlich die hohe Löslichkeit des Schwefels. Deshalb muss der Schwefel zum Beispiel in ganz besondere Hüllen eingepackt werden.

Alternativ wechselt man zu einem festen Elektrolyten. Beim Solid-State- oder Festkörper-Akku ist der Elektrolyt, welcher für den Ionentransport von Kathode zur Anode oder umgekehrt zuständig ist, fest und nicht flüssig. Das erhöht zudem die Sicherheit, weil kein brennbarer, flüssiger Elektrolyt mehr vorhanden ist.

Aus heutiger Sicht: Bei welchem dieser beiden Ansätze halten sie denn für am aussichtsreichsten, dass sie irgendwann auch in Autos verwendet werden können?

Neben der Weiterentwicklung des klassischen Lithium-Ionen-Akkus sind eigentlich die Solid-State-Batterien, gefolgt von Lithium-Schwefel-Akkus, am aussichtsreichsten.

Aber irgendwie bekommt man das Gefühl, dass Sie trotzdem ein großer Fan von klassischen Lithium-Ionen-Akkus sind. Glauben Sie, dass es eigentlich der beste Ansatz, ist Lithium-Ionen-Akkus weiterzuentwickeln?

Ganz genau, ja. Das Schöne an klassischen Lithium-Ionen-Akkus ist: Es gibt unheimlich viele Stellschrauben und unheimlich viele Designmöglichkeiten, wie man diese System verändern kann. Einfach auf bestimmte Einsatzszenarien hin.

Diese Akkus lassen sich noch verbessern, besonders in Hinblick auf die Energiedichte. Auf der Anode kann man neben Graphit auch Silizium oder Siliziummonooxid verwenden. Auf der Kathode lässt sich mehr Nickel einsetzen, wodurch der Kobaltgehalt gesenkt wird. Alleine schon mit diesen Änderungen ist es absehbar, dass man kurz- bis mittelfristig 40 Prozent an Energiedichte zulegen kann.

Lithium-Ionen-Akkus sind in den vergangenen Jahren nicht nur leistungsfähiger, sondern auch viel günstiger geworden. Was hat das für Auswirkungen?

Man kann sagen, dass die Preisentwicklung fast noch wichtiger, als die Erhöhung der Energiedichte ist. Es haben sich die Preise von 2008 etwa von 1000 Euro pro Kilowattstunde auf 100-150 Euro im Jahr 2020 vermindert.

Weil der Preis derart gesunken ist, ist auf einmal ein Einsatz in Bereichen möglich geworden, die vor zehn Jahren noch undenkbar waren. Das hat zum Durchbruch von Lithium-Ionen-Batterien in Alltagsgegenständen geführt.

Wird es trotz der Verbesserung des klassischen Lithium-Ionen-Akkus zu einer Auffächerung des Marktes auf verschiedene Akku-Typen kommen?

Diese Auffächerung gibt es bereits. Es gibt nicht den einen Lithium-Ionen-Akku. Sie finden in einem Handy einen Spezial-Akkumulator, der viel Energie in geringem Volumen speichert. Wenn Sie jetzt eine akkubetriebene Bohrmaschine anschauen, dann sind da wieder ganz andere Lithium-Ionen-Akkus drin, nämlich solche, die viel Leistung in kurzer Zeit abgeben können.

Bei neuen Einsatzzwecken, wie zum Beispiel beim stationären Speichern von Energie aus Windparks, könnten neuartige Akkumulatoren zum Einsatz kommen, die pro Kilowattstunde besonders günstig sind. Diese Typen müssen keine sonderlich hohe Energiedichte haben.

Quelle: WDR | Stand: 11.05.2020, 15:06 Uhr

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