Im Urwelt-Museum Hauff in Holzmaden hängt die Rekonstruktion eines Plesiosauriers

Schwäbische Alb

Jurassic Alb – fossile Zeugen des Jurameeres

Die Gesteine der Schwäbischen Alb wurden in der erdgeschichtlichen Epoche des Jura (vor 200 bis 135 Millionen Jahren) in einem flachen, tropischen Meer abgelagert. Deshalb findet man heute dort vor allem Fossilien von Meeressauriern, aber auch von Flugsauriern, die von der nahen Küste auf das Jurameer hinausflogen, um dort Fische zu fangen.

Von Valentin Thurn

Schwäbische Saurier

Besonders gut erhalten sind die Saurierfossilien im Ölschiefer, der vom Jurameer vor rund 190 Millionen Jahren abgelagert wurde. Die Gesteinsschicht liegt am Fuße der Schwäbischen Alb.

Der Ölschiefer wird auch zur Zement-Herstellung und Energiegewinnung abgebaut. Der größte Steinbruch liegt bei Dotternhausen in der Nähe von Balingen.

Zwei Präparatoren und einen Paläontologen hat dort das Zementwerk Rohrbach angestellt, um die wertvollsten Fossilien vor dem Bagger zu retten. Ihr Lager ist voll, Tausende von Fossilien warten auf die Präparation.

Eine Versteinerung entsteht

Warum sind die Saurierknochen so gut erhalten? Zu Beginn des Jura, im sogenannten Schwarzjura oder Lias, war Süddeutschland von einem flachen Meer bedeckt. Das Leben spielte sich in den oberen, sonnendurchfluteten Wasserschichten ab. Der Meeresgrund hingegen war eine lebensfeindliche Zone, nahezu frei von Sauerstoff. Giftiger Schwefelwasserstoff ließ hier kaum Bodenleben zu.

Wenn ein Saurier starb und sein Kadaver zu Boden sank, konnte er nicht von Aasfressern vertilgt werden. Auf dem Meeresboden lebten noch nicht einmal Verwesungsbakterien. Es gab nur Fäulnis-Bakterien, die Haut und Weichteile in teerähnliche Kohlenwasserstoffe umwandelten.

Die Knochen aber wurden unbeschädigt im Faulschlamm eingeschlossen. Manche sind heute versteinert, die Knochensubstanz wurde durch einsickernde Mineralien ersetzt. Manchmal aber ist sogar noch das ursprüngliche Knochenmaterial erhalten.

Ein Mann neben einem Skelett eines Ichthyosauriers im Urweltmuseum Hauff in Holzmaden

Hervorragend erhalten: das Fossil eines Ichthyosauriers

Fossile "Überraschungseier"

Im Schwarzjura findet man die Fossilien häufig in Gesteinsknollen, Laibsteine genannt, weil sie aussehen wie Brotlaibe. Laibsteine bestehen aus massivem Kalk, der sich rund um Tierkadaver ansammelte, weil der im Meerwasser gelöste Kalk durch den Fäulnisprozess ausgefällt wurde.

Im Innern der Laibsteine findet man häufig versteinerte Urtiere. Der Präparator muss das harte "Überraschungsei" ganz vorsichtig knacken, denn er weiß nicht, wo genau sich die Versteinerung befindet.

Kinder suchen Saurierknochen

In den Ölschiefer-Steinbrüchen bei Holzmaden können Kinder selbst auf die Suche gehen. Sozusagen mit "Fossilien-Garantie", denn hier gibt es so viele Versteinerungen, dass man mit Hammer und Meißel garantiert etwas findet.

Am häufigsten sind die Ammoniten aus der Familie der Tintenfische. Damals bevölkerten wohl viele Millionen das Jurameer. Viele Kinder halten sie für Schnecken, wegen ihres gewundenen Gehäuses.

Heute sind die Ammoniten vollständig aus den Weltmeeren verschwunden. Nur ein Verwandter hat überlebt: der Nautilus. Dieses lebende Fossil schwebt im Meer mithilfe von Ballast- und Auftriebskammern in seinem Gehäuse, ähnlich wie ein U-Boot. Um nach oben zu steigen, füllt der Nautilus sein Gehäuse mit Gas, um abzutauchen mit Wasser. Ähnliche Gehäusekammern hatten auch die Ammoniten.

Eine Schülerin spartelt in einem Schiefersteinbruch

Mit Hammer und Meißel lässt sich garantiert etwas finden

Schlangenhals-Saurier

Eher selten gefunden werden hingegen Plesiosaurier, zu Deutsch "Schlangenhals-Saurier". Sie waren bis zu vier Meter lang und deutlich langsamer als die weit verbreiteten Ichthyosaurier, die ebenfalls zu den Meeressauriern gehören.

Mit ihren breiten Flossen paddelten die Plesiosaurier wahrscheinlich ähnlich wie die Meeresschildkröten. Doch sie besaßen einen langen, schlangenförmigen Hals, mit dem sie blitzschnell die Beute ergreifen konnten – vor allem Fische und Ammoniten. Und was einmal zwischen ihre zahlreichen spitzen Zähne geraten war, hatte wohl keine Chance mehr zu entkommen.

Mit Schwarzpulver und Bohrmeißel

Die Ölschiefer-Steinbrüche in Holzmaden sind kleine Ein-Mann-Betriebe. Zum Beispiel der Schieferbruch von Ralf Kromer. Er hat keinen einzigen Angestellten. Ganz alleine, nur mithilfe seiner Maschinen, birgt er tonnenschwere Ölschiefer-Platten, aus denen vor allem Tische hergestellt werden.

Zunächst füllt Ralf Kromer Schwarzpulver in ein Bohrloch. Per Kabel zündet er dann die Explosion aus sicherer Entfernung. Für die richtige Größe der Sprengladungen ist einige Erfahrung notwendig – schließlich sollen die Gesteinsblöcke nur abgesprengt und nicht zerstört werden.

Aus dem Block werden dann die Ölschieferplatten von Hand gespalten, vorsichtig, um die Versteinerungen nicht zu zerstören.

Urzeit-Puzzle

Wenn die Versteinerungen besonders groß oder wertvoll sind, holt Ralf Kromer Hilfe aus dem nahegelegenen Museum Hauff. Dann beginnt das Puzzlespiel: Der Präparator des Museums versucht die Saurierknochen wieder zusammenzufügen und so zu markieren, dass nichts verloren geht.

In der Werkstatt legt der Präparator dann in mühsamer Handarbeit die Versteinerung frei. An einem großen Ichtyosaurier muss er einige Jahre arbeiten.

In der Stadthalle von Eislingen hängt die Rekonstruktion eines Ichthyosauriers, eines Fischsauriers

Rekonstruktion eines Ichthyosauriers

Quelle: SWR | Stand: 13.06.2019, 16:15 Uhr

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