Leben auf der Burg 01:59 Min. UT Verfügbar bis 29.08.2028 Von Anja von Kampen, VisionX

Quellenangaben zum Video
  • Anja Grebe, G. Ulrich Großmann: Burgen in Deutschland, Österreich und der der Schweiz, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2007
  • Helmut Papenberg: Das Leben in der mittelalterlichen Stadt, Auer Verlag, Augsburg 2018
  • G. Ulrich Großmann: Burgenforscher Otto Piper – zum 100. Todestag, Deutsches Burgenmuseum Veste Heldburg, Heldburg 2021
  • G. Ulrich Großmann: Burgen und Schlösser – Entdecken und Verstehen, Schnell & Steiner Verlag, Regensburg 2009
  • Fachberatung: Dr. Adina Christine Rösch, Kunsthistorikerin und ehemalige Direktorin des Deutsches Burgenmuseum Veste Heldburg

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Leben auf der Burg

Geschichte der Burg

"Ein' feste Burg ist unser Gott," heißt es in einem alten Kirchenlied von Martin Luther. Mehr als 20.000 Burgen gab es hierzulande während des Mittelalters. Doch befestigte Wehranlagen existierten schon viel früher.

Von Tobias Aufmkolk

Die Antike als Vorbild

Burgen sind die steinernen Symbole dafür, dass Menschen nicht friedlich miteinander leben können. Schon in der Jungsteinzeit werden vor mehr als 4000 Jahren auf Hügelkuppen befestigte Anlagen errichtet.

Mit zunehmender Bevölkerungsdichte in der Antike steigt auch die Anzahl befestigter Wehranlagen. Vor allem dort, wo viele kleine Territorien aneinandergrenzen, entwickelt sich eine erste Blüte des Burgenbaus.

So errichten die antiken griechischen Stadtstaaten fast alle auf ihrem höchsten Punkt eine Akropolis, die sowohl als befestigte Wehranlage als auch als Heiligtum dient.

Das antike Griechenland 01:59 Min. UT Verfügbar bis 14.10.2027 Von Anja von Kampen/VisionX

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Die Römer hingegen benötigen für viele ihrer Städte keine befestigten Wehranlagen mehr. Ihr Herrschaftsgebiet ist so groß, dass die meisten Ortschaften fernab jeder Grenze liegen und keine Gefahr laufen, überfallen zu werden. Die äußeren Grenzregionen müssen jedoch ausreichend geschützt werden.

Vor allem am Limes, dem Grenzwall in Germanien, entsteht in regelmäßigen Abständen eine ganze Reihe von befestigten Türmen. Die von den Römern "burgi" genannten Wachtürme sind viereckige, etwa 15 bis 25 Meter hohe Gebäude, in denen eine kleine Besatzung Soldaten zur Sicherung der Grenze untergebracht ist.

Etwas weiter im Hinterland entstehen große befestigte Wehranlagen, die sogenannten "castelli". Sie bieten Platz für ganze Garnisonen. Das Römerkastell in Mainz kann beispielsweise bis zu 20.000 Mann beherbergen. Die römische Militärarchitektur wird später zum Vorbild für den mittelalterlichen Burgenbau.

Die Römer errichteten ihre Kastelle bereits aus Stein | Bildquelle: Mauritius

"Die Barbaren kommen"

Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert nach Christus brechen unruhige Zeiten in ganz Europa an. Germanische Völker überrennen die ehemals römisch besetzten Gebiete und schaffen sich neue Reiche – zum Beispiel die Westgoten auf der Iberischen Halbinsel, die Franken in West- und Mitteleuropa oder die Ostgoten und Langobarden in Italien.

Gerade als die neuen Herrschaftsgebiete halbwegs gefestigt erscheinen, droht neue Gefahr. 711 fallen in Südspanien die Araber ein und erobern binnen kurzer Zeit fast die gesamte Iberische Halbinsel. Im Mittelmeerraum treiben arabische Piraten (Sarazenen) ihr Unwesen und machen die Küstenregionen unsicher.

Von Osten her fallen ungarische Reiter in Mitteleuropa ein und plündern Städte und Dörfer. Und von Norden her kommen Wikinger mit besonderen Schiffen die Flüsse heraufgefahren, berauben und verwüsten die Dörfer und verschwinden so schnell, wie sie gekommen sind.

Die Wikinger machten Mitteleuropa unsicher | Bildquelle: akg

Zum Schutz der Bevölkerung

Da sich die neuen Angreifer nur selten einem offenen Kampf stellen, muss sich die Bevölkerung anders schützen. Aus diesem Grund lässt bereits Karl der Große im 8. Jahrhundert die ersten befestigten Anlagen in Mitteleuropa anlegen.

Diese frühen Burgen bestehen meist aus einem hölzernen Turm, der auf einem künstlich aufgeschütteten Erdhügel liegt und von einer Palisade umgeben ist. Unterhalb des Burghügels liegt eine Vorburg, die ebenfalls eingezäunt ist. Droht ein Überfall, so kann die bäuerliche Bevölkerung mitsamt den Vorräten und Tieren zunächst in die Vorburg und später in den Wehrturm flüchten.

Die Holzbauweise offenbart jedoch einige Schwachstellen: Die Anlage kann weder schweren Steinschleudern noch Brandpfeilen standhalten. Deshalb wird schon wenig später ein Teil oder die gesamte Wehranlage aus Stein gebaut. Eine solche Burg darf jedoch nur gebaut werden, wenn Kaiser oder König es erlauben.

Die frühen Burgen waren noch sehr anfällig | Bildquelle: imago

Wohnsitze für den Adel

Im 11. Jahrhundert verlieren in Mitteleuropa Kaiser und Könige zunehmend an Macht, es etabliert sich eine starke und mächtige Adelsschicht. Einen großen Anteil daran hat die Umgestaltung des Lehnswesens.

Waren die Adligen früher nur die Verwalter eines ihnen zugesprochenen Gebiets, so wird das Lehen ab 1037 erblich. Aus der Verwaltung wird nun ein Besitz, der auch entsprechend verteidigt werden muss.

Ohne den Herrscher um Erlaubnis zu fragen, errichten nun zahlreiche Adlige ihre eigenen Burgen oder bauen ihre einst unbefestigten Landgüter in wehrhafte Schutzbauten um. Die Burg wird Wohnsitz und Statussymbol des erstarkten Adels. Wer keine ordentliche Burg besitzt, ist auch kein richtiger Adliger.

Blütezeit unter den Staufern

Im 12. und 13. Jahrhundert entwickelt sich ein regelrechter Burgenboom im deutschen Sprachraum. Unter der Herrschaft des Staufergeschlechts, denen unter anderem die bedeutenden Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Friedrich II. angehören, wird ein regelrechtes Bauprogramm für Burgen aufgelegt – einerseits zur Sicherung der Reichsgrenzen, andererseits zur Demonstration ihrer Herrschaftsansprüche.

Schätzungsweise 15.000 Burgen, also weit mehr als die Hälfte, sollen in dieser Zeit auf deutschem Gebiet entstanden sein.

Die Bauten der Staufer im Reichsinneren sind eine wahre Zurschaustellung ihrer Macht. Die meisten Burgen werden an exponierten Lagen errichtet, groß und weithin sichtbar für alle Feinde.

Doch nicht nur die Kaiser lassen in dieser Zeit Burgen bauen, auch der Adel baut emsig weiter. Zahlreiche Ritter niederen Adels haben sich während der Kreuzzüge verdient gemacht und dürfen nun in ihrer Heimat eine eigene Burg errichten.

Das Wäscherschloss ist der Ursitz der Staufer | Bildquelle: imago

Das Ende der Burg

Im 14. Jahrhunderts ist die große Zeit des Burgenbaus vorbei. Vorhandene Anlagen werden lediglich erweitert oder umgebaut. Die Erfindung des Schießpulvers hat für die Burgen fatale Folgen.

Bereits Anfang des 14. Jahrhunderts kommen erste Pulvergeschütze zum Einsatz. Mit der technischen Weiterentwicklung zu Kanonen, die weite Entfernungen überbrücken können, wird die Verteidigung einer Burg nahezu unmöglich. Der Angreifer kann in sicherer Entfernung abwarten, bis die Burg zerstört ist.

Mit der Erfindung der Feuerwaffen stirbt auch der Berufsstand der Ritter aus. Schlachten werden nicht mehr in Nahkämpfen Mann gegen Mann entschieden, sondern aus größerer Entfernung geführt. Die Heere benötigen mehr Personal und stellen auf Söldner um.

Die Schlachten der Neuzeit werden mit Feuerwaffen geführt | Bildquelle: akg

Zudem wird die Kriegsführung nun zu einer Frage des Geldes. Vor allem die reichen Städte profitieren von der Kostspieligkeit der Schusswaffen und leisten sich zunehmend eigene Heere. Ein einfacher Ritter kann dabei nicht mithalten und muss sich genau überlegen, ob er einer Stadt den Krieg erklärt.

Einige verdingen sich in der Folgezeit als Raubritter, müssen aber spätestens mit der Zerstörung ihrer Burg aufgeben. In den Bauernkriegen (1523-1526), im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und im Pfälzer Erbfolgekrieg (1688-1697) wird ein Großteil der deutschen Burgen endgültig zerstört.

Der Dreißigjährige Krieg Planet Wissen 28.03.2023 02:57 Min. UT Verfügbar bis 21.01.2027 WDR

Romantische Verklärung

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erlebt die Burg eine Renaissance – allerdings in einem idealisierten Bild des Mittelalters. Die Dichter der Romantik schwärmen von den ritterlichen Tugenden und verklären das alltägliche Leben auf einer mittelalterlichen Burg.

Doch viele Burgen bestehen nicht mehr, sind verfallen oder wurden als Steinbruch für die umliegenden Ortschaften genutzt.

Vor allem vermögende Industrielle und Adelsfamilien sehnen sich in dieser Zeit nach einem repräsentativen Wohnsitz. In diesem Zug werden viele Burgen rekonstruiert, restauriert oder im vermeintlich mittelalterlichen Stil neu gebaut.

Grundstein für Schloss Neuschwanstein (am 05.09.1869) WDR ZeitZeichen 05.09.2019 14:46 Min. Verfügbar bis 02.09.2099 WDR 5

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Das bekannteste Beispiel hierfür ist das Schloss Neuschwanstein, das sowohl die Lage als auch die Gestalt einer mittelalterlichen Burg kopiert.

Schloss Neuschwanstein – Inbegriff der Romantik Planet Wissen 14.12.2023 04:07 Min. Verfügbar bis 14.12.2028 WDR Von Tanja Höschele

(Erstveröffentlichung 2012. Letzte Aktualisierung 13.07.2021)