Mehrere Parfumflakons stehen nebeneinander.

Mode

Parfüm

Parfüm kann einen Menschen anziehender machen, aber auch abstoßender. Denn nur wenige Dinge lösen so unmittelbar Gefühle aus wie Düfte und an kaum etwas können wir uns besser erinnern.

Von Rolf Stephan

Die Geschichte der Parfüms

Schon vor mehr als 5000 Jahren verbrannten die Ägypter Duftstoffe zu Ehren des Sonnengottes Ra: Harze und Pflanzenessenzen bei Sonnenaufgang, Myrrhe und den Saft des Balsaholzbaumes beim höchsten Stand der Sonne und raffinierte Mischungen bei Sonnenuntergang.

Die reichen Ägypterinnen benutzten Salben und Pomaden aus Anis, Rosmarin und Zitrone, die weniger Betuchten nahmen Rizinusöl, gemischt mit Minze oder Thymian.

Auch in der Bibel wird der Gebrauch von Parfüm vorgeschrieben. "Jahwe [= Gott] sagte zu Moses: Beschaffe dir Aromen, du wirst daraus ein Parfüm zum Verbrennen machen, es wird gesalzen sein, rein und heilig... und Jahwe vorbehalten."

Aus dieser Zeit lässt sich der heutige Begriff "Parfüm" ableiten: Die Duftstoffe wurden meist verbrannt und stiegen in wabernden Wolken zu Ehren einer oder mehrerer Gottheiten auf – also "per fumum", was aus dem Lateinischen übersetzt so viel heißt wie "durch den Rauch".

Wie funktioniert das Riechen?

Planet Wissen 18.10.2022 00:37 Min. UT Verfügbar bis 06.09.2026 ARD-alpha

Vom Vorderen Orient und dem Fernen Osten aus trat Parfüm seinen Siegeszug um die ganze Welt an. Neue Düfte und Duftextrakte wurden von Parfümeuren und Alchimisten kreiert, andere und immer bessere Verfahren für die Herstellung der wichtigen Grundessenzen gefunden.

Die Eroberung der Welt durch europäische Seefahrer sorgte für neue Grundstoffe wie Gewürze aus Indien, Blumen aus Madagaskar oder feine Dufthölzer aus Amerika.

Zu Zeiten des "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. (1643-1715) waren Parfüm notwendig, um üble Gerüche zu überdecken. Denn man wusch sich nicht, Hygiene existierte nicht und Sauberkeit war unbekannt. Nur mit schweren Parfüms konnte der strenge Körpergeruch der Menschen überlagert werden.

Leinwandporträt von Ludwig XIV.

Ludwig XIV. nutzte Parfüm zur Überdeckung übler Körpergerüche

Das Herstellen von Parfüms wurde organisiert, die Zunft der Handschuhmacher nahm sich der neuen Produkte an. Sie waren die Ersten, die den unangenehmen Ledergeruch frisch gegerbter Handschuhe mit Parfüm bekämpften.

Von der Aufklärung Ende des 17. Jahrhunderts an verbesserten sich die hygienischen Bedingungen und die Parfüms wurden leichter. In Köln wurde das Kölnisch Wasser (Eau de Cologne) erfunden, in Paris hatten die eleganten Damen immer ein leicht beduftetes Taschentuch zur Hand.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Parfüm langsam zum Luxusgut. Und um 1900 entstanden die ersten synthetischen Duftstoffe, die nicht mehr aus der Parfümproduktion wegzudenken sind. Die Trends setzen von nun an Modemacher wie Coco Chanel, Christian Lacroix oder Christian Dior.

Düfte aus natürlichen Rohstoffen

Die Enfleurage ist vermutlich die älteste Methode der Duftstoffgewinnung. Sie ist sehr aufwendig und damit teuer und deshalb heute nur noch selten anzutreffen. Sie wird vor allem noch in der französischen Stadt Grasse eingesetzt, um Jasmin- und Tuberosenduftstoffe zu gewinnen.

Die Blütenduftstoffe werden durch Fett absorbiert. Bei der "enfleurage à froid" wird zunächst gereinigtes, geruchsfreies tierisches Fett, zumeist Schweine- und Rinderschmalz im Verhältnis zwei zu eins, auf eine in einem "Chassis" (Holzrahmen) eingelassene Glasplatte aufgebracht. Dann werden frisch geerntete Blütenblätter auf dieses Fett gelegt.

Einige Stunden später, wenn die Blüten ihre Duftstoffe an das Fett abgegeben haben, werden die alten Blätter vorsichtig abgenommen und durch neue ersetzt. Das geschieht mehrere Male. Nachdem das Fett von den Duftstoffen durchdrungen ist, wird es mit Alkohol ausgewaschen (lavage). Das Resultat ist ein feines, sehr teures Blütenöl, genannt "absolue d'enfleurage".

Gerüche

Es ist viel Arbeit nötig, bis der Duft in der Flasche ankommt

Mazeration

Neben der "enfleurage à froid" gibt es die "enfleurage à chaud", die man auch Mazeration nennt. Vermutlich ist dieses Verfahren ebenfalls schon mehr als 2000 Jahre alt.

Hier wird gereinigtes Tierfett, wieder ist es Schweine- und Rinderschmalz, diesmal aber im Verhältnis eins zu eins, auf 50 bis 70 Grad Celsius erhitzt. In die heiße Masse werden dann die Blüten- oder Pflanzenteile eingebracht und mehrere Stunden ausgekocht.

Anschließend werden die alten Blüten mehrere Male herausgefiltert und neue in das Fett eingebracht. Am Ende löst man mit Alkohol die Duftstoffe aus dem Fett und filtriert es, was zu den "absolues" führt, den hochreinen Duftextrakten.

Destillation

Bei der Destillation wird das Blüten- oder Pflanzenmaterial zusammen mit Wasser in einen Kessel verbracht. Der Kessel wird erhitzt. Dabei lösen sich die Duftstoffe aus dem zugrunde liegenden Material und werden im heißen Wasserdampf nach oben gerissen. Das Kondensat wird aufgefangen.

Die Ersten, die diese Technik zur Reife brachten, waren die Araber. Sie erfanden einen helmartigen Deckel namens "Alambik", der innen eine Auffangrinne für das Kondenswasser besaß. Das Kondensat, das sowohl Wasser als auch die ätherischen Öle der Grundstoffe enthält, tropft bei der Abkühlung in die sogenannte Florentinerflasche. Hier trennen sich Wasser und Öl.

Diese im Laufe der Zeit immer weiter verbesserte Methode wird noch heute für eine nicht unerhebliche Anzahl von Hölzern und Kräutern verwendet. Am Ende erbringt diese Art der Duftstoffgewinnung die sogenannten "huiles essentielles", sehr reine und klare ätherische Öle.

Lavendelzweige und Destaillationsgeräte

Bei der Destillation lösen sich Duftstoffe durch Wasserdampf

Extraktion

Die heute vorherrschende Methode der Duftstoffgewinnung aus natürlichen Rohstoffen ist die Extraktion. Hier werden den Blüten mittels flüchtiger Lösungsmittel wie Äther oder Butan die Duftstoffe entzogen. Der große Vorteil liegt darin, dass mit niedrigen Temperaturen gearbeitet werden kann und deshalb weniger Riechstoffe bei der Herstellung zerstört werden.

In großen Anlagen wird das Lösungsmittel durch den Rohstoff gepumpt, der in rotierenden Trommeln liegt oder auf feine Gitternetze geschichtet ist. Das Lösungsmittel entzieht den Pflanzen oder tierischen Grundstoffen die ätherischen Öle, außerdem Farbstoffe und Wachse. Nach mehrfacher Wiederholung des Prozesses wird das nun gesättigte Lösungsmittel destilliert und verflüchtigt sich dabei.

Übrig bleibt eine "l'essence concrète" genannte Masse. Dieses Material wird nochmals gereinigt. Die Wachse werden mittels Alkohol ausgeschieden, dabei entsteht "l'essence absolue", absolut reines Blütenöl.

Rosenblüten

Den Blüten werden Duftstoffe entzogen

Softact

Der Softact, mit dem Extrakte von ungewöhnlicher Reinheit erreicht werden, ist eine Weiterentwicklung der Extraktion. Dabei wird Kohlendioxid (CO2) bei niedriger Temperatur unter Druck gesetzt, bis es sich verflüssigt. Dieses flüssige CO2 wird dann durch die Rohstoffe geleitet.

Da hier keine hohen Temperaturen nötig sind, spricht man von sanfter Extraktion, die auch natürliche Duftträger, die bis dahin nicht bearbeitet werden konnten, als Rohstofflieferanten ins Spiel bringt.

Expression

Die Expression, das Auspressen, ist ein besonders schonendes Verfahren und wird überwiegend zur Gewinnung von Zitrusölen und ätherischen Ölen, die bei der Destillation wegen der Hitze verändert oder gar zerstört würden, genutzt. Im Grunde wird bei der Expression einfach die Schale der Frucht aufgebrochen und das dabei austretende Öl aufgesaugt.

Quelle: SWR | Stand: 11.05.2020, 12:21 Uhr

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