Fünf rote, unterschiedliche Kinderschuhe

Schuhe

Kleines Schuh-Lexikon

Schuhe sind für uns ein alltägliches Kleidungsstück und werden nur selten näher betrachtet. Dabei haben viele Schuhe von früher und heute ganz eigene Geschichten.

Von Annika Zeitler

Ballerinas

Der Ballerina ist ein klassischer flacher Damenschlupfschuh, der seinen Namen der Ähnlichkeit mit den im Ballett üblichen Spitzenschuhen verdankt. Als Erfinderin der flachen Ballerinas gilt die New Yorker Modedesignerin Claire McCardell.

Während des Zweiten Weltkriegs waren in den USA Schuhe streng rationiert – mit Ausnahme von Arbeitsschuhen. Dazu zählten auch die Trainingsschuhe der Balletttänzer.

Da Claire McCardell 1944 Schuhe für ihre Modenschau brauchte, bestellte sie bei einer US-Ballettbekleidungsfirma Balletttrainingsschuhe. Diese überzog die Designerin mit Stoffen, die zur ihrer Kollektion passten.

Schauspielerinnen wie Brigitte Bardot und Audrey Hepburn machten die Ballerinas zum Trend. Seitdem sind sie nicht mehr wegzudenken – in eleganten bis sportlichen Ausführungen von teurem Leder über Segeltuch bis zu Plastik.

Nahaufnahme von Füßen in goldenen Ballettschuhen.

Ballettschuhe: Vorbild für Ballerinas

Barockschuhe

Der barocke Absatzschuh: reich mit Golddraht und Perlen bestickt, aber auch mit Damast und Seide. Kantige Form, dicke Laufsohle, anfangs meist noch mit blockig hohem Absatz, später etwas schmaler und höher, mit ausgeprägter, vorne gekanteter Spitze.

Größte modische Entfaltung und Eleganz erfuhren die Schuhe mit hohem Absatz in der Zeit des Rokoko und wurden von Herren und Damen gleichermaßen getragen. In Kombination mit hohen Haarfrisuren und Hauben sorgten die hochhackigen Schuhe, vor allem bei den Frauen, für eine hohe und schlanke Silhouette, die perfekte Vision von barocker Vertikalität.

Allerdings war von dem Schuhwerk der Damen wegen der langen Reifrockmode kaum etwas zu sehen – höchstens beim Sitzen, Tanzen oder Treppensteigen schauten vielleicht die Schuhspitzen hervor.

Der Absatz konnte zwischen und bis zwölf Zentimetern variieren. Der Hofschuhmacher kreierte speziell für Ludwig XIV. Schuhe mit roten Absätzen. Sie galten als Hoheitszeichen und zur Zeit des Sonnenkönigs war es auch nur dem König und hohen Adligen gestattet, rote Absätze zu tragen. Ursprünglich stammte der Absatz aus dem Orient, wo er dem Stiefel des Reiters besseren Halt im Steigbügel gab.

Das Gemälde zeigt eine barocke Szene: Ein Mann kniet vor einer Frau in wallendem Kleid.

Barocke Etikette

"Doc Martens"

1946 erfanden der bayerische Arzt Klaus Maertens und der Ingenieur Herbert Funk eine mit Luftkammern versehene Schuhsohle. 1959 kaufte dann ein britischer Schuhhersteller dieses Patent für seine Armee- und Arbeitsschuhe.

Die hochwertigen, rahmengenähten "Doc Martens" wurden mit einer markanten gelben Steppnaht und zum Teil mit einer Sicherheitskappe versehen. Der Arbeitsschuh von Polizisten, Postboten, Busfahrern und Müllmännern eignete sich bestens für die Proteste der Punks und Skinheads, deren soziale Wurzeln im Arbeitermilieu lagen.

Auch Papst Johannes Paul II. besaß angeblich "Doc Martens", allerdings in Weiß. Der Designer Yohi Yamamoto ließ seine Models auf einem Pariser Laufsteg den hochwertigen Arbeiterschuh tragen – ein weiterer Beweis für den Kultstatus dieser Schuhe.

Doc Martens mit gelber Steppnaht im Schuhregal.

Arbeitsschuh Doc Martens

High Heels

Seit jeher stehen Schuhe mit hohen Absätzen für Erotik, Macht, Wohlstand, Eleganz und Sinnlichkeit. Hohe Absätze lassen den Fuß schmal und schlank erscheinen und zwingen die Trägerin als Ausgleich der Balance zu einem Hohlkreuz: Fuß und Knöchel kippen nach vorne, das Bein streckt sich und das Muskelspiel in Wade und Oberschenkel verändert sich.

Po und Busen werden betont und der Gang in High Heels erzeugt durch die Gewichtsverlagerung von einem Bein auf das andere einen besonderen Hüftschwung. Doch diese erotische Signalwirkung von High Heels hat ihren Preis: Denn mit jedem Zentimeter Absatz verstärkt sich der Druck auf die Fußballen und diese Belastung führt auf Dauer zu Fußschäden.

High Heels sind ein Wunderwerk der Technik: Nur ein schmaler Metallstab in den Absätzen macht das Laufen in ihnen überhaupt erst möglich. Salvatore Ferragamo, Christian Louboutin oder Manolo Blahnik sind nur einige Namen berühmter Schuhmacher und -designer. Ihre Schuhwerke sind handwerkliche Meisterleistungen, und die Reichen und Schönen wissen, dass in dem zarten Schuhwerk die Fahrt in der Limousine und das Gehen auf einem roten Teppich am erträglichsten sind.

Opanken

Die Opanke war in der Bronzezeit (2100-750 vor Christus) ein universeller Schuhtyp: Männer trugen sie ebenso wie Frauen und Kinder. Opanken sind absatzlose Schuhe mit hochgebogenen Sohlen und schnabelförmig aufgebogenen Spitzen, hergestellt aus einem rechteckigen oder ovalen Stück Leder.

Durch Löcher oder Schlitze entlang der Kanten zog man ein Band und raffte das Leder so, dass es sich an den Fuß anpasste. Die meisten Menschen in Mitteleuropa lebten als Bauern ausschließlich von Ackerbau und Viehzucht. Ihre typische Fußbekleidung war die Opanke, weil sie einfach und schnell herzustellen war.

Seit vorgeschichtlichen Zeiten ist die Opanke der Klassiker unter den Schuhen. Denn jeder konnte sie selbst anfertigen. Noch bis ins 20. Jahrhundert war sie bei Hirten in Südosteuropa gebräuchlich. Im Sommer schlüpften sie barfuß in die Opanken, im Winter umwickelten sie ihre Füße zum Schutz gegen Nässe und Kälte mit Lappen aus Leder, Wolle oder Leinen.

Aber nicht nur einfache Leute haben diesen Schuh getragen: Es heißt, dass auch Karl der Große das Modell Opanke anzog, allerdings mit Goldverzierung.

Aus Leder hergestellte Opanke.

Ein Dauerbrenner: die Opanke

"Ötzi-Schuh"

Die ältesten in Europa erhaltenen Schuhe gehören der Gletschermumie Ötzi und sind ungefähr 5300 Jahre alt. Der Mann aus dem Eis trug einen Schuh aus Hirsch- und Bärenfell in Schuhgröße 37/38. In dem mit Heu gefütterten Schuh mit einer dünnen Sohle aus Bärenleder blieb der Fuß optimal temperiert, und Schweiß gelangte gut nach außen – fast wie in einem modernen Wanderschuh der Jetztzeit.

Experimente mit Nachbauten ergaben, dass es sich im "Ötzi-Schuh" bei trockenen Wetterverhältnissen gut laufen lässt: Der Schuh hat Halt und die Heufüllung wärmt den Fuß. Wenig geeignet erscheint der Schuh jedoch für längere Märsche auf Schnee und Eis, denn auf glattem Untergrund hat der Schuh nur wenig Halt und außerdem war er kaum wasserdicht.

Ötzis Schuh in einer Ausstellung.

Ötzis Schuhe waren mit Gras ausgestopft

Römische Militärsandalen

"Caligae" hießen die knöchel- bis wadenhohen Sandalenstiefel der Römer mit genagelter Sohle und gitterartigem Oberleder. In ihnen marschierten die Soldaten Roms mit rund 27 Kilogramm Marschgepäck bis an den Euphrat, an den Nil, an die Rheinmündung und bis nach Schottland.

Caligae waren überaus robuste Sandalen mit Sohlen aus bis zu drei Lagen Rindsleder. Die Sohlen waren rangabhängig mit Eisennägeln besetzt. Beim einfachen Legionär waren es zum Beispiel jeweils 80 bis 90 Eisennägel. Die Militärsandalen der Römer waren also tonnenschwer.

Je dicker die Sohle, desto niedriger der Stand. Vermutlich schützten sich gewöhnliche Legionäre damit vor durchgelaufenen Sohlen. So eine Schuhreparatur war schließlich teuer. Das Schusterhandwerk war in römischer Zeit ein gut organisiertes, eigenständiges Gewerbe.

Römische Militärsandale mit Lederriemen neben einem goldenen Gladiatorenhelm.

Römische Militärsandale

Schlittschuhe

Ganz spezielle Sportschuhe sind Schlittschuhe. Wer sie erfand, ist unbekannt. Sicher ist, dass schon die Wikinger ab dem 9. Jahrhundert zugefrorene Gewässer als Verkehrswege nutzten. Und um sich auf dem Eis besser bewegen zu können, schnallten sie sich geschliffene Tierknochen unter die Füße. Daran erinnert übrigens bis heute die Bezeichnung "Eisbein".

Erst ab dem 16. Jahrhundert gab es Kufen aus Eisen und ab dem 19. Jahrhundert solche aus Stahl: Metallkufen schneiden ins Eis, so kann der Schlittschuhläufer schneller die Richtung wechseln.

Nahaufnahme von weißen Schlittschuhen, die übers Eis gleiten.

Schlittschuhe: Fortbewegung auf Stahlkufen

Trippen

Im Mittelalter waren Trippen hölzerne Unterschuhe. Die Stadtbewohner schnallten die Trippen als Schutz vor Dreck und Schmutz unter ihre empfindlichen, genähten Schnabelschuhe oder andere Lederschuhe.

Die mittelalterlichen Straßen waren nicht so sauber wie heute: Es lagen Mist und Dreck auf der Straße und die Bauern führten ihr Vieh darüber. Und um nicht durch den Mist laufen zu müssen, trugen die Leute diese hölzernen Unterschuhe. Sie staksten darauf wie ein Storch durch den Unrat in den städtischen Straßen. Es war ein sehr unbequemes Gefühl, weil es unmöglich war, auf dieser Plateau-Holzsohle abzurollen.

Der Ausdruck "trippeln" lässt sich davon ableiten. Auch im Haus wurden Trippen manchmal getragen, um sich im Winter gegen Fußkälte zu schützen, etwa von den kalten Steinböden. Erst trug nur der Adel Trippen, um seine besseren Schuhe vor Schmutz zu schützen, dann auch die normale Bevölkerung wie Handwerker und Knechte. Mit der Renaissance kamen die hölzernen Unterschuhe aber aus der Mode.

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 18.12.2020)

Quelle: WDR

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