Rote Blutkörperchen, durch ein Elektronenmikroskop betrachtet.

Krankheiten

Leukämie

Leukämie ist der Krebs des Blutes. Was früher einem Todesurteil nahe kam, bedeutet auch heute noch einen langen, leidensvollen Weg – doch inzwischen ist Leukämie dank medizinischer Fortschritte vollständig heilbar.

Von Vladimir Rydl

Fast jeder Zweite der 11.000 jährlich in Deutschland neu Erkrankten überlebt inzwischen die kritischen ersten fünf Jahre und wird damit als geheilt betrachtet.

Wie Blut entsteht

Bei einer Leukämie gerät die Produktion von Blutzellen außer Kontrolle. Das blutbildende System erkrankt. Unser Blut entsteht im Knochenmark, einem schwammförmigen Gewebe, welches das gitterförmige Innere der meisten Knochen ausfüllt.

Bei Kleinkindern bildet sich Blut nahezu in allen Knochen; bei Erwachsenen, außer nach hohem Blutverlust, nur noch in bestimmten Bereichen: etwa im Schädel, in Wirbeln, in den Rippen, im Brustbein, im Becken und nur noch teilweise in Arm- und Beinknochen.

Im Knochenmark werden zunächst völlig undifferenzierte Stammzellen gebildet, die Hämozytoblasten. Sie vermehren sich im Knochenmark durch Teilung. Bei der Teilung entstehen wiederum Stammzellen und sogenannte Vorläuferzellen.

Aus den Vorläuferzellen wachsen durch chemische Faktoren, die noch kaum erforscht sind, die verschiedenen Blutzellen. Die fertigen Blutzellen gehen dann ins Blutsystem über. Diese fertigen Blutzellen, spezialisiert auf die vielfältigen Arbeiten im Blut, können sich im Gegensatz zu den Stammzellen nicht mehr teilen. Sie sterben ab, wenn ihre Aufgabe erledigt ist.

Im Prinzip können aus Stammzellen beliebige Blutzellen entstehen: rote Blutkörperchen für die Sauerstoffversorgung, Blutplättchen, die Thrombozyten, die das Blut gerinnen lassen, und die große Vielzahl der weißen Blutkörperchen, der Leukozyten, die zu unserem Immunsystem gehören.

Zu den weißen Blutkörperchen zählen zum Beispiel die Fresszellen, die ungerichtet fremde Eindringlinge wie Bakterien angreifen. Aber auch der spezifisch wirkende Teil unseres Immunsystems, bei dem gezielt Informationen ausgetauscht werden und erst dann Eindringlinge angegriffen werden, gehört dazu – die Gruppe der Lymphozyten.

Was ist Leukämie?

Zu einer Leukämie kommt es, wenn eine der gebildeten Vorläuferzellen eine bestimmte Mutation aufweist, also einen Gendefekt. Manche dieser Mutationen bewirken, dass die Zelle nicht völlig ausreift und sich dadurch immer wieder teilen kann. Kommt dann durch die Mutation noch ein Wachstumsvorteil hinzu, verdrängen diese kranken Zellen auf Dauer die gesunden.

Erschwerend ist, dass diese Zellen so unreif sind, dass sie ihre eigentliche Arbeit nicht verrichten können, also nutzlos sind. Mit der Zeit reichern sie sich an und verdrängen das gesunde Blut. Eine Leukämie ist entstanden.

Welche Leukämieformen gibt es?

Unter dem Begriff Leukämie werden eine Vielzahl von Sonderformen zusammengefasst, weil im Prinzip jeder Blutzellentyp erkranken kann. Zunächst unterscheidet man Akute Leukämien von Chronischen Leukämien:

  • Bei den Akuten Leukämien bleiben die mutierten Zellen unreif und teilungsfähig. Die Folge ist eine sehr schnelle Vermehrung von Zellen, die für den Körper vollkommen nutzlos sind. Das ist extrem gefährlich und kann innerhalb von Wochen oder Monaten zum Tod führen.
  • Bei den Chronischen Leukämien reifen die Zellen etwas weiter aus. Manchmal teilen sie sich langsamer, manchmal können sie ihre Funktion wenigstens teilweise ausüben. Von einer Chronischen Leukämie merkt man selbst eventuell jahrelang gar nichts, sie wird vielleicht nur durch Zufall bei einer Blutuntersuchung erkannt.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Art der Zellen, die betroffen sind:

  • Bei der Lymphatischen Leukämie sind Lymphozyten befallen, also die Zellen des spezifischen Immunsystems.
  • Bei der Myeloischen Leukämie trifft es die Zellen des unspezifisch wirkenden Immunsystems, die Granulozyten, zu denen etwa die Fresszellen gehören.

Daraus ergeben sich die vier am häufigsten verwendeten Bezeichnungen für Leukämien:

  • ALL – Akute Lymphatische Leukämie
  • AML – Akute Myeloische Leukämie
  • CLL – Chronische Lymphatische Leukämie
  • CML – Chronische Myeloische Leukämie

Die ALL tritt vor allem bei Kindern auf, knapp 500 erkranken daran jedes Jahr. Die anderen Formen sind vor allem Erkrankungen des Alters.

Mit zunehmendem Alter lässt die Leistung des körpereigenen Reparatursystems für Gendefekte nach. Krebs wird wahrscheinlicher, also auch Leukämie. Trotz allem ist Leukämie statistisch gesehen eine eher seltene Krankheit.

Symptome

Bei einer Leukämie kann das Blut seine Funktionen nicht mehr richtig ausüben. Allerdings sind die Symptome nicht gerade spezifisch und können leicht auch von anderen Krankheiten herrühren.

  • Es fehlen die roten Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport zuständig sind. Dadurch fühlt man sich schlapp und müde, hat Konzentrationsstörungen und wirkt oftmals ein wenig blass.
  • Es sind oft zu wenig Thrombozyten vorhanden, die Blutgerinnung ist beeinträchtigt. Dadurch bluten kleine Wunden länger, man bekommt Nasenbluten und sehr leicht blaue Flecken.
  • Durch die funktionslosen kranken weißen Blutkörperchen ist das Immunsystem stark geschwächt. Man leidet ständig unter Infekten, die nicht mehr weggehen, fällt von einer Erkrankung in die nächste.

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Quelle: WDR | Stand: 04.11.2019, 09:37 Uhr

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